Formel-1-Regeln 2017: Die Zeit wird langsam knapp
Zwar haben sich Strategiegruppe und Formel-1-Kommission auf ein neues Konzept für die Saison 2017 geeinigt, konkrete Regeln lassen aber weiter auf sich warten
(Motorsport-Total.com) - Die neuen Regeln für die Formel-1-Saison 2017 nehmen langsam Formen an - sehr langsam. Bereits seit Monaten wird in der Königsklasse darüber gestritten, wie die Formel 1 ab der nächsten Saison aussehen soll. In der vergangenen Woche stimmten Strategiegruppe und Formel-1-Kommission nun immerhin mehrheitlich für ein Konzept, das die Autos mindestens drei Sekunden pro Runde schneller machen soll. Beschlossen ist damit aber trotzdem noch lange nichts.
Die Formel 1 soll 2017 anders werden - aber nicht so wie von Red Bull erhofft
Denn nun müssen die technischen Regeln zunächst einmal detailliert ausgearbeitet werden. Das muss bis zum 30. April geschehen, und anschließend müssen Strategiegruppe und Kommission die fertigen Regeln noch einmal absegnen. Mit anderen Worten: Die Idee könnte kurz vor dem Ziel doch noch abgelehnt werden. Und mit Red Bull und Mercedes gibt es in der Strategiegruppe bereits zwei Gegner des Konzepts.
"Ich denke, wir haben 2017 eine große Chance, die Autos spektakulärer für die Fans zu machen", erklärt Red-Bull-Teamchef Christian Horner im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Die Bullen hatten sich für ein noch radikaleres Konzept ausgesprochen, das die Autos sogar um sechs Sekunden schneller machen sollte. "Manchmal werden die Fans einfach dabei übersehen, wenn es darum geht, wen wir zufriedenstellen wollen", grübelt Horner.
Horner will Chance nicht vergeben
"Wir sollten nicht die Teams zufriedenstellen, sondern die Fans. Ich denke, dass es eine große vergebene Chance wäre, wenn wir 2017 nichts Spezielles bringen", erklärt der Red-Bull-Teamchef. Dass den Bull das nun durchgewunkene Konzept nicht "speziell" genug ist, ist ein offenes Geheimnis. Darüber hinaus spricht sich Horner dafür aus, dass die Strategiegruppe an die langfristige Zukunft der Königsklasse denken soll.
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#10: Fahren dürfen nur die Hinterbänkler - Sie ist der große Trumpf der Williams-Mannschaft. Doch nicht nur deshalb will die FIA der aktiven Radaufhängung beim Kanada-Grand-Prix 1993 einen Riegel vorschieben. Die fortschrittliche, aber unglaublich kostenintensive Technik wird von den Kommissaren bei der technische Abnahme als Fahrhilfe eingestuft und bei allen Teams für nicht-regelkonform befunden worden. Gleiches gilt für die Autos, die auf eine Traktionskontrolle setzten. Hintergrund: Die Systeme beeinflussen hydraulisch die Aerodynamik respektive entziehen dem Piloten teilweise die Kontrolle über den Vortrieb. Es entsteht die Drohkulisse, dass die Scuderia-Italia-Hinterbänkler Michele Alboreto und Luca Badoer die einzigen Starter in Montreal sind. Das Verbot wird bis Anfang 1994 aufgeschoben, dann aber durchgesetzt. Fotostrecke
"Es wäre gut, wenn wir eine langfristigere Perspektive in der Strategiegruppe einnehmen würden und uns fragen: Wie soll die Formel 1 2025 aussehen? Dann nimmt man auch die Emotionen aus der Diskussion. Wenn man dann eine Übereinkunft erzielt, kann man Vorschläge auf den Weg bringen", erklärt Horner. Doch wie soll das funktionieren, wenn sich die führenden Köpfe der Formel 1 nicht einmal in kurzfristigen Fragen einigen können?
Symonds warnt vor weiteren Verzögerungen
Der 62-Jährige zeigt sich "überrascht", dass auch die jüngsten Treffen von Strategiegruppe und Formel-1-Kommission keine konkreten Ergebnisse geliefert haben. "Fakt ist, dass das vor allem Auswirkungen auf die kleineren und finanziell schwächeren Teams hat", warnt Symonds und erklärt: "Wenn du ein großes Team mit vielen Mitarbeitern und einer tollen Fabrik hast, dann kannst du auch auf kurzfristige Änderungen noch reagieren."
"Für Williams ist das also viel schwieriger als für Ferrari oder Mercedes", so der Brite. Während Williams lediglich über gut 500 Angestellte verfügt, arbeiten für Mercedes mehr als 800 Leute und für Ferrari sogar rund 1.000 Mitarbeiter. Folglich sind die beiden Spitzenteams bei der Entwicklung eines neuen Autos deutlich flexibler. Und Fakt ist, dass vorläufig niemand an einem Auto für 2017 arbeiten kann, solange es kein Regelwerk gibt.
Horner versteht Ecclestones Frust
Die aktuelle Situation nervt allerdings nicht nur Symonds und Horner. Auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone machte seinem Unmut über die stockenden Gespräche jüngst in einem großen Interview in der britischen 'Daily Mail' Luft. "Ich verstehe, dass Bernie frustriert ist. Ich denke, was ihn am meisten ärgert ist die Tatsache, dass er nicht mehr so leicht Änderungen heraufbeschwören kann, wie er es von früher noch gewohnt ist", erklärt Horner im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
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Im Laufe seines Berufs- und Privatlebens erwarb sich Bernie Ecclestone den Ruf, jede Krise sowie jeden Skandal unbeschadet zu überstehen und anschließend genauso weiterzumachen wie zuvor. Diese "Tefloneigenschaften" sicherten dem Zampano seine Macht in politischen Zwickmühlen, nach seiner Scheidung, bei allerlei juristischen Problemen und verbalen Entgleisungen. Erstmals wackelte Ecclestone aber nicht als Geschäftsmann, sondern als Rennfahrer. Ein Rückblick auf Skandale und Skandälchen. Fotostrecke
"Die Äußerungen basieren sicherlich auf dieser Frustration. Mit 86 kann man sich vielleicht etwas freier äußern und da hat sich schlicht seine Frustration entladen", vermutet der Red-Bull-Teamchef und ergänzt: "Er hat jedenfalls keine Angst davor, Dinge auf den Tisch zu bringen. Die Formel 1 ist eine der größten Marken der Welt. [...] Was wir an der Formel 1 lieben, sind die verschiedenen Charaktere, auch bei den Teams, und die verschiedenen Menschen, die dort involviert sind."
Haas hat es nicht eilig
Übrigens sind nicht alle von der Situation frustriert. Formel-1-Neuling Haas hat derweil ganz andere Sorgen. "Wir haben noch nicht viel Einfluss auf diesen Prozess, weil wir jetzt erst einmal zurechtkommen müssen - sollten wir auch nicht, weil wir die Neuen sind. Wir nehmen also erst einmal, was man uns vorsetzt. Wir sind nicht dagegen, wir sind erst einmal mit allem zufrieden, was vorgeschlagen wird", erklärt Teamchef Günther Steiner.
"Ich war gerade erst bei meinem zweiten Kommissions-Treffen. Wir kannten die Details vorher gar nicht. Da muss man erst einmal den anderen Teams vertrauen, die da schon länger mitwirken, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen, denn sie haben schon Zeit damit verbracht, es zu untersuchen", erklärt Steiner, dessen Team in diesem Jahr erstmals in der Formel 1 an den Start geht.
Im Gegensatz zu Symonds geht er auch nicht davon aus, dass die Regeln für 2017 für sein Team zu kurzfristig kommen werden. "Wir haben ja bereits eine Weile Bescheid gewusst, also kommen wir damit klar. Wir sind in der Lage, uns frühzeitig damit zu beschäftigen", so Steiner. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die neuen Regeln für 2017 nun aussehen werden - und ob es überhaupt welche geben wird.