• 06. November 2018 · 12:39 Uhr

Pirelli wehrt sich gegen Kritik der Fahrer: "Alle wollten diese Reifen"

Warum Pirelli die Kritik der Fahrer, die aktuellen Reifen seien "eine Schande für die Formel 1", nicht auf sich sitzen lässt, nun aber eine neue Philosophie vorschlägt

(Motorsport-Total.com) - Pirelli wehrt sich gegen die Vorwürfe einiger Fahrer nach dem Mexiko-Grand-Prix, auch mit der aktuellen Reifengeneration Rennsport am absoluten Limit zu verhindern. Das liege daran, dass die Fahrer selbst der aktuellen Philosophie, für starken Reifenabbau zu sorgen, zugestimmt hätten. "Der große Schritt ist 2015 passiert, als wir die erste Zielvorgabe hatten", verweist Pirelli-Manager Mario Isola auf ein Dokument, das auf Basis von Diskussionen zwischen FIA, FOM, Team und Fahrern erstellt wurde.

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Auch Lewis Hamilton hatte in Mexiko massive Probleme mit den Reifen Zoom Download

"Man darf nicht vergessen, dass auch die Fahrer in die Erstellung dieser Zielvorgabe eingebunden waren", nimmt er die Piloten in die Verantwortung. "In Zukunft hätten wir gerne eine neue Zielvorgabe mit neuen Zahlen und neuen Bedingungen, denen auch die Fahrer zustimmen müssen, denn sie fahren schließlich das Auto. Sie müssen uns sagen, was sie wollen. Am Ende ist es ein Kompromiss, aber es ist wichtig, sie an Bord zu haben."

Eigentlich war es das Ziel von Pirelli gewesen, dieses Jahr mit den um einen Grad weicheren Mischungen und dem neuen Hypersoft-Reifen für mehr Boxenstopps zu sorgen, doch das ist nur bedingt gelungen. "Die Formel 1 hat uns gebeten, weichere Reifen zu machen und den Unterschied zwischen den Mischungen in Sachen Grip aber auch Abbau zu vergrößern", bestätigt Isola. "Und jetzt baut der Hypersoft nun mal stark ab, und die Fahrer sind nicht glücklich."

Pirellis schwieriger Spagat

Das hat auch damit zu tun, dass einige Fahrer trotz des Abbaus in Mexiko um jeden Preis mit einem Stopp durchkommen wollten. Kein Wunder also, dass ausgerechnet den Piloten dieser Teams im Rennen der Kragen platzte. "Das ist eine Schande für die Formel 1", schimpfte Kevin Magnussen, während Nico Hülkenberg von einer "Weltmeisterschaft im langsam fahren" sprach. Und Charles Leclerc wurde über 50 Mal gebeten, das Tempo wegen der Reifen zu drosseln.

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Pirelli-Manager Mario Isola wehrt sich gegen die heftige Kritik in Mexiko Zoom Download

"Pirelli hat es nicht leicht", weiß auch Liberty-Technikchef Ross Brawn. "Einerseits werden sie darum gebeten, Reifen zu liefern, die für spannende Rennen sorgen. Und der Abbau der Reifen sorgt genau dafür. Andererseits werden sie um Reifen gebeten, die es den Fahrern erlaubt, alles aus ihren Autos herauszuholen." Ein schwieriger Spagat, wie auch der Brite weiß. "Deswegen müssen wir jetzt zusammenarbeiten, denn die kommende Ära der Formel 1 sollte die Show bieten, die sich alle wünschen, darunter auch die Fahrer und Zuschauer."

Williams-Technikchef verteidigt Pirelli

Kritiker der aktuellen Reifen sind der Ansicht, dass sich wegen des Fahrens im Schongang nicht die besten Piloten durchsetzen. Ein Vorwurf, den Williams-Technikchef Paddy Lowe so nicht gelten lässt. "Am Ende entscheidet immer noch das Talent und die Fähigkeit, wie man das Auto steuert", sagt der Brite, der schon mit Piloten wie Lewis Hamilton oder Nico Rosberg zusammengearbeitet hat. "Das Auto und die Reifen sind so optimiert, dass der Fahrer, der das Können hat, den besten Weg finden wird um die beste Rundenzeit herauszufahren."

Zumal die Reifen nur in einem sehr schmalen Bereich optimal funktionieren: "Wenn man in der ersten Kurve dem Reifen zu viel abverlangt, dann bezahlt man in den restlichen Kurven den Preis. Da haben andere Reifen, die wir über die Jahre hatten, viel mehr verziehen als diese Reifen."

Lowe bricht eine Lanze für die Pirelli-Pneus: "Sie werden immer wieder kritisiert, aber ich finde, dass Pirelli viel für die Show im Qualifying und in den Rennen getan hat. Dass die Reifen so heikel sind, hat ja auch Vorteile. Sie haben in den vergangenen sechs oder sieben Jahren für einige interessante Rennen gesorgt."

Ändert Pirelli seine Philosophie?

Dennoch erwägt sogar Pirelli, von der aktuellen Philosophie abzukehren. "Wir müssen uns die Frage stellen, ob es wirklich sinnvoll ist, Reifen einzusetzen, die stark abbauen", sagt Isola. "Denn je weicher wir gehen, desto mehr werden die Fahrer das Tempo kontrollieren. Wahrscheinlich ist das der falsche Weg." Eine interessante Aussage, denn die FIA verlangt in ihrer Ausschreibung für den Vertrag als Reifenhersteller ab 2020, für den sich neben Pirelli auch Hankook bewirbt, ausdrücklich stark abbauende Reifen. Man darf gespannt sein, ob es diesbezüglich eine Änderung geben wird.

Isola hält eine Lösung für möglich: "Wir müssen einfach die Richtung ändern und einen neuen Weg finden, um die gleichen Ziele zu erreichen. Mehr ist nicht nötig. Und es ist absolut korrekt, die Fahrer in diesen Entscheidungsprozess einzubinden." Eine Strategie, auf die man seit Sebastian Vettels heftiger Kritik nach dem Reifenplatzer in Belgien vor zwei Jahren setzt - eben um die Piloten selbst in die Verantwortung zu nehmen.

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