Monza-Streit beigelegt? So sieht McLaren die Stallorder jetzt
Nach der Stallorder in Monza geben sich Lando Norris und Oscar Piastri versöhnlich, doch die Diskussion über McLarens geheime Papaya-Regeln hält an
(Motorsport-Total.com) - Die McLaren-Stallregie in Monza zugunsten von Lando Norris sorgt rund zwei Wochen später noch immer für Wirbel im Formel-1-Fahrerlager. Selbst WM-Spitzenreiter Oscar Piastri räumt ein, "darüber nachgedacht" zu haben. Kein Wunder: Der angeordnete Platztausch kostete ihn wichtige Punkte im Titelduell gegen seinen Teamkollegen Norris (hier den aktuellen WM-Zwischenstand abrufen!).

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McLaren-Fahrer Lando Norris vor seinem Teamkollegen Oscar Piastri in Monza 2025 Zoom Download
Doch die Stimmung bei McLaren ist weiterhin gut, versichert Piastri: "Wir haben gute Gespräche mit dem Team geführt. Es war ein viel diskutierter Moment, aber wir haben vieles geklärt und wissen jetzt, wie wir künftig Rennen fahren wollen. Das ist das Wichtigste."
So sieht es auch Norris. Er spricht von "einigen Dingen, die wir klarstellen mussten. Das haben wir getan. Und danach haben wir beide die Entscheidung akzeptiert. Darauf haben wir uns als Team geeinigt."
Es sei alles ohnehin "weniger dramatisch, als viele denken", behauptet Norris. "Das war eines der ersten Male seit langer Zeit, dass etwas passiert ist. Es war sehr ähnlich zu Ungarn 2024. Abgesehen davon gab es kaum Situationen, in denen das Team eingreifen musste."
Gibt es jetzt neue McLaren-Spielregeln?
Aber bleiben die "Papaya-Regeln" unverändert oder hat McLaren nach Monza neue Spielregeln ausgegeben? Dazu will sich Piastri nicht weiter äußern. Er sagt nur: "Vieles davon bleibt intern, weil wir sonst sehr leicht angreifbar wären, wenn jeder wüsste, was wir tun. Aber wir sind uns alle einig, und das bleibt innerhalb des Teams."
Deshalb will Piastri im Mediengespräch "nicht jedes [denkbare] Szenario durchgehen", sondern nur über den konkreten Vorfall in Monza sprechen. "Dort gab es neben dem langsamen Boxenstopp [bei Norris] noch einen weiteren Faktor: die Reihenfolge, in der wir gestoppt haben. Das war mitentscheidend für den Platztausch, aber den Kontext hatte ich im Auto nicht", erklärt Piastri.
Norris äußert sich ähnlich. Er habe zum Beispiel "nichts über den Undercut von Leclerc gewusst", und das habe "eine Rolle gespielt" bei der Entscheidung des Teams. "Es ging also nicht nur um den Boxenstopp", sagt Norris. Und McLaren habe auch nur versucht, "es fair zu halten zwischen uns".
Wie es jetzt weitergeht für Norris und Piastri
Aber was heißt das konkret für das weitere Vorgehen des Teams? Laut Norris dürfen er und Piastri "zu 99 Prozent frei fahren".
"Natürlich hat das, was in Monza passiert ist, die Außenwahrnehmung verzerrt. Genau das war auch der Fall: Sobald die Positionen wiederhergestellt waren, konnte Oscar völlig frei gegen mich fahren. Er hatte sogar den Vorteil, direkt an meinem Heck zu starten und mich zu attackieren - also hat er insgesamt sogar gewonnen."
"Abgesehen von dieser einen Runde im Boxenstopp-Fenster sind wir aber immer frei gefahren. So war es schon immer, und so wird es auch bleiben", erklärt Norris.
Was, wenn es zu einer Wiederholung käme?
Auch, wenn sich eine Situation wie in Monza wiederholen würde? Müsste Piastri dann erneut seinen Teamkollegen Norris vorbeilassen?
Piastri sagt: "Wenn es exakt dieselbe Situation wäre, dann würde ich erwarten, dass es wieder so gehandhabt wird. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass sich exakt dieselbe Situation wiederholt, ist nahezu null. Jede Situation sieht anders aus. Eins zu eins wiederholt wird das so nicht vorkommen."
Warum Piastri die Monza-Situation abgehakt hat
Deshalb will sich Piastri eigentlich nicht weiter mit den Ereignissen in Monza befassen. "Das Wichtigste war aus meiner Sicht, dass ich dort den dritten Platz verdient hatte - nicht den zweiten. Ich war zwar zeitweise schnell, aber nicht über das komplette Wochenende hinweg."
Darüber habe er sich nach Monza intensiv mit seinem Manager Mark Webber ausgetauscht - und nicht so sehr über den Stallorder-Vorfall. "Wir haben mit ihm und dem Team alles besprochen, und wir sind uns einig, wie es weitergeht", sagt Piastri.
Wie die McLaren-Fahrer mit der Kritik am Team umgehen
Die Kritik von außen lasse ihn kalt. Denn in dieser Situation hätte es aus seiner Sicht "kein richtig oder falsch" gegeben, meint Piastri. "Hätten wir es anders gemacht, hätte die andere Hälfte der Fans gemeckert. Daher überrascht mich die Kritik nicht. Es war ein auffälliger Moment im Rennen, und viele Fans reagieren schnell, sobald etwas kontrovers wirkt."
Für Norris ist das ein Ausdruck des Zeitgeistes: "Die Leute wollen heutzutage vor allem negativ sein und schlecht über andere reden. Deshalb überrascht mich das gar nicht. Schlagzeilen braucht es ja auch - die Leute müssen etwas lesen. Aber das betrifft uns als Team nicht. Wir machen trotzdem unser Ding, egal ob andere zustimmen oder nicht. Das ist nicht unser Problem."
"Wir wollen, dass es fair und gleichberechtigt für uns beide ist. Alles andere können die Leute kommentieren, wie sie wollen", sagt Norris.
Piastri sieht es ebenfalls entspannt - und fühlt sich trotz der Papaya-Regeln "frei genug, mein eigenes Schicksal in der Meisterschaft zu bestimmen", so der WM-Spitzenreiter. "Was passiert ist, ist passiert, und ich freue mich darauf, hier wieder zu fahren."
Ob Piastri es aber ebenfalls so locker gesehen hätte, wenn es um den Sieg gegangen wäre? "Das war ja nicht der Fall", antwortet er auf die Frage. "Wir waren nicht mit einem solchen Szenario konfrontiert."
"Wäre es schwieriger gewesen? Wahrscheinlich, ja. Aber ob das Ergebnis anders ausgefallen wäre, weiß ich nicht. Und ich plane nicht, mich in diese Lage zu bringen."