• 21. Februar 2016 · 10:47 Uhr

Mercedes-Motorchef: Effizienz und Zuverlässigkeit gesteigert

Mercedes-Motorchef Andy Cowell erklärt, wie man die Power-Unit über den Winter verbessert hat - Alle Kundenteams bekommen "exakt gleichen Antrieb"

(Motorsport-Total.com) - Mercedes hat die vergangenen beiden Weltmeisterschaften vor allem auch aufgrund eines starken Antriebs gewonnen. Chef der Power-Unit-Abteilung bei den Stuttgartern ist Andy Cowell. Im Interview spricht der Brite darüber, wie man die 32 Token in der Entwicklung eingesetzt hat, wie man mit den zwei zusätzlichen Grands Prix im Rennkalender umgeht und wie die Zusammenarbeit mit Neo-Partner Manor funktioniert.

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Motorenchef Andy Cowell schwärmt von den modernen Power-Units der Formel 1 Zoom Download


Frage: "Mercedes hat bislang die Messlatte in der Hybrid-Ära gelegt. Worauf hat sich das Team über den Winter konzentriert, um dieses Performance-Niveau zu halten?"
Andy Cowell: "Es war wie zuvor auch. Um aus dieser neuen Power-Unit-Generation mehr Performance herauszuholen, muss man die Effizienz steigern. Das gilt sowohl für die Effizienz bei der Verbrennung als auch jene auf den unterschiedlichen Schritten des Energieweges, z.B. MGU-H, MGU-K, Turbolader, Leistungselektronik und Batterien. Wir arbeiten stetig an jedem einzelnen Teil des Puzzles, um die Performance an der Kurbelwelle zu steigern und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir nicht die gleichen Zuverlässigkeit-Probleme wie im vergangenen Jahr erleben. Es geht darum, den Ursachen auf den Grund zu gehen und sicherzustellen, dass der gesamte Prozess solide ist und wir dabei so viel Performance wie möglich herausholen."


Frage: "Die Technik hinter den Antriebseinheiten wurde bislang vielleicht noch nicht so gut erklärt, wie es möglich gewesen wäre. Wie beeindruckend ist sie denn wirklich?"
Cowell: "Diese Antriebseinheiten sind absolut unglaubliche Ingenieursleistungen. Wir erreichen mittlerweile mehr als 47 Prozent thermischer Effizienz und produzieren historische Leistungswerte - und das alles mit einem Verbrennungsmotor (ICE), dessen Benzinverbrauch auf 100 kg/h beschränkt ist. Die altmodischen, konventionellen Saugmotoren erreichten während der V8-Ära 29 Prozent thermischer Effizienz. Währenddessen haben wir im Jahr 2005 das letzte Mal solche Leistungswerte in der Formel 1 gesehen - mit den V10-Triebwerken, die das Benzin mit kolossalen 194 kg/h gefressen haben. Die gleiche Leistung bei der Hälfte der Benzindurchfluss-Menge zu erzielen, ist eine ziemliche Errungenschaft."


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Frage: "Für den Winter und die Weiterentwicklung während der Saison stehen 32 Token zur Verfügung. Auf welche Gebiete haben Sie sich konzentriert?"
Cowell: "32 Token sind ziemlich viel. Somit mussten wir unsere Entwicklungsaktivitäten nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränken. Alles, was eine vernünftige Effizienz-Steigerung - und damit eine vernünftige Performance-Steigerung - mit sich bringen könnte, wurde von uns erforscht. Jetzt arbeiten wir daran, sicherzustellen, dass unser Paket in Melbourne ausreichend haltbar ist."


Frage: "Zwei zusätzliche Rennen im Kalender bedeuten eine erhöhte Anzahl an Antriebseinheiten für die anstehende Saison. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Herangehensweise?"
Cowell: "Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass eine höhere Anzahl an Antriebseinheiten ein Vorteil für die Hersteller ist, da jeder Motor weniger Rennen absolvieren muss und damit der Lebenszyklus der verschiedenen Komponenten weniger belastet wird. Aber tatsächlich blieben unsere Zuverlässigkeitsziele unverändert. Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass jede Power-Unit mindestens fünf Rennen hält. Dies bedeutet, dass wir theoretisch nur vier Power-Units pro Fahrer im Verlauf der Saison nutzen müssen. Wir glauben, dass uns dies eine gute Gelegenheit gibt, um zu reagieren, sollten wir Zuverlässigkeitsprobleme haben - oder um die möglichen zusätzlichen Power Units bei Schlüsselrennen zur Performance-Verbesserung einzusetzen."


Frage: "Die Weiterentwicklung während der Saison 2015 wurde erst spät erlaubt. So konnte HPP einige Entwicklungen für 2016 bereits in einem Experimentalmotor testen, der in Monza eingeführt wurde. Welchen Vorteil haben dadurch die Teams, die 2016 auf die Mercedes-Antriebseinheit setzen?"
Cowell: "Das Update, das wir im vergangenen Jahr in Monza eingeführt haben, hat der Fabrik in Brixworth viel abverlangt und wir konnten zu diesem Zeitpunkt nur das Werksteam damit ausstatten. Jetzt zahlt es sich jedoch für jedes Team mit Mercedes-Power aus, da wir während der Entwicklungsarbeiten im Herbst und Winter darauf aufbauen konnten. Nun erhalten alle unsere Kunden ein verbessertes Paket, das exakt dieselbe Spezifikation wie die des Werksteams beinhaltet. In Melbourne werden alle acht Autos mit Mercedes-Power exakt die gleiche Hardware und das exakt gleiche Performance-Potenzial besitzen. Das ist ein guter Schritt für alle."

Cowell: 2016 werden Autos wieder lauter

Frage: "Das Benzin und die Schmierstoffe waren ein zentraler Bestandteil bei diesen Entwicklungsschritten. Aber wie entscheidend ist deren Rolle dabei, um noch mehr Performance aus der Antriebseinheit herauszuholen?"
Cowell: "Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Power-Unit war in den vergangenen beiden Jahren sehr beeindruckend. Viele Leute dachten, dass es nicht viele Möglichkeiten geben würde, um die Dinge voranzubringen. Aber dem war nicht so. Es gab deutliche neue Fortschritte und das Benzin sowie die Schmierstoffe waren eines der Gebiete, auf die wir uns am meisten konzentriert haben."

"Unser Update zur Saisonmitte 2015 beinhaltete einen beträchtlichen Schritt von Petronas mit Blick auf die Performance des Benzins. Im Verlauf des Jahres führten wir zudem ein neues Schmiermittel ein. Zudem erzielten wir weitere Fortschritte beim Design des Verbrennungssystems und verbesserten die Eigenschaften der Schmiermittel, um die Reibung im Motor zu verringern."


Frage: "Seit die neue Motoren-Formel 2014 eingeführt wurde, war der Sound ein heiß diskutiertes Thema. Was ändert sich 2016, um die Lautstärke zu erhöhen und wirkt sich dies auf die Performance aus?"
Cowell: "Uns war seit dem Beginn der Hybrid-Ära 2014 bewusst, dass die Lautstärke für die Zuschauer auf den Tribünen sowie jene zuhause vor dem Fernseher abgenommen hat. Das liegt an der Natur von Turbo-Motoren und dem Recycling von verlorener Energie im Auspuffsystem. Die FIA strengte deswegen eine interessante und gründliche Untersuchung an, um die Lautstärke im Auspuffrohr zu analysieren und Wege zu finden, um diese zu erhöhen, ohne die Performance oder die Effizienz zu beeinflussen."

Manor als Kunde: Klein, aber effizient und pragmatisch

"Sie fanden heraus, dass das Waste-Gate im Auspuffendrohr mündete. Damit entstand eine Sackgasse, wenn das Waste-Gate nicht geöffnet war. Dadurch wurde es zu einem verzweigtem Resonator - oder effektiv einem Schalldämpfer - am Auspuff. Dieses Design wurde nun entfernt, sodass wir ein schönes, sauberes Rohr ohne schalldämpfende Punkte erhalten haben. Das sollte die Lautstärke der Power-Unit erhöhen."


Frage: "In der Saison 2016 gibt es ein neues Gesicht unter den Mercedes-Formel 1-Kunden - Manor Racing. Wie hat sich die Beziehung bislang entwickelt?"
Cowell: "Manor Racing ist ein neues Kundenteam für uns in diesem Jahr. Sie sind ein kleines Team, aber sie sind sehr effizient und besitzen einen pragmatischen Ansatz. Wir haben eine sehr detaillierte Anleitung mit Instruktionen zum Einbau der Antriebseinheit, wie man sie am besten einsetzt und was andererseits nicht empfohlen wird. Wir haben also eng mit dem Team zusammengearbeitet, um eine nahtlose Integration sicherzustellen. Es war großartig, mit ihnen zusammenzuarbeiten und wir freuen uns darauf, ihre Fortschritte während der Wintertests und im Verlauf der Saison zu verfolgen."

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