Lewis Hamilton scheitert erneut in Q1 und zweifelt an Tracklimit-Strafe
Lewis Hamilton erlebt in Spa ein bitteres Wochenende: Wieder Aus in Q1, Frust über Tracklimits und kaum Zuversicht für das Rennen - Ferrari ringt mit neuem Paket
(Motorsport-Total.com) - Erneutes Q1-Aus für Lewis Hamilton: Der Ferrari-Pilot scheidet im Qualifying zum Großen Preis von Belgien bereits als 16. in Q1 aus - und damit bereits zum zweiten Mal nach seinem SQ1-Aus am Freitag. Eine wegen Tracklimits gestrichene Runde bringt das Fass zum Überlaufen.

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Lewis Hamilton wirkt nach dem Qualifying von Belgien einmal mehr ratlos Zoom Download
"Ich stimme dem nicht zu", sagt Hamilton, als er auf seine gestrichene Zeit angesprochen wird. "Aber ich bin raus." Der Satz steht exemplarisch für das ganze Wochenende: viel Aufwand, wenig Ertrag - und ein Fahrer, der mit sich und dem Material ringt.
Dabei hatte Hamilton eine ordentliche Runde hingelegt. Doch in Kurve vier war er offenbar minimal zu weit draußen - die Rennleitung strich die Zeit, der Brite wurde nur 16. Für das Rennen am Sonntag bedeutet das erneut: Start von weit hinten.
Hamilton entschuldigt sich - mit Einschränkung
Trotz aller Frustration zeigte sich Hamilton nach außen zunächst selbstkritisch: "Ich muss mich beim Team entschuldigen. Es ist einfach inakzeptabel, beide Male in Q1 rauszufliegen. Eine sehr, sehr schlechte Leistung von mir."
Aber: Auf Nachfrage, ob er wirklich mit allen vier Rädern außerhalb der Strecke war, antwortet er knapp: "Ich stimme dem nicht zu." Und erklärt: "Jeder nimmt diesen Randstein mit. Vielleicht war es mein weitester Versuch bisher, aber nicht extrem. Ich fahre die Linie so schon das ganze Wochenende."
Bereits am Freitag hatte es in SQ2 McLaren-Pilot Oscar Piastri in der Raidillon-Kurve erwischt. Dem Australier wurde an gleicher Stelle die Rundenzeit gestrichen und schaffte mit Platz zehn gerade so den Einzug in das finale SQ3. Hamilton hatte etwas weniger Glück und sagt auf die Frage, ob er die Entscheidung mit den Stewards noch diskutieren werde: "Ja."
Ferrari mit Update - aber keine Wirkung bei Hamilton
Doch auch ohne das Vergehen überwiegt der Frust beim Briten. Ferrari hatte für Spa ein Update an der Hinterradaufhängung mitgebracht, zudem setzt das Team auf ein Set-up mit wenig Abtrieb, um auf den langen Geraden der Ardennen-Strecke konkurrenzfähig zu sein. Teamkollege Charles Leclerc konnte davon zumindest teilweise profitieren - er wurde Dritter hinter den beiden McLaren.
Hamilton hingegen kämpfte das ganze Wochenende mit dem Auto - schon im Sprintrennen war er nach dem Aus im SQ1 nur 15. geworden und steckte trotz Low-Downforce-Set-up im DRS-Zug fest. "Wir haben Veränderungen am Set-up vorgenommen, aber das Auto fühlte sich nicht wirklich besser an", so Hamilton.
"Nicht schlecht, aber einfach nicht konkurrenzfähig." Der Hauptlimitierungsfaktor sei dabei "wahrscheinlich das Heck", das ihm wenig Vertrauen beim Anbremsen gebe.
Neue Komponenten - Missverständnisse um Aufhängung?
Ein zusätzliches Gesprächsthema war ein neuer Fahrzeugteil, den Hamilton erstmals in Spa nutzte - ein Bauteil, das Charles Leclerc laut Hamilton bereits in Kanada verwendet habe. Nach eigenen Aussagen führte das Element zu unerwartetem Verhalten beim Bremsen - insbesondere zu einem Dreher im Sprint-Qualifying.
Ferrari-Markenbotschafter Marc Gene widerspricht gegenüber Sky: "Die neue Aufhängung wurde zum ersten Mal hier eingesetzt, auch beim Filmtag in Mugello. In Kanada hatte Charles sie definitiv nicht." Gene vermutet, dass es sich bei Hamiltons Aussage eher um ein anderes Set-up-Element gehandelt haben könnte - etwa eine Geometrieänderung.
Sky-Experte Nico Rosberg kommentiert: "Es kann auch sein, dass Lewis sich einfach eine Ausrede zurechtlegt. Charles hatte das Problem, jetzt hat er es - passt ins Bild." Doch Gene winkt ab: "Lewis ist sehr sensibel, was die Instabilität angeht. Charles kann damit besser umgehen. Aber wir wissen, dass wir da noch nachbessern müssen."
Und auch Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur meint nach dem Qualifying: "Für mich war es heute keine Frage der Performance. Die Leistung war auf beiden Seiten der Garage gleich - es lag nur an den Tracklimits."
Keine Set-up-Änderung möglich - Regen keine Rettung?
Auf die Frage, ob er angesichts der Wetterprognose für Sonntag über einen Set-up-Wechsel nachdenken würde, erklärt Hamilton: "Ich kann nichts tun. Ich kann das Auto nicht mehr verändern." Zwar könne Ferrari die Parc-Ferme-Regeln brechen, aber dann müsste Hamilton aus der Box starten.
Der Ferrari sei auf niedrigen Abtrieb abgestimmt - gut für trockene Bedingungen mit langen Geraden, aber nicht ideal für den vorhergesagten Regen, der mehr mechanischen Grip und Stabilität in den Kurven verlangt. "Wir versuchen, das Beste mit dem zu machen, was wir haben", so Hamilton. "Aber das wird ein schwieriges Rennen."
Besonders kritisch: Hamilton droht erneut in einem DRS-Zug festzustecken - wie bereits im Sprintrennen am Samstag. Und zum möglichen Regen passt nicht nur das Set-up, sondern auch der Ferrari allgemein nicht. Bereits in Silverstone hat sich gezeigt, dass der SF-25 auf nasser Strecke an Boden verlieren zu scheint.
Ferrari: Ziel bleibt Platz zwei - aber Hamilton fehlt der Rhythmus
Trotz aller Probleme: Ferrari liegt aktuell auf Rang zwei in der Konstrukteurswertung - und will diesen verteidigen. Gene: "Platz zwei ist für Ferrari nie genug. Aber wir müssen realistisch bleiben. Red Bull ist derzeit noch zu stark, und McLaren ist im Moment die klare Nummer zwei beim Speed."
Was Hamilton betrifft, zeigt Gene Verständnis: "Lewis hat noch nicht das volle Vertrauen ins Auto. In Silverstone war es bislang sein bestes Wochenende, da war er auf Augenhöhe mit Charles. Aber er braucht ein Auto, das er vom ersten Moment an spürt - das haben wir ihm noch nicht geben können."