Schlussattacke von Verstappen: Wie sich der Red-Bull-Pilot die Sprint-Pole holte
Max Verstappen versucht im Sprint-Qualifying "etwas Verrücktes" und lässt McLaren hinter sich: Wo die Entscheidung gefallen ist und warum Norris die Pole verpasst hat
(Motorsport-Total.com) - Lando Norris schien bereits als sicherer Polesetter für den Sprint in Austin (alle TV-Zeiten im Überblick) festzustehen, doch einmal mehr schlug Max Verstappen im entscheidenden Moment zurück. Der Weltmeister sicherte sich mit einem Vorsprung von nur 0,071 Sekunden die Bestzeit und verwies Norris auf den zweiten Rang.

© Sutton Images
Max Verstappen hat die beiden McLaren-Piloten im Sprint-Qualifying geschlagen Zoom Download
"Natürlich hätte ich sehr gerne auf der Pole gestanden", räumt der McLaren-Pilot ein. "Trotzdem bin ich insgesamt zufrieden. Ich weiß nicht genau, wie viel mir gefehlt hat, aber es waren wohl ein paar Kleinigkeiten hier und da, die ich besser hätte machen können."
Was am Ende für die Pole im Sprint gefehlt hat? "Ich habe ein paar Bodenwellen unglücklich erwischt, das ist einfach die Schwierigkeit auf dieser Strecke", erklärt Norris gegenüber Sky UK. "Abgesehen davon bin ich aber glücklich mit dem Ergebnis."
"Wenn man die meisten Fahrer fragt, ob sie sich im ersten Sektor mit all den Bodenwellen wohlfühlen, würden sie wohl eher mit Nein antworten", grinst der 25-jährige Brite. "Hier muss man sich einfach damit abfinden, dass es sich nie wirklich komfortabel anfühlt - das ist wohl der Trick."
"Insgesamt waren meine Runden aber ordentlich, ich habe mich stetig verbessert", sagt Norris. "Man erwischt leicht eine Bodenwelle im falschen Winkel oder gibt minimal zu viel Gas - schon verliert man ein paar Hundertstel. Kein Drama, aber natürlich hätte ich mir gewünscht, noch ein klein wenig schneller zu sein."
Verstappen schlägt in der letzten Kurve zu
Verstappen ergänzt, dass das Duell "über alle Streckenabschnitte hinweg ziemlich eng" gewesen sei. "Es kam darauf an, alles im entscheidenden Moment zusammenzubringen. Das ist nicht einfach, wenn man im letzten Versuch auf den weichen Reifen unterwegs ist, ohne wirkliche Referenz. Aber es hat gut funktioniert."
Doch mit einer Pole hatte wohl selbst Red Bull nicht gerechnet. "In Q1 und Q2 lagen wir jeweils ein bis anderthalb Zehntel hinter McLaren", erinnert Teamchef Laurent Mekies gegenüber Sky UK. "Wir wussten, dass es auf Messers Schneide stehen würde."
"Lando fuhr eine sehr starke Runde in Q3, und es sah zunächst schwierig aus, das zu schlagen", räumt Mekies ein. "Max war fast die ganze Runde über Linie an Linie mit ihm, aber in den letzten Kurven hat er das Auto mit unglaublichem Mut reingeworfen und genau die winzige Lücke gefunden, die wir für die Pole brauchten."
Das bestätigen auch die Telemetriedaten von F1 Tempo: Beide Fahrer lagen über weite Strecken der Runde nahezu gleichauf, wobei Norris in mehreren Abschnitten leicht die Nase vorn hatte und zeitweise sogar einen deutlichen Vorsprung herausfahren konnte. Doch Verstappen konterte im entscheidenden Moment.
In der letzten Kurve bremste der Niederländer etwas später, nahm mehr Geschwindigkeit mit in den Scheitelpunkt und machte damit die entscheidende Zeit gut. Norris erwischte zwar den besseren Kurvenausgang, doch der Vorteil von Verstappen war zu groß, um ihn auf dem kurzen Stück zur Messlinie noch einzuholen.
Verstappen "versucht noch etwas Verrücktes"
"In dieser Runde hatte man fast das Gefühl, dass er in der letzten Kurve noch etwas Verrücktes versuchen würde - und genau das hat er getan", bestätigt Mekies. "Natürlich hat er keine Daten über Landos Runde, aber er hat das Auto in die letzten Kurven hineingeworfen und genau den kleinen Vorsprung herausgeholt, der am Ende entscheidend war."
"Er schafft es tatsächlich, uns jedes Mal aufs Neue zu überraschen, sobald er im Auto sitzt. Es ist beeindruckend. Man sieht, wie viel Arbeit er im Hintergrund investiert, um diese Leistung abrufen zu können - das passiert nicht zufällig. Für das Team ist es großartig, einen Fahrer wie ihn zu haben, und heute hat sich das erneut ausgezahlt."
Doch die mutige Schlussattacke von Verstappen war offenbar nicht der einzige Grund. "Ausschlaggebend war, dass wir eine riskante, aber sehr erfolgreiche Abstimmung gefunden haben", verrät Red-Bull-Berater Helmut Marko bei Sky und ergänzt: "Max war wieder unglaublich in Sektor 3."
Genau dort habe er den Unterschied gemacht. "Wenn es darauf ankommt, legt er halt immer wieder etwas zu", obwohl der Beginn seiner Runde gar nicht perfekt gewesen sei, betont Marko: "Also aus Kurve 1 ist er quer gewesen, aber trotzdem schneller. Normalerweise geht das auf die Reifen."
Glock lobt Verstappen: "Eine unfassbare Ruhe"
Doch davon hat sich der Red-Bull-Pilot am Ende nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Sobald Max ein Auto hat, auf dem er aufbauen kann, kann er einfach das immer wieder so auf den Punkt umsetzen", ergänzt Sky-Experte Timo Glock. "Und das hat auch heute auch Qualifying wieder gezeigt."
"Dieses Aneinanderreihen der Segmente, so optimal zu timen, das macht er sehr clever und er hat eine unfassbare Ruhe, mit der er es macht. Das ist der Vorteil", lobt der frühere Formel-1-Pilot, der von einer Perfektion spricht, die sonst keine im Feld erreichen würde.
"Und das ist egal, wo du ihn reinsetzt, ob das jetzt ein GT3-Auto auf der Nordschleife ist oder das Formel-1-Auto hier", erinnert Glock auch an den Sieg Verstappens auf dem Nürburgring. "Er ist einfach ein unfassbares Fahrtalent und das zeigt er jedes Wochenende immer wieder."
Piastri selbstkritisch: "Einfach nicht richtig zusammengebracht"
Und Piastri? Der WM-Spitzenreiter war mit einem Rückstand von 0,38 Sekunden verhältnismäßig langsam und spielte im Kampf um die Pole keine Rolle. Wo der McLaren-Pilot seine Zeit verloren hat? "An mehreren Stellen, ehrlich gesagt. Es war insgesamt eine ziemlich unruhige Runde."
"Ich habe sie einfach nicht richtig zusammengebracht", gibt Piastri zu. "In gewisser Weise kann ich froh sein, dass es trotzdem für Platz drei gereicht hat. Das Tempo im Auto ist gut, es war kein katastrophaler Tag, nur eine etwas unsaubere Runde, die ich [am Samstag] hoffentlich verbessern kann."
Auch Teamchef Andrea Stella zieht ein gemischtes Fazit. "Ich denke, das ist ein gutes Ergebnis, aber nicht ganz das, was wir wollten, denn natürlich sind wir hier, um auf die Pole zu fahren", räumt der Italiener ein. "Aber es ist eine solide Ausgangsbasis für das Sprintrennen."
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Viel wichtiger sei ohnehin die Pole für das Rennen am Sonntag, und auch dort sieht Stella mit dem Ergebnis des Sprint-Qualifyings "eine gute Grundlage, um zu sehen, wo wir noch etwas Feinschliff an der Performance vornehmen können, um dann [am Samstag] erneut um die Pole kämpfen zu können."