Formel-1-Technik: Kein Protest gegen Red Bulls Heckflügel in Baku
Red Bull fuhr in Baku mit einem neuen Heckflügel-Design und vermied damit eine erwartete Kontroverse rund um das Thema "Flexiwings"
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hatte sich beim Großen Preis von Aserbaidschan auf einen Showdown in der "Flexiwings"-Saga eingestellt. Da die neuen, strengeren Rückzugstests der FIA erst beim Grand Prix von Frankreich in Kraft treten sollten, war das Rennen in Baku die letzte Chance für die Teams, mit ihren biegsameren Heckflügeln durchzukommen.
Diese Aussicht sorgte jedoch für Ärger bei Teams wie Mercedes und McLaren. Die Gefahr eines Protestes schwebte die ganze Zeit über dem Wochenende, wenn Teams in ihrem Vorgehen in Baku zu weit gehen sollten.
Und es war vielleicht die Androhung eines formellen Protestes und das damit verbundene Risiko einer Disqualifikation, sollten sich die FIA-Kommissare auf die Seite eines Protestierenden stellten, die dazu führten, dass das Thema am Ende doch keines wurde.
Denn während Red Bull nach dem Großen Preis von Spanien mit seinen Flexi-Flügeln im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, entschied man sich in Baku für einen neuen, löffelförmigen Interimsflügel, der sich viel normaler verhielt und dazu beitrug, jegliche Kontroverse zu vermeiden.
Dieses Design von Red Bull weist eine Hauptebene mit einem tieferen Mittelteil auf, um den nötigen Abtrieb zu erzeugen, während die äußeren Bereiche flacher sind, um die resultierenden Wirbel an der Spitze, die durch das Auftreffen des Luftstroms auf der Endplatte entstehen, zu vermindern.
Um dies zu unterstützen, änderte Red Bull auch das Design der Endplatte und kehrte zu einem simpleren Design zurück, um weniger aggressiv auf den Luftstrom zu wirken.
Wie Red Bull in Baku einen "Flexiwing"-Protest vermied
Was hat Red Bull mit seinem Heckflügel gemacht, um keinen Protest wegen eines "Flexiwings" zu riskieren? Und wie haben sich Mercedes und Ferrari auf Baku vorbereitet? Jake Boxall-Legge schaut sich diese Fragen an. Weitere Formel-1-Videos
Der gestufte Ausschnitt in der oberen Ecke wich einem konventionelleren Design, während die aufwärtsgerichteten Schlitze und die Lamellenaufhängungen ebenfalls entfernt und vereinfacht wurden (siehe Monaco-Einsatz für das übliche 2021-Design).
Es fällt auf, dass bei dem abgebildeten Flügel auch an der Hinterkante des oberen Flaps ein Stück weggeschnitten wurde. Obwohl diese Version des Flügels zu sehen war, wurde sie in Baku nicht in einer sportlich relevanten Session eingesetzt, wird aber wahrscheinlich beim Grand Prix von Belgien wieder zum Einsatz kommen.
Das Team entschied sich jedoch dafür, ohne Gurney-Flap an der Hinterkante des Flügels zu fahren und opferte damit etwas Balance für die Geschwindigkeit auf den Geraden (siehe Einblendung Spa 2020 für den Vergleich mit angebrachtem Gurney-Flap).
Unterschiedliche Taktiken
Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie die Teamkollegen auf die vorherrschenden Herausforderungen reagieren, wobei jeder Fahrer Set-up- und Aero-Änderungen vornimmt, die seinen eigenen Anforderungen entsprechen.
Im Fall von Sergio Perez und Max Verstappen gab es einen fast unmerklichen Unterschied zwischen ihren Heckflügeln, da der Niederländer sich dafür entschied, die Hinterkante des Flügels leicht zu beschneiden, um den Luftwiderstand noch weiter zu reduzieren.
Auch Mercedes entschied sich in Baku für unterschiedliche Heckflügelkonfigurationen an seinen Autos - wenn auch ein völlig anderes Konzept als der subtile Unterschied, den man beim Meisterschaftsrivalen Red Bull sehen konnte.
Nachdem Lewis Hamilton die Daten der Freien Trainings vom Freitag ausgewertet hatte, bei denen das Team große Probleme mit der Pace hatte, entschied er sich für die Anordnung mit geringerem Abtrieb, bei der nur eine einzelne Stütze mit dem DRS-Pod verbunden ist. Auf der anderen Seite der Garage war Valtteri Bottas' W12 mit der Anordnung mit zwei Stützpfeilern mit höherem Abtrieb ausgestattet.
Auch das ist kein ungewöhnliches Verhalten von Mercedes in dieser Saison, denn das Team entschied sich erst kürzlich beim Großen Preis von Portugal für unterschiedliche Lösungen, um seine Chancen auf einen Sieg gegen Red Bull zu erhöhen.
Der Flügel mit geringerem Abtrieb gab Hamilton eindeutig den nötigen Schub auf der Geraden, aber umgekehrt hätte er im Mittelsektor einen Nachteil gegenüber Bottas haben müssen. Der Finne kämpfte jedoch weiterhin mit seinem W12, da er nicht auf die richtige Reifentemperatur kam.
Ferrari
Der Kampf der Heckflügel war auch bei Ferrari im Gange, die das Wochenende mit einem löffelförmigen Medium-Downforce-Flügel begannen, bevor sie für das dritte Freie Training, das Qualifying und das Rennen auf die traditionellere Form des Hauptflügels wechselten.
Ferraris Sinneswandel ermöglichte Charles Leclerc eine weitere Poleposition, am Sonntag jedoch rutschte der Monegasse im Klassement nach unten, als sich das Feld wieder in ein vertrauteres Muster einordnete.
Im Gegensatz zu Red Bull führte die Umstellung auf ein System mit weniger Abtrieb nicht dazu, dass an der Endplatte der gezackte obere Ausschnitt oder die nach oben laufenden Schlitze verschwanden oder irgendwelche Änderungen an den hängenden Streben vorgenommen wurden. Das bedeutet, dass man den Wirbel, der an der Flügelspitze entsteht, immer noch überarbeiten möchte.
Aston Martin
Aston Martin hatte beim Großen Preis von Aserbaidschan ein paar kleine Detailänderungen, die wieder einmal ihren Weg an das Auto von Lance Stroll vor dem von Sebastian Vettel fanden.
Diese Änderungen betreffen den Bereich um das Cockpit, wobei der Bumerang der Halo-Verkleidung durch ein Paar Finnen auf beiden Seiten der Sicherheitsstruktur ersetzt wurde, die den Luftstrom effektiver positionieren sollen.
Ähnlich wie bei Mercedes wurden die Außenspiegelhalterungen mit einer gezackten Oberfläche versehen, um eine Reihe kleinerer Wirbel zu erzeugen, die ebenfalls den Luftstrom verbessern.
Williams
Williams führte in Aserbaidschan ein neues Bargeboard-Cluster ein. Da jedoch nur genügend Teile für einen Fahrer vorhanden waren, war es George Russells FW43B, der sie das ganze Wochenende über trug.
Die wichtigste Designänderung erinnert an eine, die von McLaren gegen Ende der letzten Saison vorgenommen wurde: mit zwei C-förmigen Flügeln, die das vertikale Haupt-Bargeboard-Element und den oberen Bumerang einrahmen.