Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Norris' Kritiker
Lando Norris hat die WM-Führung zurückerobert und seinen Aufwärtstrend mit dem souveränen Sieg in Mexiko gekrönt: Damit widerlegt er vor allem seine Kritiker
(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,
ich gebe es gerne zu: Ich hatte Lando Norris schon vor geraumer Zeit abgeschrieben im Titelkampf der Formel-1-Saison 2025 - nicht schnell genug, nicht konstant genug, zu viele Fehler. Doch in den vergangenen Wochen hat er mich und all seine Kritiker eines Besseren belehrt: Norris ist wieder da - und besser denn je.
Und jetzt, wo er wieder die Fahrerwertung anführt, da frage ich mich: Wer soll ihn eigentlich noch stoppen?
Mexiko war wirklich eine "Machtdemonstration"
Denn Sky-Experte Timo Glock hat schon recht, wenn er sagt: Der souveräne Sieg beim Grand Prix von Mexiko-Stadt 2025 sei eine "Machtdemonstration" von Norris gewesen. Das ist wahrscheinlich sogar noch untertrieben.
Nur, um das kurz einzuordnen: Norris hat ab Samstag sowas von dominiert und am Sonntag im Rennen den größten Vorsprung seit über zwei Jahren ins Ziel gebracht. So lange ist es her, dass zuletzt jemand mit über 30 Sekunden Abstand auf den Zweitplatzierten gewonnen hat. Es war beim Grand Prix von Ungarn 2023, und der Sieger hieß damals Max Verstappen - der später Weltmeister wurde.
Aber keine Sorge: Ich mache meine WM-Prognose natürlich nicht an einem einzigen Rennergebnis fest. Wohl aber daran, wie sich die aktuelle Situation im Titelkampf darstellt.
Die aktuelle Situation im Titelkampf
Und da muss man festhalten: Es kommt nicht von ungefähr, dass Norris jetzt vorne ist in der Formel-1-Fahrerwertung, denn in fünf der vergangenen sieben Rennen hat er teils deutlich besser abgeschnitten als sein McLaren-Teamkollege Oscar Piastri. Piastri wiederum war zuletzt in Zandvoort vor Norris - also vor einer halben Ewigkeit nach Formel-1-Maßstäben.
Mein Kollege Oleg Karpow hat es bereits vor einigen Tagen in seinem Kommentar geschildert: Vielleicht hat gerade der Ausfall in Zandvoort so etwas wie eine "Jetzt-erst-recht-Mentalität" bei Norris ausgelöst. Er wirkt seither jedenfalls deutlich fokussierter, und er fährt auch besser - viel besser als Piastri, der ihn bis dahin locker im Griff zu haben schien.
Parallel dazu hat Piastri sein "Mojo" verloren. Vor allem der "Doppel-Crash" in Baku und der Speedverlust in Austin und Mexiko-Stadt haben ihre Spuren hinterlassen beim Selbstvertrauen des bisherigen Tabellenführers. So ratlos hat man Piastri bislang nicht erlebt. Wo Norris scheinbar mit Leichtigkeit die Leistung aus dem McLaren MCL39 herausholt, da kommt Piastri nicht mehr auf Touren.
Und dann ist da auch noch Max Verstappen, der in den vergangenen Wochen so sehr im Fokus stand, weil er seit Zandvoort eine irre Serie hingelegt und unglaublich aufgeholt hat: In sieben Rennen siegte Verstappen viermal, wurde zweimal Zweiter und einmal Dritter - was für eine Formkurve im Vergleich zum mauen Sommer bei Red Bull! Und doch bleibt er der Außenseiter im WM-Kampf, zumal nach einem zähen Wochenende in Mexiko.
Norris ist auf einmal WM-Favorit
Damit hat Norris alle Trümpfe in der Hand. Er sagt zwar, er glaube nicht an das "Momentum", diesen positiven Schwung. Aber er erlebt gerade genau das: Es läuft, scheinbar mit spielerischer Leichtigkeit. Er muss nur rausfahren auf die Strecke und die Rundenzeiten kommen - ganz einfach. Das macht etwas mit einem Fahrer - es macht Norris auf einmal zum Titelfavoriten.
Er selbst sagte nach dem Rennen in Mexiko: "Ein tolles Wochenende allein bedeutet gar nichts. Zwei, drei oder vier in Folge - das ist etwas anderes. Daran würde ich gerne anknüpfen, aber ich muss vor allem weiter konzentriert bleiben."
Ob ihm das nach dem "besten Wochenende in diesem Jahr" gelingt? Vieles spricht dafür: seine aktuelle Form, die Schwächephase bei Piastri und der Punktevorsprung auf Verstappen. Damit hat Norris zwar noch nicht die Hand am Pokal, aber ein Ausrufezeichen gesetzt: Mit ihm ist in diesem Titelkampf wieder zu rechnen - und das wird seinen Kritikern gar nicht gefallen.
Selbst die Buhrufe können ihm nichts anhaben
Selbst die Buhrufe in Mexiko sind an Norris abgeprallt. Er schwieg kurz, als das Pfeifkonzert einsetzte. Dann sagte er: "Ein Wochenende nach dem anderen. Ich bin zufrieden. Ich konzentriere mich auf mich selbst und ignoriere all das. Denn im Moment funktioniert es." Womit viele nicht gerechnet hatten. Da schließe ich mich ausdrücklich mit ein.
Ich schätze, das bedeutet auch für mich eine eher unruhige Nacht - aber wenn uns das ein famoses Finish in diesem Formel-1-Titelkampf beschert, dann habe ich mich gerne geirrt!
Euer
Stefan Ehlen
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