Warum Ford für Red Bull ein besserer Partner ist als Porsche
Warum Ford ins Firmenlogo kommt, aber keine Anteile von Red Bull kauft, und was den Deal von dem unterscheidet, der mit Porsche geplant war
(Motorsport-Total.com) - Red Bull hat am Freitag in New York, zumindest wenn man nach dem Banner auf der Showbühne geht, den RB19 für die Formel-1-Saison 2023 präsentiert. Tatsächlich wurde ein 2022er-Auto mit 2023er-Lackierung gezeigt, und so kam es, dass das große Thema des Tages nicht der Car-Launch war, sondern die offizielle Bekanntgabe der Partnerschaft mit Ford ab 2026.
Viele Fans fragen sich jetzt: Warum geht Red Bull (inklusive Schwesterteam AlphaTauri) plötzlich doch eine "strategische Partnerschaft", wie es offiziell heißt, mit einem Automobilhersteller ein, wo doch erst vor ein paar Monaten die Verhandlungen über einen Formel-1-Einstieg von Porsche bei Red Bull auf dem letzten Meter des Marathons gescheitert sind?
Der Ford-Deal, erklärt Teamchef Christian Horner, sei "ganz anders" strukturiert als der mit Porsche. Er spezifiziert: "Was wir jetzt mit Ford haben, ist ein ziemlich geradliniger Vertrag. Es wechseln keine Anteile den Besitzer, und es gibt keinen Kontrollwechsel im Business. Es ist eine rein kommerzielle und technische Vereinbarung."
Und das, obwohl die Formel-1-Motoren ab 2026 Red-Bull-Ford heißen werden und die dahinterstehende Firma schon ein gemeinsames Logo präsentiert hat, "Red Bull Ford Powertrains", was zunächst sehr wohl suggeriert hatte, dass sich Ford bei Red Bull Powertrains eingekauft haben könnte.
Horner: Darin unterscheidet sich Ford von Porsche
Doch Horner ist beim Porsche-Deal gerade deshalb auf die Bremse getreten, weil er eine Einmischung eines zusätzlichen Shareholders nicht wollte. Er betont, dass Ford "nicht vorhat, sich in unser Business einzumischen. Sie wollen nur kommen, um uns mit dem, was sie einbringen können, zu unterstützen und zu ergänzen."
Bereits Ende 2022 stand fest, dass Red Bull die Powerunit für die Formel 1 ab 2026 komplett selbst entwickeln und bauen wird. Bei Red Bull Powertrains arbeiten inzwischen rund 400 Personen an diesem Projekt. Ein Mammutprojekt, das viel zu weit fortgeschritten ist, um es noch zu stoppen.
Wozu braucht Red Bull Ford eigentlich?
Doch wenn Red Bull Powertrains wirklich durchzieht, wozu braucht Red Bull dann überhaupt einen großen Hersteller als Partner?
Vor allem aus zwei Gründen. Erstens: Geld. Ford zahlt Millionen dafür, das blaue Oval auf die Autos kleben zu dürfen. Zweitens: Technologie. Gerade im komplexen Hybridbereich kann das Know-how eines großen Konzerns von Vorteil sein.
Provokant gefragt: Ist die Red-Bull-Ford-Partnerschaft also in erster Linie eine Marketingübung, die es Ford ermöglicht, für kleines Geld den Anschein zu erwecken, man sei ein großer Player in der Formel 1? Denn während Porsche ein Milliardenbudget aufgestellt hatte, um sich wirklich selbst am Projekt zu beteiligen, wird Fords aktive Beteiligung ziemlich marginal ausfallen.
"Für Ford", sagt Horner, "war das ein guter Weg, in die Formel 1 einzusteigen, ohne eine komplette Abteilung aus dem Nichts aufzubauen. Und wir profitieren davon, dass wir auf ihr Wissen und auf ihre Ressourcen im Bereich Forschung und Entwicklung zurückgreifen können, weil sie für ihre eigene Elektroflotte in großem Stil in Hybridtechnologie investiert haben."
Warum Ford die technische Komponente so wichtig ist
Gerade auf diese technologische Komponente legt Ford in der Kommunikation des Deals großen Wert: "Das war uns wichtig, zu 100 Prozent", sagt Mark Rushbrook, Global Director von Ford Performance Motorsports. Er unterstreicht: "Wir machen nirgendwo auf der Welt Motorsport als reine Marketingübung."
Der Red-Bull-Ford-Deal, verrät Rushbrook, ist auf acht Jahre angelegt. Die Notwendigkeit, unter hohem finanziellen Aufwand eine eigene Technikabteilung aufzubauen, die dann am Ende vielleicht keinen Siegermotor produziert, sieht er nicht.
Dazu muss man wissen: Für viele Hersteller ist der sündhaft teure Misserfolg von Honda beim Wiedereinstieg mit McLaren 2015 ein mahnendes Beispiel, das die Vorstände, die letztendlich den Daumen nach oben oder nach unten geben, abschreckt.
Ford: Red Bull hat beste Voraussetzungen
"Mit dem Red-Bull-Campus besteht in Milton Keynes ein hervorragendes Fundament", sagt der Ford-Motorsportchef. Es sei "wichtig für den Erfolg" des Projekts, dass alles unter einem Dach entwickelt wird. Ford wird aber früher oder später eigene Mitarbeiter nach Milton Keynes entsenden, die das Know-how des Konzerns bei Red Bull Ford Powertrains einbringen können.
Bereiche, in denen das der Fall sein könnte, hat Ford bereits identifiziert. Es handelt sich dabei laut Rushbrook um "die Batteriezellen-Technologie, um den Elektromotor an sich, um die Steuersoftware sowie die Optimierung von Software und um Analysetools für die Powerunit, aber auch für das komplette Fahrzeug".
"Und dann gibt es da einen Bereich, von dem wir uns auch einen Wissenstransfer in beide Richtungen erhoffen, nämlich den Bereich der Aerodynamik", sagt er. Das Know-how von Adrian Newey und seinen IngenieurInnen ist nämlich für Fords Serienautos sehr relevant. Weniger Luftwiderstand bedeutet weniger Energieverbrauch.
Und was wird jetzt aus Red Bull und Honda?
Bleibt die Frage: Wenn Red Bull jetzt schon die Zusammenarbeit mit Ford ab 2026 beschlossen hat, was passiert dann mit Noch-Motorenlieferant Honda? Die Japaner haben bereits signalisiert, dass sie weiterhin Formel 1 machen wollen, und sind einer von sechs Herstellern, die sich bei der FIA für 2026 eingeschrieben haben.
"Die Zusammenarbeit läuft bis Ende 2025", erklärt Horner. "Wir haben auch über eine Verlängerung darüber hinaus gesprochen. Aber letztendlich war das zu kompliziert." Red Bull Powertrains als eigenständiger Hersteller und Honda als eigenständiger Hersteller, das sind Interessen, die man nicht zusammenführen konnte, sagt der Red-Bull-Teamchef.
Der Aufbau von Red Bull Powertrains schreitet indes "in hohem Tempo" voran: "Wir befinden uns gerade in der zweiten Phase der Bauarbeiten. Die sind im Plan, auch wenn es ein aggressiver Zeitplan für 2026 ist. Es sind nur noch 150 Wochen, bis wir zum ersten Mal mit einem Motor, der in Milton Keynes entwickelt und produziert wurde, aus der Box fahren."
"Vor uns liegt eine enorme Herausforderung", weiß Horner. Aber er betont: "Einen Partner wie Ford zu haben, bestärkt uns nur darin, dass es richtig war, diesen Weg einzuschlagen."