• 22. Januar 2021 · 11:03 Uhr

Toto Wolff erklärt: Teams verdienen mit mehr Rennen mehr Geld

Was sind die Vorteile & Nachteile von Triple Header in der Formel 1? Diese Frage beantworten die Teamchefs - Zwischen satten Einnahmen und menschlichem Leid

(Motorsport-Total.com) - Der Formel-1-Kalender 2021 hat mit 23 geplanten Grands Prix einen neuen Rekord aufgestellt. Der bislang längste Kalender in der Geschichte des Sports soll ausgerechnet in einer Pandemie gefahren werden. Um ein solch ambitioniertes Programm überhaupt durchführen zu können, sind "Triple Header" notwendig. Ein Übel, das die Teams bereit sind einzugehen, schließlich bedeuten mehr Rennen auch mehr Einnahmen.

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2021 sind insgesamt 23 Rennen geplant - neuer Rekord Zoom Download

Ein Blick auf die zweite Saisonhälfte in diesem Jahr macht deutlich: Die Formel 1 setzt alle Hoffnungen in eine erfolgreiche Pandemie-Bekämpfung bis zum Sommer. Daher wurden nach der Sommerpause gleich zwei Triple Header installiert - sechs Rennen in nur sieben Wochen.

"Ich denke, die Teams sind die Nutznießer des wachsenden Umsatzes und des wachsenden Einkommens", erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff auf die Expansion angesprochen. "Die Teams bekommen immer noch einen großen Teil des EBITDA* und in dieser Hinsicht müssen wir alle das Wachstum unterstützen."

Bereits im Vorjahr hat AlphaTauri-Teamchef Franz Tost ausrechnen lassen, wie viel seinem Team pro nicht gefahrenem Rennen entgeht. "Wenn wir einen Grand Prix nicht fahren, kostet das gleich mal eineinhalb bis zwei Millionen", erklärte der Österreicher im März.

Einnahmen im Krisenjahr um die Hälfte geschrumpft

Dazu muss man wissen, wie die Geldverteilung der Formel 1 geregelt ist. Zum letzten Mal wird 2021 das Geld nach dem alten Schema, das von Bernie Ecclestone einst entwickelt wurde, verteilt. Denn die Zahlungen erfolgen immer rückwirkend für die abgelaufene Saison.

Mit der diesjährigen Saison tritt das neue Concorde-Agreement in Kraft, das die Teams mit Liberty Media im Vorjahr ausverhandelt haben. Darin ist auch eine neue, gerechtere Preisgeldverteilung festgelegt worden. Diese wird dann ab 2022 schlagend.

Die Einnahmen der Königsklasse ergeben sich zum großen Teil aus drei Säulen: den TV-Verträgen, den Sponsorendeals und den Antrittsgeldern der Rennstrecken. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Serie im Vorjahr allerdings umdenken und einen Kompromiss eingehen, um eine komplette Saisonabsage zu vermeiden.

Zwar verzichtete das Formel-1-Management (FOM) auf die Einnahme durch die Streckenbetreiber - im Gegenteil bezahlte Liberty viele Organisatoren gar für die Durchführung eines Rennens. Viele Betreiber hätten sich ansonsten einen Grand Prix nicht leisten können.

Dank der durchgeführten 17 Saisonrennen sicherten sich die Rechteinhaber aber immerhin die TV- und Sponsoren-Gelder. Die Einnahmen der Rennserie schrumpften aufgrund dieser Umstände um rund die Hälfte, wie 'auto motor und sport' berichtet.

Zum Vergleich: 2019 haben die Teams noch rund eine Milliarde US-Dollar an Preisgeld erhalten. Da die Einnahmen aufgrund der Krise nun insgesamt stark gesunken sind, werden auch die Teams in diesem Jahr rückwirkend deutlich weniger ausbezahlt bekommen.

Sechs Rennen in nur sieben Wochen

Das Preisgeld der FOM teilt sich in drei Säulen auf: einen Grundbetrag, den jedes Team zu gleichen Teilen ausgezahlt bekommt (lag zuletzt bei rund 35 Millionen US-Dollar); einen zweiten Betrag, basierend auf der Platzierung in der Konstrukteurs-WM (zwischen 15 und 66 Millionen); und Bonuszahlungen (nur für Ferrari, Mercedes, Red Bull, McLaren und Williams).

Werden nun in einer regulären Saison, in der auch wieder Fans vor Ort zugelassen werden, mehr Rennen gefahren, erhöhen sich die Einnahmen der FOM und im Umkehrschluss auch die Preisgelder der Teams. Nach der wirtschaftlich angespannten Lage und den Einbußen ist das im Interesse aller Beteiligter.

Besonders die Einnahmen durch die Antrittsgelder der Rennstrecken sind lukrativ für Liberty Media, daher konzentriert sich die FOM auf Länder, die besonders tief in die Taschen greifen. Rund 30 Millionen US-Dollar bezahlen Organisatoren im Durschnitt für die Austragung eines Grand Prix, manche Staaten lassen sich das Spektakel gar noch mehr kosten, etwa Abu Dhabi.


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Um dieses Geld 2021 nicht noch ein weiteres Jahr zu verlieren, sieht der Rennkalender besonders in der zweiten Jahreshälfte vollbepackt aus. Der erste Triple Header besteht aus Belgien (29. August), danach soll die Premiere in den Niederlanden (5. September) mit eineinhalb Jahren Verspätung über die Bühne gehen.

Den Abschluss des ersten Dreierpacks macht der Highspeed-Kurs in Monza, Italien (12. September). Nach nur einem freien Wochenende gastiert die Formel 1 in Russland (26. September), in Singapur (3. Oktober) und in Japan (10. Oktober).

Zwar dürfen die Teams mit mehr Preisgeld für 2021 rechnen, sollte der Rekord-Kalender tatsächlich nach Plan stattfinden. Jedoch stellt sich die Frage, ob nicht die Mitarbeiter der Teams dafür bezahlen werden? Triple Header sind schließlich "sehr kräftezehrend", weiß Wolff.

Müssen uns fragen, wie lange das tragbar ist

"Ich denke, dass ein Triple-Header in Asien bedeutet, dass wir mehr als drei Wochen von zu Hause weg sind, und das ist sicherlich nicht toll. Man darf nicht vergessen, dass die am härtesten arbeitenden Leute diejenigen sind, die die Garagen auf- und abbauen."

Die Ingenieure, Mechaniker und Crew-Mitglieder werden "leiden", daran bestehe kein Zweifel, meint der Mercedes-Teamchef. "Man muss sich fragen, wie lange das tragbar ist und ob man ein anderes System einführt, indem man eine zweite Crew hat, die diese härtesten Aufgaben übernehmen kann."

Der wirtschaftliche Erfolg steht dem menschlichen Leid gegenüber. Auch Haas-Teamchef Günther Steiner ist nicht begeistert vom neuen Rennkalender, sollte dieser tatsächlich mit 23 Rennen durchgeführt werden. "Es wird einen Tribut von den Leuten fordern."


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In der aktuellen Krise müsse die Formel 1 aber so handeln, glaubt er. Das Formel-1-Mangement müsse sich fragen, ob Triple Header langfristig bleiben sollen, wie viele Rennen nachhaltig seien und ob nicht irgendwann eine Sättigung bei den Zuschauern eintreten könnte, gibt Steiner zu bedenken.

"Was die Mitarbeiter betrifft, müssen wir Pläne schmieden, dass wir sie nicht überarbeiten. Wir überarbeiten sie sowieso, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir das nicht die ganze Zeit verlangen können." Und obwohl lukrative Einnahmen winken, müsse das Modell nachhaltig gestaltet werden, so der Haas-Teamchef.

Steiner glaubt, dass sich erst in ein paar Jahren zeigen werde, ob dies der richtige Weg ist. "Wir müssen es ausprobieren und versuchen, eine Lösung zu finden, bei der unsere Leute nicht aufgerieben werden."

Triple Header dürfen keine "Konstante" werden

Tost findet, dass der aktuelle Kalender "am Limit" des Machbaren angelangt sei. "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Leute manchmal drei Wochen lang auf Achse sind. Das ist wirklich ein langer Zeitraum und ich denke, was derzeit im Kalender steht, ist das absolute Limit."

"Das Hauptproblem ist, dass man, wenn man 23 Rennen in acht Monaten unterbringen will, keine andere Möglichkeit hat", ergänzt Alfa-Romeo-Teamchef Frederic Vasseur. Er zeigt sich besorgt, besonders über den zweiten [Triple Header] mit Sotschi, Singapur und Japan, "auch weil es kurz vor dem Ende der Saison ist".

Diese Grands Prix werden eine Härteprobe für das Personal, und auch das Ersatzteillager. "Aber ich denke, dass wir keine andere Option haben, wenn wir 23 Rennen im Jahr fahren wollen." Marcin Budkowski, der als zukünftiger Teamchef von Alpine gehandelt wird, hofft ebenso, dass dies "keine Konstante" sein werde.

* Als EBITDA wird das betriebswirtschaftliche Ergebnis eines Unternehmens vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und auf immaterielle Vermögensgegenstände bezeichnet.

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