• 20. April 2017 · 18:14 Uhr

Als Rookie Lewis Hamilton 2007 fast Weltmeister wurde ...

Lewis Hamilton und Marc Priestley erinnern sich an die legendäre Debütsaison 2007 zurück, als der damals 22-Jährige selbst die eigenen Mechaniker überraschte

(Motorsport-Total.com) - Als vor rund zehn Jahren ein junger Mann namens Lewis Hamilton in die Formel 1 kam, waren viele Fans und Experten der Königsklasse durchaus überrascht. Nun war es damals - im Gegensatz zu späteren Jahren - keine Sensation, dass der amtierende GP2-Champion in die Formel 1 aufsteigt. In den Anfangsjahren der 2005 gegründeten Serie war das sogar noch die Normalität. Dass der gerade einmal 22-jährige Hamilton aber direkt in einen McLaren gesetzt wurde, war dann schon etwas Außergewöhnliches.

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Lewis Hamilton verrät, dass er nach dem Finale 2007 "emotional geschädigt" war Zoom Download

Aus heutiger Sicht klingt das alles zugegebenermaßen wenig spektakulär. Immerhin setzte das Team aus Woking in diesem Jahr mit Stoffel Vandoorne ebenfalls einen 24-jährigen Rookie ins Auto. Doch mittlerweile leben wir in einer Zeit, in der teilweise selbst 17-Jährige in den Formel-1-Boliden sitzen. Zudem ist das McLaren von heute nicht mit dem damaligen Team zu vergleichen.

Während der Traditionsrennstall heute - bestenfalls - noch um Positionen im vorderen Mittelfeld kämpfen kann, war McLaren-Mercedes anno 2007 eine der Topadressen in der Königsklasse. Zwar lagen die glorreichen 80er- und 90er-Jahre damals auch schon etwas zurück, doch immerhin schloss das Team die Saison 2006 auf WM-Rang drei ab und wurde 2005 sogar noch Vizeweltmeister und gewann 10 der 18 Saisonrennen.

Mechaniker wollten zu Alonso

"Am Anfang waren wir verblüfft. Für ein großes Team wie McLaren, mit all der Geschichte, war es eine kleine Überraschung, dass sie einen Rookie ins Auto setzten", erinnert sich der damalige McLaren-Chefmechaniker Marc Priestley bei 'Sky Sports F1' zurück. Tatsächlich sollte die Saison 2007 ein kompletter Umbruch für das Team werden, denn mit Fernando Alonso hatte man auch einen zweiten neuen Fahrer verpflichtet.

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Zu Beginn der Saison 2007 verstanden sich Alonso und Hamilton noch blendend ... Zoom Download

Der Unterschied: Während Hamilton als kompletter Rookie kam, stieß Alonso als zweimaliger Weltmeister zum Team. Der Spanier hatte mit Renault 2006 gerade seinen zweiten Titel in Serie eingefahren. Das war logischerweise auch den Mechanikern nicht entgangen. "Wir hatten damals zwei neue Fahrer, denn auch Fernando kam neu ins Team, und keiner wollte an Lewis Auto arbeiten", berichtet Priestley.

"Die Vermutung war, dass er nicht so gut sein würde", erklärt der heute 40-jährige Ex-Chefmechaniker. Außerdem habe man Angst gehabt, dass Rookie Hamilton in seiner ersten Saison viele Unfälle produzieren würde. Dementsprechend wollten alle Mechaniker auf der Garagenseite des Weltmeisters arbeiten. "Fernando wäre die bessere Wahl gewesen. Letztendlich wurde es dann ein bisschen anders ...", lacht Priestley.

Erst GP2-Titel, dann Formel-1-Cockpit

Während Alonso schon sehr früh als McLaren-Pilot für 2007 feststand (der Spanier wurde bereits vor Beginn der Saison 2006 verpflichtet), musste Hamilton lange warten. Bei 'Sky Sports F1' erinnert sich der Brite an jenen Tag beim Saisonfinale der GP2 im September 2006 zurück: "In der Startaufstellung in Monza nahm Ron mich zur Seite und sagte mir: 'Ich werde Dir eine Chance geben.'"


Fotostrecke: Lewis Hamiltons größte Formel-1-Siege

Für Hamilton kam an jenem Wochenende eine Menge zusammen. Er sicherte sich nicht nur den Titel in der Nachwuchsserie, sondern er bekam von Ron Dennis auch die Nachricht, die sein Leben für immer verändern sollte. "Sie holten Fernando, und dann hatten sie noch einen Sitz frei. Ich weiß nicht warum, aber Norbert, Dr. Zetsche, Martin und Ron gaben alle ihr Okay", lacht Hamilton.

Gemeint sind der damalige McLaren-Boss Ron Dennis, Geschäftsführer Martin Whitmarsh sowie Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug und der Daimler-Vorstandsvorsitzende Dr. Dieter Zetsche. Ein komplett Unbekannter war Hamilton damals übrigens nicht. "Er war schon immer Teil der McLaren-Familie", verrät Marc Priestley. Tatsächlich war der damals 21-Jährige bereits seit 1998 Teil des McLaren-Juniorprogramms.

Debüt 2006 stand im Raum

Was viele nicht wissen: Um ein Haar hätte Hamilton sein Debüt in der Königsklasse bereits im Jahr 2006 gegeben. "In den letzten zwei oder drei Rennen des Jahres haben sie über mich nachgedacht", verrät Hamilton. Hintergrund: Stammpilot Juan Pablo Montoya wurde von McLaren Mitte des Jahres vor die Tür gesetzt. Das Cockpit übernahm bis zum Ende der Saison Ersatzpilot Pedro de la Rosa.

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2006 triumphierte Hamilton in der GP2 und sicherte sich so sein McLaren-Cockpit Zoom Download

Weil Hamiltons GP2-Saison aber bereits im September endete, hätte er theoretisch ohne Terminüberschneidungen an den letzten drei Rennen des Jahres teilnehmen können. "Wir saßen bei Ron zuhause zusammen, und sie kamen zu dem Entschluss, dass ich noch nicht soweit sei. Ich bin auch glücklich, dass sie mich da noch nicht reingesetzt haben", verrät Hamilton.

"Sie wollten nichts überstürzen", erklärt der heute dreimalige Weltmeister. McLaren wollte Hamilton die nötige Zeit geben, in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Der 21-Jährige sollte nicht verheizt werden und sich im Winter stattdessen in aller Ruhe auf seine erste Saison in der Königsklasse vorbereiten. Denn mit Weltmeister Fernando Alonso im gleichen Team stand dem Briten ohnehin eine Herkulesaufgabe bevor ...

Bester Rookie aller Zeiten

Am nötigen Selbstvertrauen mangelte es Hamilton übrigens schon damals nicht. "Angst" habe er vor Alonso und Co. nicht gehabt. "In der GP2 wurde ich immer selbstbewusster und dachte mir dann: 'Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese Jungs (in der Formel 1; Anm. d. Red.) schlagen kann ...'", verrät der heute 32-Jährige. Das spiegelte sich zu Beginn des Jahres 2007 auch direkt in den Ergebnissen des Rookies wieder.

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In Kanada feiert Hamilton 2007 seine erste Pole-Position und seinen ersten Sieg Zoom Download

In Melbourne führte sich Hamilton bei seinem ersten Rennen gleich mit Platz drei ein und wurde damit zum besten Debütanten seit Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve 1996 an gleicher Stelle. Teamkollege Alonso wurde zwar vor ihm Zweiter, doch beim Start zeigte Hamilton gleich einmal, dass er es mit dem Spanier aufnehmen kann. "Ich habe ihn direkt in der ersten Kurve überholt, was großartig war", lacht er.

In den ersten neun Rennen der Saison stand Hamilton immer auf dem Podium, was noch kein Rookie vor ihm geschafft hatte. In diesem Zeitraum konnte er drei Pole-Positions und zwei Siege einfahren und stand damit zur Mitte der Saison an der Spitze der Weltmeisterschaft - 12 Punkte vor Alonso und ganze 18 Zähler vor dem späteren Weltmeister Kimi Räikkönen im Ferrari.

"Anfängerfehler" kostet den Titel

Trotz des McLaren-internen Kleinkriegs mit Alonso, der im Spätherbst 2007 folgte, reiste Hamilton mit einem Vorsprung von 12 Punkten auf seinen Teamkollegen - und sogar 17 auf Räikkönen - zum vorletzten Saisonrennen in China. Der Brite, der in der ganzen Saison zuvor nur ein einziges Mal ohne Zähler geblieben war, hatte also eine mehr als realistische Chance, sich an jenem Wochenende zum ersten Rookie-Weltmeister in der Geschichte der Formel 1 zu krönen.

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China 2007: Das Bild vom gestrandeten McLaren ging um die Welt ... Zoom Download

Doch es kam bekanntlich anders. Bei schwierigen Bedingungen rutschte Hamilton 26 Runden vor Ende auf komplett abgefahrenen Intermediates ins Kiesbett, wo sein Rennen endete. Das Bild vom in der Boxeneinfahrt gestrandeten McLaren ging um die Welt. "Wir gewinnen und verlieren als Team", erklärt Hamilton diplomatisch. Er macht zum einen seine fehlende Erfahrung für den Zwischenfall verantwortlich.

"Ich war (in der Formel 1) vorher noch nie mit abgefahrenen Reifen im Regen gefahren", erklärt er. "Gleichzeitig wusste das Team aber auch, wie es um die Reifen stand. Es war fast schon ein Anfängerfehler von einem der besten Teams der Welt", kritisiert Hamilton die Entscheidung seiner Crew, ihn nicht früher an die Box zu holen. Beim Saisonfinale in Brasilien sollte er den Titel zwei Wochen später endgültig verlieren.

Erlösung folgt ein Jahr später

"Das letzte Rennen hat mich für eine lange Zeit emotional geschädigt", verrät Hamilton, der den Titel damals nur um einen Zähler verpasste. Sein persönliches Trauma konnte er aber schon ein Jahr später überwinden, als er sich an gleicher Stelle seinen ersten WM-Titel sicherte. "2008 durchlebte ich in Sao Paulo im letzten Rennen die exakt gleichen Emotionen in den letzten fünf Runden", verrät er.

"Selbst als ich die Weltmeisterschaft gewann, konnte ich es nicht genießen. Ich war emotional genauso fertig wie im Jahr davor", berichtet der damals jüngste Weltmeister aller Zeiten. "In Kurve 4 sagten sie mir am Funk, dass ich die Meisterschaft gewonnen habe. Ich weinte, weil ich dachte, dass ich verloren hatte, und ich war ziemlich verwirrt", lacht Hamilton mehr als acht Jahre später und gesteht: "Es ist definitiv kein Moment, den ich noch einmal durchleben möchte."

Missen möchte er die Erfahrungen in seiner Rookie-Saison übrigens nicht. "Ich denke, die gesamte Reise hat mich dahin gebracht, wo ich heute stehe", erklärt Hamilton philosophisch und verrät: "Ich schaue nicht gerne zurück und sage: 'Das hätte ich anders machen können ...' Aber wenn wir einen Zauberstab hätten, dann gibt es natürlich Dinge, die wir ändern würden. Ich hätte den Titel 2007 gerne gewonnen."

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