• 03. November 2021 · 12:50 Uhr

Welchen Einfluss hat die Höhenlage auf ein Formel-1-Auto?

Mit 2.285 Metern Höhe besitzt Mexiko-Stadt ein ganz besonderes Anforderungsprofil: Doch inwiefern beeinflusst die dünne Luft ein Formel-1-Auto?

(Motorsport-Total.com) - Während sie in der Hitze eines Rad-an-Rad-Duells oder bei einem atemberaubenden Kampf um die Poleposition gerne einmal vergessen wird, ist die Leistung eines Formel 1-Autos und dessen Fähigkeit, überhaupt zu fahren, größtenteils auf die vielen, vielen unsichtbaren Luftpartikel zurückzuführen, die um uns herum schweben.

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Viele der Formel-1-Strecken, auf denen gefahren wird, liegen ziemlich nahe am Meeresspiegel und im Falle von Zandvoort sogar sehr nahe, sodass Luftdichte und Höhe ziemlich ähnlich sind. Mexiko ist allerdings ein Ausreißer. Der Kurs ist der am höchsten gelegene aller Rennstrecken und liegt mit 2.285 Metern über dem Meeresspiegel fünfmal so hoch wie die Twin Towers in Kuala Lumpur.

Diese Änderung der Höhenlage hat einen überraschend großen Einfluss auf viele Elemente eines Formel-1-Autos und verändert sowohl dessen Leistung als auch dessen Einsatz.

Das Autodromo Hermanos Rodriguez liegt südöstlich des Zentrums von Mexiko-Stadt, mit einem Umgebungsdruck von nur 780 Hektopascal (hPa). Der normale Meeresspiegel liegt bei etwa 1.000 hPa, also etwa 20 Prozent weniger.

Trotz seiner Höhenlage gehört die Strecke mit einem Höhenunterschied vom tiefsten zum höchsten Punkt von knapp drei Metern zu den flachsten in der Formel 1. Das liegt zum Teil daran, dass Mexiko-Stadt im "Tal von Mexiko" auf einem ehemaligen Seegrund liegt.


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Wenn es um die höchsten Höhenlagen von Formel-1-Strecken geht, reicht keine an Mexiko heran. Tatsächlich liegt der Austragungsort in Mexiko-Stadt fast 1.500 Meter höher als die nächste Rennstrecke auf dieser Liste, nämlich Interlagos, das 800 Meter über dem Meeresspiegel beheimatet ist.

Das Wetter und die Temperaturen beim Großen Preis von Mexiko unterscheiden sich zwar nicht sonderlich von anderen Rennwochenenden, aber die atmosphärischen Bedingungen sind einzigartig und stellen die Teams vor einige ungewöhnliche Herausforderungen.

Warum hat die Höhenlage einen Einfluss aufs Auto?

Die Höhe hat einen Einfluss auf alles, was wir tun. Ob ein Lauf durch Mexiko-Stadt oder ein Turbolader, der Sauerstoff in den Motor eines Autos pumpt. Das alles hängt mit der Menge der Luftpartikel und der Dichte der Luft in dieser bestimmten Höhenlage zusammen.

Je höher man sich in der Atmosphäre befindet, desto dünner ist die Luft. Das liegt daran, dass Luft über ein Gewicht verfügt und je näher man sich am Meeresspiegel befindet, desto mehr wird die Luft nach unten komprimiert. Das führt zu einer dichteren Luft und mehr Luftpartikeln. Auf 2.285 Metern über dem Meeresspiegel herrschen rund 25 Prozent weniger Luftdichte als auf Meereshöhe. Damit gibt es ein Viertel weniger Sauerstoff.


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Wenn wir über ein Formel-1-Auto sprechen, gibt es viele entscheidende Faktoren, die dafür sorgen, dass es richtig funktioniert. Drei davon sind: Aerodynamik, Kühlung und die Powerunit. Diese Elemente werden stark von der ihnen zur Verfügung stehenden Luftmenge beeinflusst. Weniger Luft bedeutet deshalb eine abweichende Leistung.

Große Höhen wirken sich nicht direkt auf das Racing aus. Alle Autos sind gleichermaßen betroffen und die lange Gerade sowie zwei DRS-Zonen zu einem frühen Zeitpunkt in einer Runde fördern Überholmanöver. Allerdings sind die Autos von den Auswirkungen der Höhe auf unterschiedliche Art und Weise betroffen. Damit kommen einige besser und andere schlechter klar. Das kann die Wettbewerbsordnung in Mexiko durchaus durcheinanderwürfeln.

Wie wirkt sich die Höhenlage auf die Aerodynamik des Autos aus?

Wegen der dünnen Luft ist der Luftwiderstand eines Formel-1-Autos in Mexiko-Stadt viel geringer. Das Auto muss weniger Luftpartikel aus dem Weg schieben, sodass es die Luft schneller und mit weniger Unterbrechungen durchschneidet. Deshalb sind die Autos auf den Geraden in Mexiko derart schnell. Die Höchstgeschwindigkeit ist noch höher als in Monza (350 km/h), während gleichzeitig mit so viel Flügel gefahren wird wie in Monaco.

Weniger Luftpartikel haben jedoch auch den Effekt, dass geringerer Abtrieb erzeugt wird, weil weniger Luft das Auto in Richtung der Fahrbahn drückt. Tatsächlich beträgt der Abtriebsverlust in Mexiko aufgrund der Höhe etwa 25 Prozent. Daraus resultierend wird die höchste Downforce-Spezifikation - auf dem Niveau des Monaco-Flügels - genutzt, die jedoch aufgrund der fehlenden Luftdichte den gleichen Abtrieb (oder sogar etwas weniger) als der Monza-Flügel erzeugt.

Der aerodynamische Grip ist in Mexiko daher ziemlich niedrig. Allerdings können die Teams einen großen Flügel ohne den Nachteil des Luftwiderstandes fahren, wodurch die Topspeeds sehr hoch sind.

Welche Auswirkungen hat diese Höhenlage auf die Powerunit?

Würden wir von Saugmotoren sprechen, dann wäre der Leistungsunterschied auf einer Strecke mit hoher Höhenlage viel größer, weil Sauerstoff in den Motor gesaugt werden muss, um den Verbrennungsprozess abzuschließen. Dies würde zu einem Leistungsverlust von 25 Prozent führen. Bei den modernen Powerunits der Formel 1 kann dies dank des Turboladers jedoch vermieden werden.

Das liegt daran, dass sich der Turbolader mit einer unglaublich hohen Geschwindigkeit dreht, um mehr Luft in den Motor zu pumpen - bei normalen Höhenbedingungen sogar etwa dreimal mehr.

Mehr Luft bedeutet, dass man mehr Kraftstoff einpumpen und somit eine höhere Leistung erzeugen kann. In Mexiko muss der Turbo härter arbeiten, um die geringere Luftdichte zu kompensieren. Deshalb dreht er mit einer höheren Geschwindigkeit, um einen Teil des Leistungsverlusts ausgleichen zu können.


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Der Turbo kann allerdings nicht den gesamten Leistungsunterschied ausgleichen. Den Turbolader einfach mit 20 Prozent mehr Kraft zu betreiben, ist nicht möglich. So viel Spielraum gibt es nicht, denn er ist für normale Rennbedingungen konstruiert und gebaut worden, nicht aber für den einzigartigen Umgebungsdruck des Autodromo Hermanos Rodríguez.

Es kommt also noch immer zu einer beträchtlichen Leistungsreduktion der Powerunit. Der geringere Luftwiderstand hilft aber, diese auszugleichen und die Autos auf der langen Geraden in Mexiko-Stadt zu unglaublichen Höchstgeschwindigkeiten zu führen.

In Mexiko kann auch die MGH-U weniger Energie zurückgewinnen. Geringere Luft im Motor führt zu weniger Power und der MGU-H stehen deshalb nicht so viele Abgase zur Verfügung, die sie zurückgewinnen und in nutzbare Energie umwandeln kann. Einige Hersteller werden je nach Größe des Turbos in ihren Autos und der Anordnung ihrer Powerunit besser abschneiden als andere.

Und warum wird die Kühlung durch die Höhenlage beeinflusst?

Die Funktionsweise der Formel-1-Kühlung besteht darin, dass die kühleren Luftpartikel durch die Kühleinlässe strömen und Wärme von den Komponenten aufnehmen, bevor sie als heiße Luft aus dem Heck des Autos abgegeben werden. Durch die Höhenlage wird demnach weniger Luft durch die Kühler, Lufteinlässe und Kanäle geleitet.

Das führt zu einer geringeren Kühlung, wodurch verschiedene Elemente des Autos, wie die Powerunit und die Bremsen, heißer werden oder wesentlich größere Kanäle benötigen, um ausreichend abzukühlen.

Natürlich versuchen die Teams, die Kühlauslässe des Autos so weit wie möglich zu öffnen, indem sie die Lufteinlässe und Kanäle vergrößern, um mehr Luftpartikel hineinzuleiten. Das verringert allerdings die aerodynamische Performance und erhöht gleichzeitig den Luftwiderstand des Autos. Deshalb muss hier ein Gleichgewicht gefunden werden.

Das Auto ordentlich zu kühlen, ist die wohl größte Herausforderung in Mexiko. Bei der Powerunit begrenzt der fehlende Luftmassenstrom das Kühlungspotenzial. Deshalb braucht es ein sorgfältiges Management, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Eine Überhitzung der Bremsen kann zu schnellerem Verschleiß oder zu einer Verglasung führen (die Oberfläche brennt ab und wird glänzend, wodurch sich die Reibung verringert). Darüber hinaus verursacht das Rotieren des Turbos bei höheren Drehzahlen eine zusätzliche mechanische Belastung der Turbinen sowie der Verdichtungselemente.

Das sind alles heikle Angelegenheiten, die die Teams berücksichtigen, überwachen und auf die sie reagieren müssen. All das trägt zur Spannung und der Herausforderung beim Großen Preis von Mexiko bei.

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