• 01. September 2025 · 18:04 Uhr

Zweiter Stopp: Hat Ferraris Strategie Charles Leclerc in den Crash getrieben?

Hat das Ferrari-Strategieteam eine Teilschuld am Ausfall von Charles Leclerc in Zandvoort? Daten zeigen: Ferrari hat das Undercutrisiko wohl unterschätzt

(Motorsport-Total.com) - Ferrari erlebte beim Großen Preis der Niederlande einen bitteren Nachmittag. Erst schied Lewis Hamilton nach einem Crash in Kurve drei aus, ehe es auch später noch Teamkollege Charles Leclerc an der gleichen Stelle erwischen sollte, nachdem ihm Mercedes-Junior Andrea Kimi Antonelli ins Auto fuhr. Doch war das einfach nur Pech oder hat Ferrari einen Anteil am Ausfall des Monegassen?

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Charles Leclerc schaut das Zandvoort-Rennen nach seinem Ausfall von der Düne aus Zoom Download

Denn der Funkspruch von Leclerc direkt nach dem Ausfall wirft Fragezeichen auf, denn dort war er nicht wütend auf den Mercedes, sondern hinterfragt eine strategische Entscheidung seines Teams: "Ich glaube das war unnötig. Ich meine, wir werden nie wissen, was passiert wäre, aber die Reifen haben sich noch gut angefühlt. Naja, ich gehe jetzt aus dem Auto."

Hat Ferrari die Power des Undercuts unterschätzt?

Doch was war zuvor passiert? Antonelli bog am Ende der 51. Runde für einen zweiten Reifenwechsel an die Box ab - ein klarer Undercutversuch gegen Leclerc, der zwei Sekunden vor ihm auf der Strecke lag. Von älteren C2-Reifen schnallte Mercedes den Soft auf. Normalerweise sind zwei Sekunden Rückstand zu viel, um den Undercut zu vollziehen, doch dieser war in Zandvoort sehr kraftvoll, was man bereits früher im Rennen sehen konnte.

Als Lance Stroll im Aston Martin in Runde acht von den Mediums auf neue harten Reifen wechselte war der Kanadier in der Phase danach rund 1,5 Sekunden pro schneller als Teamkollege Fernando Alonso. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass das nicht alles am Reifendelta allein lag, denn der Spanier steckte im Verkehr fest. Ein Indiz für die Kraft des Undercuts bekam man allerdings schon.

Zurück zu Antonelli und Leclerc. Antonellis Reifendelta auf neuen weichen Pneus betrug satte 29 Runden gegenüber den alten harten Reifen des Ferraris. Der Verschleiß am C2-Reifen betrug im Schnitt 0,039 Sekunden pro Runde, was bedeutet, dass der Mercedes allein durch frischere Reifen initial ein Vorteil von 1,131 Sekunden hatte. Hinzukommt der Performance-Unterschied von C2 zu C4, der zu Beginn eines Stints gut und gerne auch noch einmal eine halbe Sekunde betragen kann.

Schneller Ferrari-Stopp rettet Leclerc - vorerst

Spätestens mit der Rechnung wird klar: Selbst bei einem Vorsprung von eigentlich soliden zwei Sekunden war es für Ferrari ein Spiel mit dem Feuer, denn bei einem marginal langsameren Boxenstopp hätte der Poker gegen Mercedes schon schiefgehen können.

Die Scuderia Ferrari ist in dieser Saison aber das Team mit den konstant schnellsten Boxenstopps und so auch in Zandvoort. Leclercs Stopp in Runde 52 dauerte gerade einmal 2,12 Sekunden, Antonelli stand eine Runde vorher 2,53 Sekunden an der Mercedes-Box. Und diese vier Zehntel waren auch bitter nötig für Leclerc.

Als der Monegasse von der Box zurück auf die Strecke kam, lag Antonelli auf einmal nur noch 0,465 Sekunden dahinter. Der Mercedes-Undercut war bereinigt um die langsamere Boxenstoppzeit also ziemlich genau zwei Sekunden wert. Was folgte hat jeder gesehen: Antonelli sah seine Chance mit wärmeren Reifen in Kurve drei und es kam zum Kontakt.

Hätte Ferrari Leclerc draußenlassen müssen?

Somit kann man also nicht nur durch Leclercs Funkspruch zu dem Schluss kommen, dass Ferrari unter Umständen ein zu hohes Risiko mit dem zweiten Stopp eingegangen ist. Doch hätte Leclerc seine Position gegen Antonelli mit alten Reifen halten können?


Daten zeigen: Ferrari hat Undercutgefahr unterschätzt!

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Formel-1-Datenexperte Kevin Hermann analysiert, warum Ferrari Charles Leclerc in Zandvoort in eine riskante Situation brachte. Weitere Formel-1-Videos

Bei noch 20 zu fahrenden Runden und einem schon ausgerechneten Reifendelta von ungefähr 1,5 Sekunden hätte der Italiener auf jeden Fall wieder zum Ferrari aufgeschlossen, doch hätte er auch überholen können? Das Problem an den weichen C4-Reifen wäre jedenfalls gewesen, dass sie deutlich schneller verschleißen und der Performance-Vorteil zu Leclerc immer weiter geschrumpft wäre.

Der Soft verschliss im Rennen um durchschnittlich 0,064 Sekunden pro Runde. Hochgerechnet hätte Antonellis Reifendelta gegenüber Leclercs alten harten Reifen zu Rennende also nur noch sieben Zehntel betragen. Gleichzeitig betrug das zu benötigende Überholdelta in Zandvoort wohl eine volle Sekunde pro Runde.

Alonso als Hinweis: So schwer wäre Überholen für Antonelli gewesen!

Ein Indiz dafür ist ein Undercutversuch von Fernando Alonso zu Mitte des Rennens, als der Spanier danach satte zwei Sekunden pro Runde schneller war als andere Mittelfeldfahrer im Verkehr. Als er jedoch auf den Pulk aufschloss, biss sich Alonso trotz eigentlich zwei Sekunden besserer Pace die Zähne aus und hatte Mühe, zum Beispiel an den Saubers vorbeizukommen. Allerdings steckten diese auch in einem DRS-Zug und konnten sich dadurch leichter verteidigen, was bei Leclerc nicht der Fall gewesen wäre.

Zusammenfassend muss man wohl also sagen, dass Ferrari die Undercutgefahr von Antonelli wohl unterschätzt hat, denn man brauchte einen absoluten Glanzboxenstopp, um den Mercedes überhaupt hinter sich zu halten und es wurde verdammt knapp. Leclerc hätte Antonelli wohl hinter sich halten können ohne weiteren Stopp, doch auch das wäre wohl nicht ohne Risiko gewesen. Letztendlich war es einfach ein guter strategischer Schachzug von Mercedes.

Eine ausführliche Analyse der Strategien beim Großen Preis der Niederlande gibt es im Übrigen auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de, wo Datenexperte Kevin Hermann auch die Strategien von Red Bull, Haas und Aston Martin genauer unter die Lupe nimmt und zudem klar beziffert, wie haushoch überlegen McLaren wirklich war.

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