Warum Motorsport-Fans bald ganz andere TV-Bilder sehen werden
Sie werden in TV-Übertragungen immer beliebter: Drohnen im Motorsport - Doch wie können sie die Perspektive auf das Racing verändern?
(Motorsport-Total.com) - Sie ermöglichen neue Perspektiven und spektakuläre Aufnahmen und haben das Potenzial, Motorsportübertragungen zu revolutionieren. Aufgrund von Sicherheitsbedenken wird dieses Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft, doch die ersten Bilder, die für hochwertige TV-Produktionen verwendet werden, können sich sehen lassen.
Seit Jahrzehnten wird Motorsport auf klassische Weise auf den Bildschirm gebracht: Um die Strecke herum gibt es Kameratürme mit Kameramännern, die das Geschehen einfangen. Hinzu kommen unbemannte Kameras an Leitplanken und in Randsteinen sowie die klassischen Cockpit-Aufnahmen. Doch Drohnen sind kleiner und leichter und können so nah wie nie zuvor ans Geschehen herankommen.
Die Formel 1 setzt bereits während der Rennen auf Drohnen und schafft so eine völlig neue Perspektive. Natürlich müssen solche Drohnen schnell genug sein, um mit einem Formel-1-Auto mithalten zu können. Eine solche Drohne hat Red Bull entwickelt. Es steckt also eine Menge Potenzial in der Technologie, die in anderen Serien schon verwendet wird.
Erfahrungen aus der WRC
Florian Ruth leitet in der Rallye-WM (WRC) die Inhalte und Kommunikation. Er hat schon früh Erfahrungen mit Drohnen gemacht: "Wir haben sie schon 2016 genutzt. In den ersten Jahren ging es aber nur um vorgeschnittenes Material für Highlights und Clips auf Webseiten und in den sozialen Medien."
"Der nächste Schritt war, die Drohnen in unsere Liveübertragungen einzubringen", erklärt er weiter. "Dank der Verbesserungen der 5G-Technologie - jetzt in Kombination mit Starlink - ist es möglich, Drohnen als wichtigen Teil unserer Liveübertragungen zu nutzen - wie jede andere Kamera auch."
Doch was macht Drohnen so besonders? Helikopter mit Kameras steigen ebenfalls in die Lüfte, müssen aber eine gewisse Höhe erreichen, während Drohnen nur wenige Zentimeter über dem Geschehen agieren können. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, den Motorsport zu zeigen.
So nah dran wie nie
Justin Skinner steuert Drohnen in der Formula-Drift und kennt sich mit der Technologie bestens aus. "Du kommst an die Action heran, du siehst die Nuancen, wie sich das Auto bewegt, was eine feste Kamera in den Kurven nicht zeigen kann."
"Du kannst sonst diese kleinen Veränderungen an den Hinterreifen nicht sehen, wie sie beschleunigen oder bremsen, um das Heck zu kontrollieren", beschreibt er. "Mit Drohnen erhalten wir mehr Details und die Zuschauer haben das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein."
Er sieht durch seine Brille, was er filmt, und hat die Steuerung fest in der Hand. "Ich sage immer, ich habe den besten Platz an der Strecke. Ich würde mir jetzt keine anderen Events mehr anschauen, weil ich so verwöhnt bin."
Besondere Momente, besondere Shots
Neben der Formula-Drift fliegt er auch bei der US-Nitrocross-Meisterschaft die Drohnen. Generell sind die kleinen Kameras im Rallycross-Sport sehr beliebt. "Normalerweise bin ich einen Tag vor dem Event da, um alles vorzubereiten. Ihre Warm-up-Session ist auch mein Training." Dabei probiert er immer neue Flüge und Perspektiven aus.
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Dabei wird es manchmal sogar künstlerisch. Ruth erinnert sich an eine Sequenz von der Rallye Portugal, bei der der Pilot seine Drohne durch ein Riesenrad manövrierte, um die nächste Wertungsprüfung anzukündigen. "Das war ein großartiger Einsteiger", so Ruth. "Du siehst das Riesenrad, er fliegt durch und im Hintergrund ist die Prüfung zu sehen. Dann heißt es: 'Hallo, willkommen in Portugal.'"
Skinner erhält aufgrund seiner Arbeit neue Anfragen. Auch die Formel E sei interessiert. Doch auf Rennstrecken gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen und Drohnen dürfen kein Risiko darstellen - weder für Fans, Sportwarte, Teammitglieder und Fahrer noch für den sportlichen Aspekt.
Sicherheit ein Thema
"Wir versuchen, das so sicher wie möglich zu machen", erklärt er. "Meine Drohne hat eine GPS-Rettung. Falls etwas passiert, kehrt sie automatisiert zurück. Wenn etwas nicht stimmt, ist das Protokoll, sie sicher zu landen - notfalls auf der Strecke -, sodass sie eingesammelt werden kann."
Bei Rennen mit offenen Cockpits wird das schwieriger: Sollte eine Drohne abstürzen, wären die Fahrer in der Formel 1, Formel E oder IndyCar in Gefahr. Bei geschlossenen Autos sei das Risiko deutlich geringer, so Skinner.
"Der größte Unsicherheitsfaktor ist, dass ein Reifen platzen könnte, wenn jemand über die abgestürzte Drohne fährt", erklärt er. Das sei aber nicht besonders wahrscheinlich. Daher glaubt er, dass die Technologie voranschreiten und auch in größeren Serien zum Einsatz kommen wird.
Wie wird es wohl in zehn Jahren aussehen?
"Wir sind, mehr oder weniger, das perfekte Labor, um solche Technologien zu entwickeln", so Ruth über die Drohnen in der WRC. "Wir haben 20 Stunden Live-Übertragung pro Rallye und können alles testen. Wir testen viel und was funktioniert, kommt ins Programm."
Dabei spielt Trial-and-Error eine wichtige Rolle, denn so kann sich die WRC einen Technologievorsprung sichern, wenn eine Idee funktioniert. Doch auch die klassische Übertragung wird laut Ruth immer ein Teil des Motorsports bleiben. Drohnen können als zusätzlicher Faktor die Action noch besser transportieren. "Ich bin mir sicher, dass die Übertragungen in acht bis zehn Jahren anders aussehen werden als heute", sagt Ruth.