Longruns Monza: Lando Norris klar vorn, Ferrari strauchelt!
Lando Norris dominiert im McLaren die Longruns des Italien-Trainings, während Ferrari teils starke Pace zeigt, aber immer wieder mit der Konstanz kämpft
(Motorsport-Total.com) - Das Ergebnis des ersten Freien Trainings ließ die Herzen der Tifosi höherschlagen: Ferrari gelang beim Heimspiel in Monza ein Auftakt nach Maß mit den Plätzen eins und zwei für Lewis Hamilton und Charles Leclerc. Doch im weitaus aussagekräftigeren zweiten Training konnte die Scuderia diesen starken ersten Eindruck nicht bestätigen.

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Charles Leclerc war in den Longruns des Öfteren neben der Strecke unterwegs Zoom Download
Denn dort übernahm Lando Norris im McLaren das Kommando - und das nicht nur auf eine schnelle Runde. Mit einer 1:19,878 markierte der Brite die Bestzeit in den Qualifyingsimulationen, ohne dabei seine besten Sektorzeiten kombiniert zu haben. Vorjahressieger Leclerc folgte nur acht Hundertstel dahinter, doch die Ferrari-Rennpace wirft Fragen auf.
In den Longruns am Ende der Session setzte Norris den Maßstab: Rund zwei Zehntel pro Runde war er schneller als die Konkurrenz. Ferrari kassierte mit beiden Autos reifenbereinigt mehr als eine halbe Sekunde pro Umlauf - und fand sich damit eher am Ende des McLaren-Verfolgerfeldes wieder.
Fehlt Ferrari eigentlich nur die Konstanz?
Ein genauer Blick in die Longruns offenbart: Mit viel Sprit an Bord kann Ferrari phasenweise durchaus mithalten. Leclercs beste Longrun-Zeit lag bei 1:23,514 - und das in Stintrunde neun, also bereits mit deutlich abgenutzten Reifen. Norris erzielte eine 1:23,261, allerdings schon in Stintrunde sechs.
Ein direkter Vergleich ist schwierig, da Leclerc auf Soft- und Norris auf Medium-Reifen unterwegs war. Auffällig waren jedoch die vielen Fehler und Ausritte bei Ferrari. Mit mehr Konstanz könnten die Roten zwei bis drei Zehntel näher an McLaren heranrücken - für die Spitze dürfte es dennoch nicht reichen.
Auch die Set-ups gingen in unterschiedliche Richtungen: Ferrari glänzte mit Topspeed (342 km/h), was Lewis Hamilton im ersten Sektor die Bestzeit einbrachte. In den schnelleren Kurven der Sektoren zwei und drei verlor man hingegen Zeit. McLaren (335 km/h) setzte auf mehr Abtrieb, war in den Kurven deutlich stärker - und hatte unterm Strich die Nase vorn.
Wer ist McLarens erster Verfolger?
In Sachen Longrun-Pace war Max Verstappen der erste Verfolger von Norris - mit einem Rückstand von 0,22 Sekunden pro Runde. Dahinter folgte Oscar Piastri (+0,24), der wie schon in Zandvoort im Training etwas abfiel. Sein Freitag war zudem verkürzt, da Rookie Alex Dunne im ersten Training ins Auto durfte.
Knapp dahinter meldete sich Carlos Sainz mit starker Williams-Pace (+0,27), ebenso Sauber-Pilot Gabriel Bortoleto (+0,29). Erst danach kam George Russell im Mercedes (+0,34). Der Brite fuhr auf den harten Reifen zeitweise sogar schneller als Norris, musste seine Pneus dafür aber offensichtlich stärker beanspruchen.
Mit einem reifenbereinigten Verschleiß von 0,052 Sekunden pro Runde lag er am unteren Ende des Feldes. Im weiteren Ranking folgten Alexander Albon im zweiten Williams (+0,46) und schließlich Leclerc als bester Ferrari (+0,53).
Williams im Mittelfeld - Überraschung oder Realität?
Neben Norris war damit eigentlich Carlos Sainz der Mann des zweiten Trainings: drittschnellste Zeit, viertbeste Longrun-Pace. Doch ist Williams wirklich so stark? Die Historie spricht dafür: Monza liegt dem Traditionsteam. Seit 2021 hat Williams auf dem Autodromo Nazionale stets Punkte geholt, und in den vergangenen drei Jahren verbuchte man dort einen streckenspezifischen Leistungsgewinn von rund drei Zehnteln - mehr als jedes andere Team.
Sauber konnte das Tempo in den Longruns noch halbwegs mitgehen, hat jedoch traditionell im Qualifying Defizite. Das übrige Mittelfeld blieb klar zurück: Haas (+0,59), Racing Bulls (+0,71), Alpine (+0,77) und Aston Martin (+0,94) konnten nicht folgen.
Strategie: Keine Argumente für zwei Stopps
Ein weiterer Schlüssel liegt in der Strategie - und die lässt sich nach dem zweiten Training bereits recht gut einschätzen. Im Vorjahr gewann Leclerc mit einer überlegenen Einstoppstrategie, während McLaren auf zwei Stopps setzte und verlor. Diesmal dürfte den Weltmeistern dieser Fehler nicht passieren.
Die Verschleißdaten sprechen eine klare Sprache: Im Schnitt lag der Abbau nur bei 0,037 Sekunden pro Runde. Angesichts des geringen Abriebs und eines hohen Boxenstoppdeltas von 24 Sekunden ist die Marschroute für Sonntag klar: Ein Stopp.
Reifenlieferant Pirelli bestätigt diesen Trend. "Im Vergleich zum Vorjahr scheint Graining kein Faktor zu sein", erklärt Chefingenieur Simone Berra. "Mit Blick auf die Strategie ist ein einziger Boxenstopp die einzig plausible Option, wobei Medium und Hard die Hauptrollen spielen dürften."
"Einzig Fahrer mit sehr langen ersten Stints könnten noch einmal den Soft-Reifen ins Spiel bringen - über 15 bis 20 Runden, um dessen Grip-Vorteil optimal zu nutzen. Der Zeitabstand zwischen den Mischungen lag bei vier bis fünf Zehnteln zwischen Medium und Soft sowie rund zwei Zehnteln zwischen Hard und Medium - genau wie die Simulationen es vorhergesagt hatten."