• 18. September 2023 · 08:10 Uhr

Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Carlos Sainz

Wie viel der Singapur-Sieg für Ferrari-Fahrer Carlos Sainz wirklich wert ist und warum er in der Formel-1-Saison 2023 auf einmal auf einer Erfolgswelle schwimmt

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,

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Carlos Sainz mit dem Siegerpokal nach dem Formel-1-Rennen in Singapur 2023 Zoom Download

wir alle haben auf den Moment gewartet, an dem die Siegesserie von Red Bull und Max Verstappen zu Ende geht. Aber haben wir alle auch gedacht, dass es Carlos Sainz im Ferrari sein würde, der dann als Sieger auf dem Treppchen steht? Wahrscheinlich nicht. Zumindest ich hatte eher andere Fahrer im Verdacht, diesen besonderen Sieg zu erzielen. Doch Sainz hat es geschafft.

Und damit willkommen zu dieser Formel-1-Montagskolumne, bei der ich versuche, nicht immer die offensichtlichen "Gutschläfer"-Kandidaten zum Thema zu machen. Aber dieses Mal komme ich nicht herum um Sainz, denn er hat seine Sache in Singapur wirklich ausgezeichnet gemacht.

Wen ich sonst für diese Kolumne nominiert hätte ...

Ganz kurz habe ich darüber nachgedacht, AlphaTauri-Ersatzfahrer Liam Lawson zu nominieren. Dafür, dass er im Qualifying in die Top 10 gefahren ist und bei seinem erst dritten Grand Prix WM-Punkte erzielt hat, dass er Yuki Tsunoda generell nicht allzu gut aussehen lässt und überhaupt nur gute Argumente liefert, warum er 2024 ein Stammcockpit in der Formel 1 haben sollte. Aber das nur am Rande.

Und damit zurück zu Sainz, der gerade einen Lauf hat: Fünfter in Zandvoort, Dritter in Monza, jetzt Erster in Singapur. Dazu Poleposition in Monza und jetzt Poleposition in Singapur. Der September war bisher ein sehr guter Monat für ihn.

Nur, um das mal ins Verhältnis zu setzen: Sainz hat in den zurückliegenden drei Rennen insgesamt 50 Punkte erzielt. Nur Max Verstappen hat mit 60 Punkten besser abgeschnitten. Spannend ist aber vor allem, dass Sainz bis vor drei Rennen nur 92 Punkte gesammelt hatte und mal eben rund die Hälfte der bisherigen Ausbeute obendrauf gepackt hat. Das ist schon ein Wort.

Sainz setzt Leclerc bei Ferrari unter Druck

Und wo die beiden Ferrari-Fahrer vor wenigen Wochen noch praktisch gleichauf in der WM rangiert hatten, steht es jetzt 142:123 Punkten zwischen Sainz und Charles Leclerc auf den Positionen fünf und sechs. Auch das zeigt auf, was die Stunde geschlagen hat im Team.

Leclerc musste in Singapur eingestehen, dass Sainz derzeit "wirklich voll da" und "sehr stark" agiere im Ferrari SF-23. Er selbst fühle sich dagegen "nicht völlig wohl im Auto" und es gelinge ihm nicht, um das vorherrschende Untersteuern herumzufahren.

Dann fällt ein entscheidender Satz: Dass Sainz gleichzeitig viel besser damit umgehe, "setzt mich etwas mehr unter Druck".

Wie Sainz im Sommer die Wende geschafft hat

Oft seit der Saison 2022 ist es genau andersherum gewesen: Leclerc tat sich leichter mit dem Ferrari, Sainz hatte Schwierigkeiten. Doch seit der Sommerpause gelten andere Vorzeichen beim Rennstall aus Maranello.

Sainz selbst begründet das mit "kleinen Schritten" und der zweiwöchigen Zwangspause der Formel 1 im August. Er habe etwas Entspannung gehabt, die Zeit zwischen den Rennen in Ungarn und Belgien aber auch zum Austausch mit den Ingenieuren genutzt, "um zu bewerten, was funktioniert und was nicht". Und das habe "vielleicht geholfen", sagt Sainz.

Sein Fazit, noch vor dem Rennen in Singapur: "Endlich entfalte ich mein volles Potenzial. Ich fahre sehr gut [und] vermutlich so gut wie nie, seit ich Ferrari-Fahrer bin."

Taktische Meisterleistung von Sainz im Rennen

Und genau das hat Sainz mit seiner Fahrt im Singapur-Grand-Prix nur unterstrichen. Denn das war eine taktische Meisterleistung in einem Auto, das immer noch unter zu hohem Reifenverschleiß leidet. Doch Sainz ist es gelungen, nicht nur dieses Manko zu kaschieren, sondern auch seine Hintermänner so zu kontrollieren, dass denen strategisch die Hände gebunden waren.

Mehr noch: Wie Sainz in der Schlussphase mit dem Drag-Reduction-System und dem Abstand zu McLaren-Fahrer Lando Norris spielte, um seine Siegchancen gegen die zu dieser Zeit überlegenen Mercedes zu wahren, das war absolut herausragend - und eine reine Sainz-Idee, wie Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur betonte.

Darauf muss man erstmal kommen im Rennauto auf einer der anspruchsvollsten Strecken im Kalender: Dass es sinnvoll sein könnte, dem Hintermann DRS zu spendieren, um dem Hintermann vom Hintermann das Überholen zu erschweren. Sich also einerseits angreifbar zu machen, um andererseits geschützt zu sein.

Auch die Konkurrenz zollt Sainz ihren Respekt

Dieses Vorgehen rang sogar der Konkurrenz Respekt ab: McLaren-Teamchef Andrea Stella und Norris lobten Sainz für dessen "cleveres" Agieren in der Schlussphase, nachdem Sainz schon bis dahin ständig die Pace vorgegeben hatte - gerade schnell genug, um nicht in Gefahr zu geraten, aber langsam genug, um das Feld kompakt zu halten und keine Taktikspielchen zu ermöglichen.

Und Fehler hat Sainz dabei nicht gemacht. Anders als in Monza, als er sich von Verstappen hat in einen Verbremser treiben lassen, ist er dieses Mal problemlos über die 62 Rennrunden gekommen, im wahrscheinlich stressigsten Rennen des Jahres. Das spricht für seine Nervenstärke und das Selbstvertrauen, das ihm die jüngsten Wochen an die Hand gegeben haben.

Deshalb glaube ich: Wer bei Ferrari derart souverän auftritt, Fragezeichen bei Teamkollege Leclerc hervorruft und den ersten Nicht-Red-Bull-Sieg seit fast einem Jahr erzielt hat, der kann nur gut geschlafen haben. Nein: Der hat nach dem Singapur-Grand-Prix am allerbesten geschlafen. Denn sehr viel besser geht es nicht.

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Und wer nach dem Rennen in Singapur gar nicht gut geschlafen hat? Das erfahrt ihr wie immer in der Schwesterkolumne von Chefredakteur Christian Nimmervoll.

Euer Stefan Ehlen

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