• 02. Juni 2016 · 14:41 Uhr

Daniil Kwjat: Zukunft ohne Red Bull vorstellbar

Daniil Kwjat kann sich eine Zukunft ohne Red Bull vorstellen, doch dies könnte ihn vor schwierige Aufgaben stellen - Carlos Sainz will unbedingt ins Red-Bull-Team

(Motorsport-Total.com) - Seit knapp einem Monat darf sich Daniil Kwjat wieder Toro-Rosso-Pilot nennen. Der Tausch mit Max Verstappen scheint tiefe Spuren beim Russen hinterlassen zu haben. Zwar gibt er sich abgebrüht und kämpferisch, doch steht im Hintergrund das große Fragezeichen hinter seiner Zukunft. Der Weg zurück in das Red-Bull-Team scheint durch die Fahrerpaarung Daniel Ricciardo und Max Verstappen unmöglich, ein Verbleib bei Toro Rosso würde den Russen jedoch auch nicht voranbringen, daher schlägt er nun ganz neue Töne an: Ein Zukunft ohne Red Bull ist vorstellbar.

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Cockpit in einem Topteam 2017? Es wird eng für Daniil Kwjat und Carlos Sainz Zoom Download

Dies verriet Kwjat am Rande seiner Medienrunde in Monaco. Nachdem auch das zweite Rennen für Toro Rosso nicht nach Wunsch verlief - Kwjat hatte in der Safety-Car-Phase am Start einen Elektronikdefekt und beendete das Rennen in den Leitplanken bei Rascasse -, versucht er nun durch positive Gedanken zurück auf die Erfolgsspur, die er nach seinem Podium in China verlassen hatte, zu finden. "Ich war das gesamte Wochenende über schnell, das ist ein gutes Zeichen", weiß der 22-Jährige.

"Ich hatte die Pace. Im Rennen konnte ich nichts mehr machen. Man muss das hinter sich lassen und verstehen, dass man nichts machen kann", erklärt er seine psychologischen Tricks. Nur mit besseren Ergebnissen kann sich Kwjat seine Reputation, die unter dem Fahrertausch arg gelitten hat, im Fahrerlager wieder aufbauen - und sich auch nur so für andere Teams attraktiv präsentieren.

Kwjat ohne Management im Rücken chancenlos?

Auf die Frage, ob er sich eine Zukunft außerhalb des Red-Bull-Kaders vorstellen kann, entgegnet er: "Ja, das habe ich bereits gesagt." Derzeit gebe er sein Bestes für Toro Rosso und möchte das Team mit möglichst vielen Punkten belohnen. Das Monaco-Rennen sei "frustrierend" gewesen, gesteht Kwjat, der sein Team schon direkt danach kritisiert hatte. Denn im Toro Rosso STR11 steckt großes Potenzial, das man durch Eigenfehler nicht richtig ausspielen konnte.

Durch die Ankündigung, er könnte sich 2017 auch außerhalb der Red-Bull-Familie wiederfinden, kommt jedoch ein ganz anderes Problem auf Kwjat zu. Der Russe ist seit 2010 im Nachwuchsprogramm der Bullen engagiert und nur durch seine Leistungen und die Unterstützung des Konzerns überhaupt so weit gekommen. Wird er nun von seinen Gönnern fallengelassen oder entscheidet er sich aktiv dafür, zu gehen, dann liefert er sich dem Haifischbecken Formel 1 ganz ohne eigenes Managementteam im Hintergrund aus. Diese Erfahrung mussten vor ihm bereits Scott Speed, Sebastien Bourdais, Jaime Alguersuari oder auch Jean-Eric Vergne machen und scheiterten dabei.

Auch seine zaghafte Antwort auf die Frage nach seinem derzeitigen Management lässt Unsicherheit erahnen: "Ich versuche, die Dinge selbst zu klären. Wenn ich jemanden brauche, dann werde ich auch jemanden haben, der mir hilft. Im Moment ist das noch sehr früh. Ich bekomme auch außerhalb von Red Bull Unterstützung", beteuert er. Jetzt möchte er sich vorerst auf die Rennen mit Toro Rosso konzentrieren, "es ist einfacher mit einem guten Resultat weiterzuarbeiten", so Kwjat.

Entscheidung noch nicht gefallen - Perez kann Kwjat verstehen

Wirft man einen Blick auf die Statistik der Red-Bull-Fahrer wird jedoch deutlich, dass es für den Russen eng werden könnte, wenn er nicht im geschützten Red-Bull-Umfeld bleibt. Schon der Aufstieg in das Topteam Red Bull gelang bisher nur vier Piloten (Kwjat selbst, Verstappen, Ricciardo und Sebastian Vettel). Und jeweils nur vier Piloten konnten für Red Bull gewinnen, neben Verstappen, Ricciardo und Vettel auch Mark Webber, der von Williams zu den Bullen kam. Dreht man noch weiter am Erfolgsrad wird auch klar, dass bisher nur Vettel den Absprung zu einem anderen Team erfolgreich geschafft hat.


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Kwjat reagiert schmallippig, als er darauf angesprochen wird, wann es eine Entscheidung geben werde: "Jeder Mensch kann sprechen, und wenn es Zeit ist, um zu reden, werde ich das machen. Wenn es für die Medien etwas Wissenswertes gibt, werde ich es euch wissen lassen", entgegnet er den Journalisten in Monaco. Er wünscht sich eine "positivere Phase", da seine Negativserie nun schon länger anhält und "viel passiert ist". Er erinnert sich lieber an "die guten, alten Zeiten" zurück. Sobald er seinen Spirit wiedergefunden habe, werde es wieder bergauf gehen, ist er überzeugt. Kwjat konnte in seiner bisherigen Formel-1-Karriere (seit 2013) zwei Podestplätze mit Red Bull einfahren.

Einer, der genau weiß, wie es sich anfühlt, von einem Topteam gefeuert zu werden, ist Force-India-Pilot Sergio Perez. Der Mexikaner meint am Rande des Monaco-Wochenendes zu Kwjats Schicksal: "Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Man verliert viel Motivation und Selbstvertrauen. Man fürchtet, dass die Karriere vorbei ist, bevor sie überhaupt erst richtig begonnen hat." Aber man richtet sich wieder auf und "lernt, Dinge mehr zu schätzen", erklärt Perez, der 2013 ein Intermezzo bei McLaren einlegte.

Sind mehr als zwei Jahre Toro Rosso zu viel?

"Man wird außerdem entspannter. Fernando ist ein gutes Beispiel dafür. Er wurde zwar von niemandem fallengelassen, aber er fuhr viele Jahre an der Spitze - und jetzt ist er im Mittelfeld gelandet. Ja, als Fahrer leidet man, aber man wird eben auch entspannter." Dies würde auch Kwjat in seiner derzeitigen Lage helfen.


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Fakten lügen nicht, daher ist auch jene sehr aussagekräftig: Bisher wurden nur Sebastien Buemi, Jean-Eric Vergne und Jaime Alguersuari ein drittes Jahr bei Toro Rosso behalten. Nicht nur Kwjat fährt nun bereits insgesamt mehr als zwei Jahre beim Nachwuchsteam, auch Carlos Sainz bestreitet 2016 seine zweite Formel-1-Saison mit dem Team. Kein gutes Omen auch für den Spanier?

Der Sohn von Rallyelegende Carlos Sainz sen. weiß, dass es auch für ihn knapp werden könnte mit einem Cockpit bei Red Bull in der kommenden Saison. Sollte Daniel Ricciardo nicht die Lust vergehen, oder Max Verstappen nicht weitere Harakiri-Manöver wie in Monaco fahren, scheint dieses Fahrerpaarung fix zu sein. So müsste sich auch der junge Spanier nach Alternativen umsehen, dessen Vater hat bereits Anspruch auf ein Topcockpit gestellt.


Sainz scherzt über seine Zukunft

"Meine Zukunft ist im Moment die ungewisseste Sache überhaupt im Fahrerlager", scherzt Sainz über seine Lage. "Ich weiß nicht, was mit mir passieren wird. Ich weiß nur, dass ich das weitermachen muss, was ich jetzt schon mache, so werden sich auch Möglichkeiten eröffnen. Ich werde pushen und Red Bull zeigen, dass ich alles machen kann, was sie von mir verlangen. Ich bin sicher, dass sich etwas ergeben wird von ihrer Seite, ich weiß es nicht genau, aber hoffentlich", meint der Toro-Rosso-Rookie, der von der Beförderung seines ehemaligen Teamkollegen getroffen wurde.

Die Stimmung nun scheint gut zu sein, mit Kwjat verstehe er sich "sehr gut", bescheinigt Sainz. "Wir haben eine tolle Zeit. Wir kommen gut klar und bringen das Team gemeinsam nach vorne. Ich glaube, dass unser Feedback zum Auto sehr ähnlich ist. Wir tauschen uns aus und sprechen über viele Dinge miteinander." Zwar erklärt er, dass die Atmosphäre im Team "ziemlich gut" ist, dennoch gab es auch von seiner Seite Kritik an der Teamarbeit nach dem Monaco-Wochenende, wo er noch Achter wurde.


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Er bekräftigt seinen Wunsch erneut: "Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich darauf zu konzentrieren, wo ich nächstes Jahr fahre. Es besteht natürlich kein Zweifel daran, dass ich für ein Topteam fahren möchte." Auch die Leistungen von Verstappen können Sainz helfen: "Wenn Max gute Leistungen bringt, dann schadet mir das keinesfalls. Das ist seltsam, nachdem wir so hart gegeneinander gekämpft haben. Aber jetzt wäre das nicht schlecht, wenn er sich so schlägt wie in Barcelona, denn wir waren stets sehr eng beisammen."

Könnte er nach Sebastian Vettel der zweite Pilot aus Bullen-Hand sein, der zu Ferrari wechselt? Dort könnte er Kimi Räikkönen beerben, der in Monaco mit seinem Ausfall nicht glänzen konnte. Sainz bezog dazu am Mittwoch Stellung, als er als Botschafter der Foundation zu Ehren von Maria de Villota präsentiert wurde. "Das sind nur Gerüchte. Das ist nicht schlecht, weil es zeigt, dass mich die Leute ernst nehmen, aber es ist grundlos. Ich muss weiter hart arbeiten, dann wird die Möglichkeit auch kommen, hoffentlich mit Red Bull", betont er erneut. Derzeit müssen aber noch beide Toro-Rosso-Piloten um ihre Zukunft bangen.

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