• 30. März 2016 · 13:27 Uhr

Rennvorschau Bahrain: Reifenpoker und Kupplungslotterie

Das Renntempo und der Start sind Ferraris Chance, Mercedes ein Schnippchen zu schlagen - Galgenfrist für neues Qualifying - Reifenverschleiß im Blickpunkt

(Motorsport-Total.com) - Schon im zweiten Rennen zur Formel-1-Saison 2016 könnte Ferrari eine der besten Gelegenheiten erwarten, um Mercedes ein Schnippchen zu schlagen. Beim Bahrain-Grand-Prix am Wochenende befinden sich die Roten nicht nur wegen der Start- und Kupplungsprobleme der Silberpfeile in guter Ausgangsposition (Sessions im Live-Ticker!). Auch im Mittelfeld ist nicht abzusehen, wer unter dem Flutlicht in der Wüste die Nase vorne haben wird. Oder darf Nico Hülkenberg mit dem Erreichen seines Saisonziels liebäugeln?

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Nico Rosberg im Rad-an-Rad-Duell mit Sebastian Vettel: Neuauflage 2016? Zoom Download

Eines vorweg: Die Sicherheit ist in Bahrain fünf Jahre nach der Rennabsage und dem "arabischen Frühling" kein Thema mehr. Das islamische Land, in dem auf dem Podium mit Rosenwasser statt mit Champagner gespritzt wird, hat die Proteste der Regierungsgegner längst auf fragwürdige Art und Weise zum Verstummen gebracht. Die Kontrollen rund um die Strecke bleiben jedoch scharf wie sonst fast nirgendwo.

Ehe das Rennen startet, wird die Formel 1 wieder über ihr neues Qualifying-Format diskutieren. Obwohl sich die Teams auf eine Rückkehr zum altbekannten Modus geeinigt hatten, setzten es Bernie Ecclestone und die FIA durch, der "Reise nach Jerusalem" in Bahrain eine Neuauflage zu bescheren - und eine letzte Chance. Klar ist jedoch: Floppt die Neuerung ein zweites Mal, wollen auch sie an den Stellschrauben drehen. Hoffnung, dass es am Samstag spannend wird, hat kaum jemand.

Qualifying: Im dritten Abschnitt droht wieder Langeweile

Mercedes-Sportchef Toto Wolff äußert eine düstere Prognose: "Wir haben mit der Änderung nicht das richtige Format gefunden und es ist schwierig, daran zu glauben, dass es für die Fans an diesem Wochenende in Bahrain unterhaltsamer sein soll." Es scheint keinen Grund zu geben, warum die Teams im dritten Abschnitt der Qualifikation mehr fahren sollten, wenn die Reifensätze begrenzt und die Positionen praktisch bezogen sind. Q1 und Q2 versprechen aber Gründe, vor dem TV zu bleiben.


Fotostrecke: Formel-1-Qualifying: Modus im Wandel der Zeit

Sofern es weniger Technikpannen gibt und die Teamstrategen das Format besser verstanden haben, könnte es in den Abschnitten mit 22 respektive 15 Autos spannend zur Sache gehen. Auf Regen, der im neuen Format zu besonderen Konstellationen führen soll, muss die Formel 1 in Bahrain aber verzichten. Erste Prognosen besagen: null Prozent Regenwahrscheinlichkeit, trockene Luft und mäßige Windstärken in der Wüste. Die Temperaturen liegen mit 24 Grad Celsius in der Spitze auf moderatem Niveau, während der Sessions nach Sonnenuntergang wird es sogar noch ein Stück kühler sein.

Mercedes atmet deshalb möglicherweise auf: Im vergangenen Jahr bekamen die sonst haushoch überlegenen Silberpfeile Probleme mit den Bremsen, die in Bahrain so gefordert werden wie sonst nur bei den Grands Prix in Kanada und Mexiko. Auch um die Starts werden sich die klugen Köpfe in Brackley in den vergangenen Tagen ihre Gedanken gemacht haben, schließlich scheint nicht nur Hauptkonkurrent Ferrari mit den neuen Startregeln der Saison 2016 an der grünen Ampel glasklar im Vorteil.

Strecke fordert hohen Reifenverschleiß und Spritverbrauch

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Pirelli-Reifen: In Bahrain gibt es die gleichen Mischungen wie in Australien Zoom Download

Nach einem verkorksten Losfahren Lewis Hamiltons und Nico Rosbergs in Australien - das aber keinem konkreten technischen Problem geschuldet war und die mit ihren Starts zufriedenen Piloten staunen ließ - bestand Handlungsbedarf. Ob sich in knapp zehn Tagen so viel an der Kupplung den W07 getan haben kann, darf bezweifelt werden - und lässt Ferrari trotz altbekannter Qualifying-Schwächen hoffen, denn in Sachen Rennpace sind Sebastian Vettels und Kimi Räikkönens nicht weit zurück.

Jedoch warnt Wolff: "Die Strecke in Bahrain sollte Ferrari liegen. Deshalb erwarten wir an diesem Wochenende engere Abstände und einen sehr engen Kampf." Die 5,412 Kilometer lange Bahn vor den Toren der Hauptstadt Manama zeichnet sich durch viele harte Bremspunkte aus, verfügt aber mit einem Kurvengeschlängel im Mittelsektor über einen Abschnitt, der aerodynamischen sowie mechanischen Grip erfordert. Beim Set-up ist ein Kompromiss gefragt, um im Rennen nicht zum Opfer zu werden.

Denn in Bahrain lässt sich überholen: Nicht erst seit dem Silberpfeil-Duell 2014 ist der Kurs für spannende Duelle bekannt, die sich meistens am Ende der Start- und Zielgeraden sowie mit der Hilfe von DRS abspielen. Das Layout mit breitem Asphaltband bietet die Gelegenheit, nach einer langsamen Schikane und einer kürzeren Geraden schon in Kurve vier zu kontern. Mercedes wird wegen des Power-Vorteils der eigenen Antriebseinheit auf der Bahn aber wohl kaum zu knacken sein.

Ferrari und Williams pokern bei der Reifenwahl

Also muss sich Ferrari mit der Strategie behelfen: "Wir wissen bereits, dass es einen Unterschied bei der Reifenwahl unserer Konkurrenten gibt. Wir könnten also ein paar Überraschungen erleben", mahnt Wolff. Mit den Mischungen Supersoft, Soft und Medium zur Auswahl erwartet die Teams ein Pokerspiel: Bei Sonnenuntergang fallen die Streckentemperaturen in der Wüste rapide ab, was für weichere Mischungen spricht. Die Krux: Der raue Asphalt sorgt für erhöhten Verschleiß und fordert härteres Gummi.

Ferrari hat deshalb für seine Piloten zwei Sätze mehr Medium bestellt und verzichtet verglichen mit Mercedes auf zwei Sätze der Soft-Variante. Pirelli erwartet eine Zweistopp-Strategie, die zuletzt in Bahrain immer der Königsweg war, jedoch scheint es in diesem Rahmen Variationsmöglichkeiten zu geben. "Die unterschiedliche Reifenwahl wird für das Rennergebnis eine Schlüsselrolle spielen", sagt Sportchef Paul Hembery. "Es wird spannend, wer von der Situation am meisten profitieren wird."

Auch hinter Mercedes und Ferrari zeichnen sich enge Zweikämpfe ab. Nach mauem Auftakt sind Williams und Force India aufgrund des Powervorteils ihres Mercedes-Antriebs im Kampf um den Titel "Best of the Rest" favorisiert. Die Briten, dessen FW38 Probleme beim Anwärmen der Pneus nachgesagt werden, wählten mit sieben Sätzen Supersoft einen riskanten Weg bei der Reifenwahl. Sollte die weicheste Mischung bei abkühlender Strecke jedoch am besten funktionieren, hätten Felipe Massa und Valtteri Bottas in Kombination mit dem guten Topspeed ihres Dienstwagens gute Karten.

Power auf der Geraden: Red Bull im Nachteil

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Hoffnung auf Updates: Force India jetzt wieder vor Williams? Zoom Download

Force India stattet Nico Hülkenberg mit neuer Aerodynamik an der Frontpartie aus. Tohuwabohu im Rennen könnte wie im Jahre 2014 (damals Stallgefährte Sergio Perez) dafür sorgen, dass die Vijay-Mallya-Truppe in Sichtweite des Podiums gelangt - der erste Formel-1-Pokal ist ein Ziel, das sich der Deutsche für die Saison gesetzt hat und der schnelle Kurs in Bahrain scheint prädestiniert für die Verwirklichung.

Etwas dagegen haben wird die versammelte Red-Bull-Fraktion: Toro Rosso ist trotz interner Kabale um Max Verstappen nach dem Wechsel zu Ferrari-Power gut aus den Startblöcken gekommen. Das große Schwesterteam wird in Bahrain mehr als in Melbourne unter den Power-Defizit Renaults zu leiden haben. Dazu treibt der weiter unzuverlässige V6-Hybrid der Franzosen Sorgenfalten auf die Stirn. Nicht besser geht es dem Renault-Werksteam, das aber mit einem neuen Frontflügel anrücken wird.

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2004 auf Abwegen, aber der erste Bahrain-Sieger: Michael Schumacher im Ferrari Zoom Download

Möglicherweise ein Vorteil gegenüber McLaren, das bis zum Donnerstag um den Einsatz Fernando Alonsos bangen muss. Ersatzmann Stoffel Vandoorne steht offenbar bereit, sollte der Spanier nach seinem Crash im Albert Park widererwartend keine Startfreigabe der FIA-Ärzte erhalten. Ein neues Chassis wurde für Alonso aufgebaut. Wie auch bei US-Neueinsteiger Haas, wo Unfallgegner Esteban Gutierrez ein neuen Wagen erhält und Romain Grosjean an den sechsten Platz in Australien anknüpfen will.

Noch ein Blick in die Statistikecke: Bei den vergangenen elf Austragungen des Bahrain-Grand-Prix' gewannen neun frühere oder spätere Weltmeister. Neben Titelverteidiger Lewis Hamilton, Sebastian Vettel, Fernando Alonso, Jenson Button und Michael Schumacher reihte sich nur Felipe Massa als Nicht-Champion in die Liste ein. Alonso ist der einzige Pilot, der in Sachir dreimal erfolgreich war und kurioserweise auch der einzige Fahrer, der das Rennen für zwei verschiedene Teams gewann.

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