• 04. August 2025 · 02:09 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Lewis Hamilton

Bitteres Ungarn-Wochenende für Lewis Hamilton: Selbstzweifel, Kritik und ein übermächtiger Teamkollege - aber was bedeutet das für seine Ferrari-Zukunft?

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leserinnen und Leser,

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Lewis Hamilton: Ungarn war der nächste Tiefpunkt eines bisher gescheiterten Projekts Zoom Download

der Grand Prix von Ungarn war noch keine Stunde vorbei, als Toto Wolff in der Mercedes-Hospitality am Hungaroring zu seiner Medienrunde lud. Üblicherweise wird in diesem Forum besprochen, wie es George Russell und Kimi Antonelli im Rennen ergangen ist, oder welche Updates Mercedes jetzt auf dem Zettel hat, um endlich wieder auf die Siegerstraße zu finden.

Am Sonntagabend dauerte es nur bis zur vierten Frage, als sich der erste Journalist traute, das Thema Lewis Hamilton anzusprechen. Wolffs ehemaliger Goldjunge hatte am Samstag nach dem Qualifying deprimiert erklärt, er sei "nutzlos", und dass Ferrari womöglich am besten dran wäre, wenn man ihn als Fahrer einfach austauschen würde.

"Ich weiß, Toto, dass das jetzt nicht mehr dein Problem ist", leitete der Reuters-Journalist Alan Baldwin den Themenwechsel ein. "Aber wenn du Lewis sagen hörst, dass er nutzlos ist und dass Ferrari lieber einen anderen Fahrer holen sollte, ist das einfach Lewis, der halt so ist, wie er ist, oder interpretierst du das als Selbstwahrnehmung seinerseits, dass es langsam abwärts geht? Steckt da womöglich mehr dahinter?"

"Nein", antwortete Wolff. "Das ist Lewis, der sein Herz auf der Zunge trägt. Er hat an sich gezweifelt, und das ist nicht das erste Mal. Wenn er das Gefühl hat, unter seinen eigenen Erwartungen geblieben zu sein, und dass sich das Team ein Eigentor geschossen hat, dann zeigt er diese Emotionen. Er war schon als Junge, als junger Erwachsener, so emotional offen."

Hamilton: Achterbahnfahrt der Emotionen

Dass Hamilton genervt wirkt, wenn es sportlich nicht so läuft, wie er sich das vorstellt, das ist nicht neu. Schon oft stand er nach einem durchwachsenen Qualifying im sogenannten "TV-Pen" bei den Fernsehreportern und erweckte den Eindruck, als würde er am liebsten sofort alles hinschmeißen. Nur um dann am nächsten Tag wie Phoenix aus der Asche aufzuerstehen und so zu tun, als wäre die Welt nie schöner gewesen.

Aber der Samstag in Ungarn war anders. Und er kam nicht aus dem Nichts, sondern er hatte sich angebahnt. Am Saisonbeginn konnte sich Hamilton noch einreden, dass sein Rückstand auf Charles Leclerc damit zu erklären ist, dass er Zeit braucht, um sich auf den Ferrari einzustellen, dass es mit seinem Renningenieur noch nicht so flutscht, und dass ja auch Leclerc keine Bäume ausreißen konnte.

Aber: "Wenn du siebenmaliger Weltmeister bist, dein Teamkollege auf Poleposition steht und du selbst in Q2 ausscheidest, dann tut das weh", räumt Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur ein - und stellt klar: "Lewis ist frustriert, aber nicht demotiviert. Das sind zwei verschiedene Dinge."

Niemand unterstellt Hamilton, dass er keine Lust mehr hat, sich knietief in das Projekt Ferrari reinzuhängen. Er selbst war es, der die Geschichte in Umlauf brachte, dass er während der dreiwöchigen Pause vor Spa zwei Dokumente an sein Team geschickt hat. Quasi der hamiltonsche Masterplan, wie man Ferrari wieder in Ordnung bringen könnte.

Warum die Ungarn-Niederlage besonders wehtut

Es schien alles angerichtet zu sein für eine Wende. Am Hungaroring hatte er 2013 seinen ersten Grand Prix für Mercedes gewonnen, nach einem schwierigen Saisonbeginn. Jeder weiß, wie die Geschichte danach weiterging. Und Leclerc andererseits sagte am Donnerstag: "Das ist für mich mit großem Abstand die schlechteste Strecke der Saison."

Am Sonntagabend reiste Hamilton jedoch nicht mit dem erhofften Befreiungsschlag in der Tasche vom Hungaroring ab, sondern mit noch mehr schwerem Gepäck, das er jetzt in die Sommerpause mitschleppen muss. Ausgeschieden in Q2. Zwölfter im Rennen. Überrundet. Das tut weh, auch wenn für den Gesamtkontext wichtig ist, dass er in Q2 gerade mal um zweieinhalb Zehntelsekunden langsamer war als Leclerc, dessen Wochenende danach aber in eine ganz andere Richtung abgebogen ist.

Im Paddock redet jeder darüber, ob hinter Hamiltons jüngsten Depri-Statements mehr steckt. Ob er sich langsam eingesteht, dass er sein Mindesthaltbarkeitsdatum vielleicht doch überschritten hat. Dass er vielleicht einfach nicht mehr gut genug ist, um sich selbst zuzutrauen, den zweifellos hochgradig talentierten Leclerc irgendwann so zu schlagen, wie er viele andere Teamkollegen zuvor geschlagen hat.

Tatsache ist: Seit er im letzten Viertel der Saison 2021 gefahren ist wie ein kleiner Formel-1-Gott und der ganzen Welt bewiesen hat, dass er nicht nur wegen des besten Autos sieben WM-Titel gewonnen hat, hat Hamilton keine ganz großen Glanztaten mehr vollbracht. Ja, er hat noch ein paar Rennen gewonnen. Aber diese Siege gehören nicht in die Kategorie, über die man auch in 20 Jahren noch redet.

Was Toto Wolff über Hamiltons Krise sagt

Dass Hamilton jetzt einfach hinschmeißt, glaube ich trotzdem nicht. Es steckt womöglich einiges an Wahrheit drin, wenn Toto Wolff sagt: "So, wie wir bei Mercedes seit dem neuen Reglement 2022 unter unseren Möglichkeiten geblieben sind, hat auch er sich irgendwie nie mit den Ground-Effect-Autos anfreunden können. Vielleicht hängt das mit seinem Fahrstil zusammen."


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Aber die gute Nachricht ist: Ende 2025 geht die bisher extremste Ära der Ground-Effect-Cars zu Ende. Die Venturi-Kanäle, die die aktuellen Formel-1-Autos mit einer enormen Kraft gen Boden saugen, werden mit dem Reformreglement 2026 massiv beschnitten. Das sogenannte Bouncing wird vermutlich Geschichte sein. Und vielleicht findet Hamilton dann sein Mojo wieder.

Denn für Wolff ist eine Sache unverrückbar: "Lewis ist der Größte aller Zeiten. Und er wird es immer bleiben, niemand kann ihm das nehmen. Ganz sicher nicht ein einzelnes Wochenende oder eine Saison, die nicht nach Plan verlaufen ist."

Euer
Christian Nimmervoll

Hinweis: Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kolumne meine subjektive Wahrnehmung abbildet. Wer anderer Meinung ist, kann das gern mit mir ausdiskutieren, und zwar auf meiner Facebook-Seite "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's nicht in erster Linie "breaking News" aus dem Grand-Prix-Zirkus, sondern vor allem streng subjektive und manchmal durchaus bissige Einordnungen der wichtigsten Entwicklungen hinter den Kulissen der Formel 1.

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