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Funkeinschränkungen: Viel Gebrüll um wenig Veränderung
Piloten und Ingenieure sind sich einig: Dass mehr Verantwortung ins Cockpit wandert, stellt die Formel 1 nicht auf den Kopf: "Dann eben instinktiv"
(Motorsport-Total.com) - Die im Laufe der vergangenen Monate durchgesetzten Einschränkungen des Funkverkehrs in der Formel 1 haben für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Der geht Ingenieuren nun aus, da sie keine Fahranweisungen mehr geben oder sonst etwas sagen dürfen, was als leistungssteigernder Tipp ausgelegt werden könnte. Geändert haben die neuen Bestimmungen an der Königsklasse kaum etwas. Stellvertretend für viele weitere Piloten stellt Fernando Alonso fest: "Es macht keinen großen Unterschied."
Der Ex-Weltmeister fühlt sich nicht als Passagier. Im Gegenteil: Er schätzt es, mehr Kontrolle über den Boliden zu besitzen und selbst Hand anlegen zu müssen, wenn es hakt. "Wir sind uns noch immer komplett darüber bewusst, was im Auto geschieht und was die beste Lösung für spezielle Probleme im Rennen ist. Kommt sie nicht über Funk, dann instinktiv", weiß Alonso und spricht trotz erhöhter Aufmerksamkeit von "keiner großen Veränderung". Das liegt offenbar nicht an seiner Routine.
Der 18-jährige Max Verstappen ist unbeeindruckt. "Wenn die Reifen nachlassen, muss einem der Ingenieur das nicht erzählen. Das lernt man in jungen Jahren", gibt sich der Toro-Rosso-Youngster unbekümmert. Auch, dass die Kupplung auf dem Weg in die Startaufstellung nicht mehr mit der Unterstützung des Kommandostandes eingestellt werden darf, lässt die Piloten kalt. "Die Regeln sind streng", räumt Valtteri Bottas ein. "Aber mir macht es nichts aus, wenn ich am Start in Frieden gelassen werde."
Der Finne findet: "Der Fahrer trägt mehr Verantwortung, aber das ist gut." Alonso bezeichnet die exponiertere Rolle des Mannes am Volant als "erwünscht" und fügt augenzwinkernd an: "Man fühlt sich etwas wichtiger." Auch auf der anderen Seite der Leitung gibt es wenig Anpassungsprobleme. Giampaolo Dall'ara, Chefingenieur bei Sauber, bilanziert: "Es verändert unsere Arbeitsweise ein wenig - so, dass der Fahrer mehr in die Probleme einbezogen wird." Die Welt stellt das aber nicht auf den Kopf.
Fotostrecke: Top 10: Funksprüche in der Formel 1
Zugegeben, Fernando Alonsos Team-Funk-Ausbrüche beim Grand Prix von Japan waren für die McLaren-Honda-Beteiligten bestimmt alles andere als lustig. Für die Zuschauer hatte es aber auch Unterhaltungswert, als der Spanier schimpfte: "Ich werde auf der Geraden wie ein GP2-Auto überholt! Das ist peinlich, sehr peinlich" Es war auch nicht das erste Mal in dieser Saison, dass den TV-Zuschauer Funk-Leckerbissen des zweimaligen Weltmeisters präsentiert wurden. Beim Rennen in Kanada schimpfte er nach der Aufforderung, Sprit zu sparen: "Ich will nicht! Ich hab schon jetzt genug Probleme und wirke wie ein Amateur." Und während des Trainings in Barcelona mochte er dem Team nicht ganz glauben, als dieses ihm mitteilte, es gäbe laut den Daten kein Problem mit dem ERS: "Vielleicht habt ihr einen Virus in eurem Computer, denn hier lädt sich nichts auf." Über die Jahre der öffentlichen Funk-Übertragungen haben sich derweil schon einige Komödianten gezeigt... Fotostrecke
Mehr Arbeit bedeutet die Regelnovelle höchstens für FIA-Rennleiter Charlie Whiting und seine Kollegen, die Nachfragen der Teams beantworten müssen - was denn nun über den Äther laufen darf und was nicht. Mercedes-Technikchef Paddy Lowe beschreibt das neue Prozedere, das während der Sessions unter den Ingenieuren zu beobachten ist: "Wir zensieren uns im Funk selbst. Die Jungs fragen oft: 'Kann ich die sagen? Kann ich jenes sagen?' Aber daran gewöhnt man sich."
Eine einschneidende Veränderung der Formel 1 sieht Ferrari-Amtskollege James Allison nicht. Vielmehr verpuffe der Effekt mit der Zeit: "In den kommenden sechs Monaten, vielleicht sogar früher, wird es sich anfühlen wie zuvor", betont der Brite, kann sich aber vorstellen, dass sich der eine oder andere Schnitzer aufgrund knapperer Informationen doch noch einschleicht: "Vielleicht gibt es aber in der Übergangsphase einige Fehler und damit einige interessante Zwischenfälle", glaubt Allison.