• 02. Juni 2025 · 18:34 Uhr

Schritt für Schritt: Das führte zu Verstappens kostspieligem Wutausbruch

Großer Rückschlag in der WM für Max Verstappen - Strategiefehler, Moment der Unbeherrschtheit und Strafe: So verkorkst war der Spanien-Auftritt des Weltmeisters

(Motorsport-Total.com) - Dieser Tag dürfte Max Verstappen noch länger in Erinnerung bleiben, nicht nur wegen des angewachsenen Rückstands in der WM auf Oscar Piastri, der sich in Barcelona fast verdoppelt hat: Mit drei zusätzlichen Strafpunkten auf seiner Superlizenz droht ihm nun sogar eine Rennsperre. Doch was lief schief? Ein Blick auf den Zwischenfall mit George Russell - und auf die Fehler, die Red Bull diesem vorausgehen ließ.

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Barcelona, 1. Juni - dieser Tag wird Max Verstappen noch länger verfolgen Zoom Download

Denn zunächst schien alles nach einem soliden dritten Platz für Verstappen auszusehen - ein realistisches Ergebnis angesichts der reinen Rennpace. McLaren fuhr in Barcelona in einer eigenen Liga, selbst nach der FIA-Einschränkung der Flexiwings.

Red Bull blieb deshalb nur ein alternativer Ansatz, in Form einer Dreistopp-Strategie. Ein legitimer Versuch, denn wenn die Pace fehlt, ist die Strategie oft die letzte Waffe. Der Plan setzte McLaren zumindest unter Druck, wie Teamchef Andrea Stella später zugab, und ermöglichte Verstappen, jeden Reifensatz aggressiver zu nutzen.

Red Bulls Reifenwahl: Die schlechteste der drei Optionen

Doch dann kam ein spätes Safety-Car - und das passte so gar nicht in Red Bulls Drehbuch: "Unglücklich, das Safety-Car am Ende spielte uns definitiv nicht in die Karten", kommentierte Verstappen. Dennoch hatte das Team drei Möglichkeiten, als Bernd Mayländer auf die Strecke kam - und wählte im Nachhinein betrachtet die schlechteste.

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Wenn Verstappen so weitermacht wie am Sonntag, wird das nichts gegen Piastri Zoom Download

Die erste Option wäre gewesen, auf den Softs draußen zu bleiben, die Verstappen bereits auf dem Auto hatte. Damit hätte er die Führung übernommen und zumindest den Vorteil der Streckenposition gehabt. Gegen beide McLarens zu verteidigen wäre kaum möglich gewesen, aber die Chance auf Platz drei wäre real geblieben - zumal die Reifen zu diesem Zeitpunkt nicht zu stark abgenutzt waren. Verstappen war am Ende von Runde 47 an die Box gekommen, das Safety-Car erschien in Runde 55.

Option zwei: Ein gebrauchter Satz Softs. "Wir hatten noch einen gebrauchten Satz, der war etwa sechs Runden alt. Ich bin damit zur Startaufstellung gefahren", erklärte Verstappen: "Der Peak war da schon raus."

Kein anderer Fahrer im Rennen mit dem C1 unterwegs

Aufgrund dieser Einschätzung entschied sich Red Bull für die einzige neue Reifenmischung, die noch zur Verfügung stand, den harten Reifen. "Das Safety-Car kam zum ungünstigsten Zeitpunkt für unsere Strategie. Leider war der einzige verfügbare Reifensatz - nach der Entscheidung für drei Stopps - ein neuer Satz der harten Mischung", so Teamchef Christian Horner. "Wir dachten, ein neuer Satz Hard wäre besser als ein stark abgenutzter Soft."

Doch das Gegenteil war der Fall. Es erwies sich als nahezu unmöglich, die harten Reifen in so kurzer Zeit auf Temperatur zu bringen - eine Erkenntnis, die eigentlich keine Überraschung sein sollte. Kein anderer Fahrer hatte den C1-Reifen im Rennen benutzt - ein deutliches Signal, wie wenig Vertrauen die Teams in diese Mischung hatten.

Verstappen kämpfte beim Restart mit starkem Übersteuern und war, wie Horner zugab, "leichte Beute". Dies war der erste folgenschwere Fehler - im Rückblick stellte Horner fest: "Im Nachhinein hätten wir ihn draußen lassen sollen. Die beiden McLarens wären wohl vorbeigegangen - aber ob auch Leclerc? Man wird es nie wissen."

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Red Bulls falsche Reifenwahl brachte Max Verstappen erst in die Bedrängnis Zoom Download

Doch selbst mit den zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen war die Entscheidung für den harten Reifen fragwürdig. Die Risiken waren offensichtlich, gerade angesichts der Tatsache, dass alle anderen Teams ihn konsequent vermieden hatten. Der Hard-Reifen kann nur über eine längere Distanz hinweg seinen Vorteil ausspielen - bei sechs verbleibenden Runden war das jedoch kein Faktor.

Zweiter Fehler: Platz unnötig an Russell zurückgegeben

Red Bulls zweiter Fehlgriff betraf die Anweisung an Verstappen, die Position an George Russell zurückzugeben. Auch das erwies sich im Nachhinein als falsche Entscheidung - und selbst mit den bekannten Fakten hätte das Team es besser wissen können.

Horner erklärte nach dem Rennen, eine schnellere Kommunikation der Rennleitung hätte geholfen. Doch das greift zu kurz. "Als Schiedsrichter sollte der Rennleiter klar sagen: 'Lasst es laufen' oder 'Gebt die Position zurück'. Für ein Team ist es extrem schwierig, solche Entscheidungen auf Basis von früheren Fällen zu treffen", sagte Horner. "In solchen Situationen wäre eine klare Anweisung der Rennleitung hilfreich."

Aber selbst ohne klare Anweisung hätte Red Bull nach den bekannten Rennrichtlinien die Situation richtig einschätzen können - und sollen. "Wir haben alle Zeitlupen angeschaut. Es war 50:50. Hat George das Auto unter Kontrolle? Hätte er die Kurve geschafft? Es sah so aus. Deshalb haben wir entschieden, die Position zurückzugeben."

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Duell mit George Russell: Die Szene, die Verstappen so auf die Palme brachte Zoom Download

Tatsächlich war "Kontrolle" der entscheidende Punkt. Laut FIA-Kommissars hatte Russells Vorderachse zwar das Niveau von Verstappens Spiegel erreicht - was grundsätzlich Anspruch auf Platz bedeutet - doch nur, wenn der angreifende Fahrer das Auto unter Kontrolle hat. Da Russell die Kontrolle kurz verlor und Verstappen von der Strecke drängte, musste dieser laut Stewards den Platz nicht zurückgeben.

"Da Auto 63 die Kontrolle verlor und Auto 1 in die Auslaufzone drängte, verließ Auto 1 nicht absichtlich die Strecke. Daher keine weiteren Maßnahmen", so die Begründung. Die Onboard-Aufnahmen, insbesondere aus Russells Sicht, bestätigten diese Einschätzung. Die FIA sah den Fehler beim Briten - und auch Red Bull hätte, gestützt auf die Regelkenntnis und das vorhandene Bildmaterial, zu diesem Urteil kommen können.

Dabei fällt einmal mehr auf, dass Jonathan Wheatley, früher bekannt für sein Regelwissen und sein Geschick im Umgang mit der Rennleitung, nicht mehr im Team ist - er arbeitet inzwischen als Teamchef bei Sauber...

Frust entlädt sich - Verstappen gesteht eigenen Fehler ein

Diese zwei strategischen Fehlentscheidungen führten zu spürbarem Frust bei Verstappen, deutlich hörbar am Funk. Nach dem Reifenwechsel fragte er: "Was zur Hölle... Was ist das für ein Reifen?" Lambiase antwortete: "Das ist der harte Reifen, Max." Verstappen: "Warum bin ich auf Hard?" - "Das war die einzige Option." Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit: Red Bull hätte schließlich auch draußen bleiben oder gebrauchte Softs nehmen können.

Verstappen fragte: "Hat irgendjemand sonst im Rennen den Hard benutzt?" Antwort: "Negativ." Nach der Anweisung, Russell den Platz zurückzugeben, eskalierte sein Ärger dann endgültig: "Ich war vorne, verdammt! Was soll das? Er hat mich rausgedrängt!" Lambiase blieb ruhig: "Das sind die Regeln, mit denen wir spielen müssen. Leider."

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Wütend und allein: Verstappen suchte nach dem Aussteigen schnell das Weite Zoom Download

Es folgte der folgenschwere Zusammenstoß in Kurve 5 - ein klares Fehlverhalten, das Verstappen später selbst einräumte. So verständlich die Emotionen in solchen Momenten sind - einen Gegner auf der Strecke zu rammen, das ist inakzeptabel, besonders in der Vorzeigeklasse Formel 1. Die Strafe war folglich unumgänglich.

Bereits 2017 erhielt Sebastian Vettel eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe für ein ähnliches Manöver gegen Lewis Hamilton in Baku. Verstappen erklärte nun einen Tag später auf Social Media: Die Aktion sei "nicht richtig gewesen" und "hätte nicht passieren dürfen". Auch Horner bestätigte, dass sich Verstappen beim Team entschuldigt habe.

Ein teurer Sonntag - mit möglichen Folgen für die WM

Für Verstappen und Red Bull war der Auftritt in Barcelona ein kostspieliger. Einerseits verlor der Niederländer viele Punkte, das auch noch auf vermeidbare Weise. Die vergangenen Rennen standen im Zeichen der Schadensbegrenzung gegenüber McLaren. Bis dahin lag Verstappen trotz schwächerem Auto nur 25 Punkte hinter WM-Leader Oscar Piastri.

In Barcelona hat sich dieser Rückstand fast verdoppelt - Piastri hat nun ein komfortables Polster von fast zwei Ausfällen. Andererseits erhielt Verstappen drei Strafpunkte und steht nun bei elf - zwölf führen zu einer Rennsperre. Zwei Punkte verfallen erst nach dem Großen Preis von Österreich am 30. Juni. Das bedeutet: Verstappen darf sich in den kommenden zwei Rennen keinen weiteren Ausrutscher leisten.

Das dramatische Finale von Barcelona, geprägt durch Teamfehler und Emotionen, könnte also weitreichende Folgen für den weiteren Verlauf der Saison haben - wenngleich Verstappen selbst sagt, es sei ohnehin kein Titelkampf mehr, angesichts der Leistungsdifferenz der Autos. Doch wie auch immer man es dreht: Dieser Sonntag unter der spanischen Sonne war ein bitterer Rückschlag für Fahrer und Team.

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