McLarens Wiedergeburt: Teamchef Andrea Stella über den Erfolgsweg
Unter der Führung von Andrea Stella ist McLaren zurück an die Spitze der Formel 1 gekehrt - Doch der Italiener sieht sich nicht als Chef, sondern betont Teamgeist
(Motorsport-Total.com) - Als Andrea Stella Anfang 2023 das Kommando bei McLaren übernahm, wirkte der Übergang von Andreas Seidl nach außen fast reibungslos. Doch hinter den Kulissen musste der Italiener schwierige Entscheidungen treffen und eine tiefgreifende technische Umstrukturierung anstoßen.
Nur anderthalb Jahre später ist McLaren vom Mittelfeldteam zum Branchenprimus aufgestiegen: 2024 gewann die Traditionsmannschaft erstmals seit 1998 wieder den Konstrukteurstitel, 2025 ist die Titelverteidigung mit elf Siegen aus 14 Grands Prix so gut wie sicher.
Stella selbst tritt trotz dieser Bilanz bescheiden auf. "Zunächst einmal: Ich bin an Bord gekommen, aber ich habe nie allein geführt", sagte er im Gespräch mit Motorsport.com beim Ungarn-GP. "Zak [Brown] und ich arbeiten seit jeher sehr eng zusammen, und wir haben ein Führungsteam geschaffen, das sehr geeint ist."
"In diesem Geschäft machst du nichts allein, selbst bei schwierigen Entscheidungen oder wenn es darum geht, die richtigen Bereiche für Veränderungen zu finden." Der ruhige Stella tritt dabei als perfekter Konterpart zum extrovertierten Amerikaner Brown auf.
Neue Struktur, neue Stärke
Eine seiner ersten Maßnahmen war die Einführung einer dreigeteilten technischen Leitung. Neil Houldey wurde zum technischen Direktor für Engineering, Mark Temple übernahm Performance, Peter Prodromou Aerodynamik. Mit Rob Marshall stieß ein hochkarätiger Neuzugang von Red Bull hinzu, während interne Talente mehr Verantwortung erhielten.
"Der erste Schritt war, das Team zu analysieren: Was ist weltmeistertauglich, was nicht? Und wer sind die Schlüsselpersonen, die ihre Bereiche führen können?", erklärte Stella. "Am Ende haben wir auf ein Modell gesetzt, das auf Zusammenarbeit basiert. Wer keine kollaborativen Eigenschaften hat, sitzt bei uns gar nicht erst am Tisch."
Kritiker hatten zunächst befürchtet, die Entscheidungswege würden unklar. Doch Stella widerspricht: "Entscheidungen ergeben sich normalerweise aus einer kritischen Masse an Informationen, nicht aus einem Diktator, der irgendwann das letzte Wort spricht."
Der Mensch im Mittelpunkt
Trotz seiner Bescheidenheit weiß Stella, was er erreicht hat: die Rückkehr von McLaren an die Spitze. Auf die Frage, was ihn am meisten erfüllt, antwortete er: "Einen Titel nach Woking gebracht zu haben, ist definitiv ein Highlight. Aber noch wichtiger ist, dass die 1000 Menschen hier das Gefühl hatten: Das ist mein Erfolg, das habe ich mir verdient, ich bin mit diesem Team gewachsen."
Stella, der bei Ferrari schon WM-Erfolge feierte, empfindet den Triumph mit McLaren als besonders. "Ich habe viele Meisterschaften gewonnen, aber bei dieser waren alle so glücklich, weil jeder gespürt hat: Das ist unser gemeinsamer Weg. Für mich liegt die größte Zufriedenheit fast mehr in der Reise als im Erreichen des Ziels. Am Ende sind es die menschlichen Beziehungen, die dem, was wir schaffen, wirkliche Bedeutung geben."