Toto Wolff: "Niemand sollte Mitleid mit Lewis Hamilton haben"
Toto Wolff hat kein Mitleid mit seinem in der Krise steckenden ehemaligen Schützling Lewis Hamilton: Ferrari-Pilot stark genug, das Ruder rumzureißen
(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat in einem ausführlichen Gespräch über die aktuelle Situation von Lewis Hamilton bei Ferrari gesprochen. Der Österreicher verteidigt den siebenmaligen Weltmeister nach dessen jüngsten Selbstzweifeln, betont seine Qualitäten und erklärt, warum Hamilton trotz schwieriger Umstände weiterhin ein Titelkandidat in Zukunft sein könne.
Hamiltons Wechsel zu Ferrari wurde zu Beginn des Jahres als einer der größten Transfers der modernen Formel 1 gefeiert. Doch der Start verlief holprig, der Brite sprach zuletzt sogar davon, er solle lieber ersetzt werden. Für Wolff ein Moment, den man nicht überbewerten sollte.
"Niemand sollte jemals Mitleid mit Lewis Hamilton haben. Er ist ein Monster von einem Fahrer", sagt Wolff. "Wenn er nach einem Rennen sagt, man solle ihn austauschen, dann ist das einfach ein Ausdruck seiner Emotionen. Ich habe ihm noch am selben Abend gesagt, dass das falsch war. Lewis ist immer noch der GOAT. Wenn er eines Tages aufhört, wird ihn niemand an seinem Ferrari-Kapitel messen - so wie man Michael Schumacher heute auch nicht über die Mercedes-Jahre definiert."
Frustration bei Ferrari - aber nicht neu
Wolff macht klar, dass Hamiltons Frustrationen bei Ferrari zwar sichtbar seien, diese aber keineswegs einzigartig oder neu sind: "Er hatte solche Momente auch bei uns, als er mit Strategieentscheidungen unzufrieden war oder das Auto nicht so funktionierte, wie er wollte. Der Unterschied ist nur: In einem vertrauten Umfeld kann man schneller Dampf ablassen. In einem neuen Team kennt man die Leute noch nicht so gut. Das macht es schwieriger."
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Hamiltons Entscheidung, Mercedes nach vielen Jahren zu verlassen, versteht Wolff jedoch weiterhin: "Er brauchte einen Tapetenwechsel. Ferrari wirkte letztes Jahr stark, wir waren nicht so konkurrenzfähig. Und Ferrari ist Ferrari - jeder Fahrer möchte dort irgendwann fahren. Die Gründe für seinen Wechsel sind auch heute noch valide."
Alter, Erfahrung und Titelchancen
Angesprochen auf die Frage, ob Hamilton mit 40 Jahren noch Titel gewinnen könne, zeigt sich Wolff überzeugt: "Du verlierst deine Fähigkeiten nicht von einem Tag auf den anderen. Natürlich kann es sein, dass ein Fahrer auf einer schnellen Runde etwas nachlässt. Aber dafür gleicht er es mit Erfahrung aus. Alonso ist dafür das beste Beispiel. Mit einem konkurrenzfähigen Auto kann Lewis definitiv noch Weltmeister werden."
Wolff betont, dass es in der Formel 1 ohnehin vor allem auf das Material ankomme: "Am Ende entscheidet immer das Auto. Hast du das beste Auto, musst du nur deinen Teamkollegen schlagen. Wenn Ferrari das beste Auto hätte, könnte Lewis mit seiner Erfahrung ganz sicher eine Weltmeisterschaft gewinnen."
Sprachbarriere und italienische Authentizität
Ein Punkt, der für Hamilton in Maranello ungewohnt sei, sei die Sprache. Wolff: "Die Umgangssprache bei Ferrari ist Italienisch - in der Garage, in den Meetings, im Hospitality. Das ist eine zusätzliche Herausforderung für ihn, weil er bisher fast nur in englischsprachigen Teams gefahren ist."
Dennoch betont Wolff, dass gerade dies Ferrari so besonders mache: "Natürlich ist es in einer globalen Serie ungewöhnlich, dass ein Team so stark auf eine Sprache setzt. Aber es macht Ferrari authentisch. Sie sind die italienische Nationalmannschaft der Formel 1. Selbst wenn sie seit über 15 Jahren keinen Titel gewonnen haben - die Aura bleibt."
Am Ende zeigt sich Wolff optimistisch, dass Hamilton seinen Tiefpunkt bald überwinden könne: "Lewis braucht nur ein, zwei gute Rennwochenenden, dann sehen wir wieder einen ganz anderen Hamilton."