• 19. Juni 2023 · 02:02 Uhr

Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Alexander Albon

Warum Williams-Fahrer Alexander Albon stolz sein kann auf seine Leistung beim Kanada-Grand-Prix und warum das eine Signalwirkung für das Team hat

(Motorsport-Total.com) - Wer mit einem der schlechtesten Autos im Feld in die Punkte fährt, der hat nicht so viel falsch gemacht. Im Gegenteil: Die Leistung von Alexander Albon im Williams FW45 beim Kanada-Grand-Prix 2023 war aller Ehren wert. Und deshalb, liebe Leser, ist Albon auch das Thema dieser Montagskolumne.

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Williams-Fahrer Alexander Albon beim Kanada-Grand-Prix 2023 Zoom Download

Aber lasst uns zum Einstieg erst einmal darauf zu sprechen kommen, in welcher Ausgangslage sich Albon und Williams vor dem Wochenende befunden haben:

Albon hatte gleich beim Auftakt in Bahrain den bis dahin einzigen WM-Punkt in diesem Jahr erzielt. Teamchef James Vowles sprach zuletzt von gewaltigen Defiziten bei der Infrastruktur in Grove. Und Performance-Leiter Dave Robson erblasste regelrecht beim Anblick des Red-Bull-Unterbodens in Monaco.

Oder um es kurz zu machen: Williams hat Probleme, sehr große sogar.

Das gewaltige Kanada-Update von Williams

Um sich auf sportlicher Seite zu steigern, hat das Traditionsteam einen Kraftakt vollbracht und den FW45 für Kanada fast vollständig umgebaut: Veränderte Seitenkasten-Öffnungen, neuer Unterboden, modifizierte Motorhaube, andere Hinterrad-Aufhängung, verbesserte Winglets.

Aber: Die Kapazitäten reichten nur für ein Update-Paket, und das bekam Albon. Dessen in der Formel 1 noch unerfahrener Teamkollege Logan Sargeant muss weiter mit der vorherigen Spezifikation auskommen, was angesichts der für ihn unbekannten Strecke in Montreal aber nicht mal ein Nachteil war, sondern ein Vorteil. So hatte Sargeant zumindest eine bekannte Größe bei seinem Einsatz in Kanada.


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Der Hauptgrund für die Update-Vergabe an Albon aber dürfte gewesen sein: Er ist die klare Nummer eins im Team, meist deutlich schneller als Sargeant. Oder in Zahlen ausgedrückt: Im Qualifying-Vergleich steht es für Albon gegen Sargeant 8:0, im Rennen 6:2. Und die zwei Niederlagen setzte es, weil Albon in den beiden Fällen nicht ins Ziel kam. Eine ganz klare Sache also.

Wie gut ist eigentlich Alexander Albon?

Man kann sich natürlich die Frage stellen, wie gut Albon eigentlich ist im Vergleich zu den Verstappens, Hamiltons und Alonsos im Feld. Und ich sage ganz offen: Für einen kommenden Weltmeister halte ich Albon nicht, aber für einen passablen Mittelfeld-Fahrer, der es an guten Tagen versteht, ein bisschen über sich hinauszuwachsen.

Wie passend daher, dass das Williams-Update in Montreal mit Mischwetter zusammenfiel und Albon ebenfalls voll da war: P6 im ersten Qualifying-Abschnitt auf feuchter Strecke und dann sogar P1 in Q2 auf abtrocknender Fahrbahn, weil er als Erster den Mut hatte, auf Slicks zu wechseln.

Und: Albon hat es dann perfekt umgesetzt. Das muss man erst mal so hinkriegen. Noch dazu, wo einiges auf dem Spiel stand für Williams: Denn hätte Albon sein Auto weggeschmissen, wären die neuen Teile futsch gewesen und der ganze technische Aufwand erst mal für die Katz'. Das Risiko in seinem Fall war hoch. Auch mit dem damit verbundenen Druck muss man klarkommen.

Ein fehlerfreies Rennen von Albon im Williams

Das Rennen hat Albon ebenfalls blitzsauber bestritten: P9 am Start, P7 im Ziel. Plätze gewonnen, Punkte geholt. Da gibt es nicht viel zu meckern. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass über die Distanz mit Red Bull, Aston Martin, Mercedes und Ferrari eigentlich die Top-8-Plätze fix vergeben sein müssten. Aber: Fehler haben andere gemacht, George Russell zum Beispiel.

Albon hingegen hat sich, unter Druck seiner Verfolger, sehr gut geschlagen. Man muss bedenken: Er fuhr 49 von 70 Rennrunden mit einem direkten Gegner hinter sich in DRS-Reichweite. Und sofern es Angriffe gab, hat sie Albon alle abgewehrt.

Hier hat ihm eine positive Eigenschaft des Williams FW45 geholfen: Das Auto ist pfeilschnell auf den Geraden. Der beste Topspeed im Rennen? Albon mit 343 km/h. Kein Wunder also, dass Esteban Ocon im Alpine da gar kein Land sah: Seine Höchstgeschwindigkeit betrug nur 324,5 km/h, womit er der zweitschwächste Fahrer war im Feld.

Ein Ergebnis, das Williams Rückenwind verleiht

Es ist also nicht alles schlecht bei Williams. Aber dank Albon und dessen couragierten Fahrten in Kanada ist jetzt auch ein bisschen "gut" dabei: Williams hat die "rote Laterne" in der Konstrukteurswertung an AlphaTauri weitergereicht und liegt nur zwei Punkte hinter P7 zurück. Das ist unheimlich wichtig, denn hier geht es um richtig viel Geld, und das kann Williams gut gebrauchen.

Was aber vielleicht noch viel wichtiger ist: Das Team kann sich auf die Fahnen schreiben, seine Chance genutzt zu haben. Denn unter normalen Umständen ist, siehe oben, ein solches Ergebnis nicht drin. Wenn alle alles richtig machen, dürfte Williams eigentlich keine Punkte holen im Rennen. Das ist der Standardfall. Umso schöner muss sich dieses Ergebnis anfühlen für Albon, den von den Fans gewählten "Fahrer des Tages".

Und deshalb glaube ich: Auch in dem Wissen, dass es solche Sternstunden wie an diesem Wochenende nicht jedes Mal geben wird für ihn und Williams, dürfte Alexander Albon nach diesem Grand Prix besonders gut geschlafen haben.

Einverstanden? Widerspruch? Lasst uns reden!

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Und wer nach dem Rennen in Kanada gar nicht gut geschlafen hat? Das erfahrt ihr wie immer in der Schwesterkolumne von Chefredakteur Christian Nimmervoll.

Euer Stefan Ehlen

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