• 26. Juli 2025 · 22:30 Uhr

Erklärt: Warum in Spa kaum noch überholt wird

Die DRS-Zone zu kurz, die Set-ups entscheidend und moderne Aerodynamik wirkt wie eine Bremse: In Spa wird das Überholen zum Problem

(Motorsport-Total.com) - Spa-Francorchamps galt jahrelang als Überholstrecke schlechthin - lange Vollgaspassagen, DRS-Zonen und Windschattenduelle inklusive. Doch der Sprint am Samstag war ernüchternd: Nach einigen Überholmanövern in Runde eins blieb es für den Rest des Rennens ziemlich still.

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An Max Verstappen gab es im Belgien-Sprint kein Weg vorbei Zoom Download

"Heute war es sehr schwierig, zu überholen", sagt Lando Norris. "Wenn das morgen trocken bleibt, könnten wir Ähnliches sehen." Williams-Pilot Alexander Albon spricht von einem DRS-Problem: "Die Zone ist einfach zu kurz. Das war letztes Jahr schon ein Thema - sie haben sie nicht angepasst. Also sieht man auch keine Duelle in Kurve fünf."

Schaut man sich die Statistik an, so gibt es in Belgien durchschnittlich 38,5 Überholmanöver pro Rennen seit 1984. Damit liegt man knapp unter dem 2025er-Streckenschnitt von 39,2 Überholmanövern. Besonders in den letzten Jahren ist die Anzahl der Überholmanöver deutlich zurückgegangen, aber warum?

Wie es zur Sprint-Prozession kam

Dass im Sprint am Samstag kaum überholt werden konnte, liegt ein bisschen in der Natur der Sache. 19 der 20 Fahrer starteten auf den Medium-Reifen, somit gab es praktisch keine Reifendeltas, die sich im Hauptrennen am Sonntag auf natürliche Weise durch verschiedene Strategien ergeben werden.

Hinzu kommt die Set-up-Herangehensweise der Teams. An der Spitze des Feldes lag Max Verstappen mit seinem Low-Downforce-Set-up, was ihn auf den Geraden unglaublich schnell machte. Obwohl McLaren-Pilot Oscar Piastri teilweise nur einen Rückstand von vier Zehnteln nach Kurve eins hatte, konnte der Australier trotz des langen Vollgasanteils Richtung Kurve fünf nie eine Attacke setzen.

Das gleiche Bild hat sich im Mittelfeld gezeigt, was von den Haas-Piloten angeführt wurde, die ebenfalls pfeilschnell auf den Geraden waren. Esteban Ocon und Oliver Bearman waren praktisch unmöglich zu überholen, aber auch nicht schnell genug, um davon zu ziehen. Somit bildete sich ein DRS-Zug bis ans Ende des Feldes. Und da nahezu jeder Fahrer DRS hatte, gab es keinen Vorteil auf den Geraden zum Vordermann.

Grundlegende Faktoren verschärfen Überholproblematik

Doch es gibt auch fundamentale Faktoren, die eine Rolle spielen. Da viele Teams bereits mit einem kleinen Heckflügel fahren, ist der DRS-Effekt nicht so groß wie üblich. Zudem ist die Anbremszone in Kurve fünf wahrscheinlich nicht lang genug und späte Attacken auf der Bremse sind praktisch nicht möglich.

Des Weiteren sind die Formel-1-Teams in ihrer Performance so nah beisammen wie noch nie in der Geschichte des Sports, doch man benötigt ein Überholdelta, um vorbeizukommen. Lando Norris erklärt: "Je näher die Teams zusammenrücken, desto schwieriger wird das Racing. Es macht das Qualifying spannender, aber im Rennen kommt man kaum vorbei."

Die Länge der Strecke gibt den Rest. Am Sonntag wird es nur 44 Runden geben und damit nur 44 Chancen, um in Kurve fünf zu überholen. Im Gegensatz dazu: An Mexikos bester Überholstelle in Kurve eins kommt man 71 Mal im Grand Prix vorbei.

Rennen: Führt Leclerc nach der ersten Runde?

Aufgrund der Schwierigkeit des Überholens verweist McLaren-Teamchef Andrea Stella auf die enorme Bedeutung der ersten Runde: "In Spa hast du nach Kurve eins über 18 Sekunden Vollgas. Da ist der Fahrer vorne komplett exponiert."


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Besonders die Startphase wird dadurch entscheidend. Doch danach sei es - wie der Sprint zeige - kaum noch möglich, Boden gutzumachen. Und das könnte am Rennsonntag ebenfalls eine Rolle spielen, da McLaren erneut ein Set-up mit relativ viel Abtrieb gewählt hat, während Ferrari-Pilot Charles Leclerc an Startplatz drei ähnlich wie Verstappen im Sprint mit dem Low-Downforce-Set-up unterwegs ist.

Auch bei McLaren ist man sich daher bewusst, dass nach Runde eins ein rotes Auto den Belgien-Grand-Prix anführen könnte: "Leclerc hat einen klaren Topspeed-Vorteil", weiß auch Stella. "Wenn es trocken ist, würde es mich nicht überraschen, wenn er nach Runde eins führt."

Auch innerhalb des Teams wird diskutiert, wer in Eau Rouge vorne fährt - und wer vom Windschatten profitiert. Klar ist: Bei McLaren gibt es keine Teamorder für diese Phase. "Beide Fahrer werden das auf der Strecke klären", so Stella. "Wichtig ist nur: Bloß kein Risiko - unser Auto ist stark genug, um später zurückzuschlagen."

Warum eine Wiederholung des Sprintrennens unwahrscheinlich ist

Wer jetzt aufgrund der Ausgangslage aber glaubt, dass Charles Leclerc gute Karten auf den Rennsieg haben könnte, dürfte am Sonntag wahrscheinlich aber enttäuscht werden. Da es einen Pflichtboxenstopp bei trockenen Bedingungen gibt, werden sich im zweiten Stint Reifendeltas durch verschiedene Strategien ergeben.

Gut möglich, dass der erste Stint erneut zur Prozession wie das Sprintrennen wird, doch mit frühen Undercuts und späten Overcuts sollte sich das Feld im zweiten Teil des Rennens entzerren. Und egal, ob McLaren einen Under- oder Overcut gegen Leclerc macht, zu einem Zeitpunkt des Rennens wird man freie Fahrt haben und den Pace-Vorteil des Autos nutzen können. Angesichts der gezeigten Sprint-Pace mit einem Defizit von 0,5 Sekunden pro Runde dürfte Ferrari chancenlos bleiben.

Was passiert, wenn der Regen kommt?

Der mögliche Gamechanger: Regen. Sollte das Wetter am Sonntag umschlagen, könnten sich die Verhältnisse verschieben. Eau Rouge wäre dann nicht mehr Vollgas, der DRS-Effekt fällt weg - und Rutschmomente oder mutige Strategieentscheidungen könnten wieder zu echten Verschiebungen führen.

Stella: "Wenn's nass wird, wird's interessant. Dann wird auch Eau Rouge zur Herausforderung - und die erste Runde viel unberechenbarer." Teams, die sich für mehr Abtrieb entschieden haben wie McLaren oder Red Bull sollten im Vorteil sein, während Teams wie Ferrari und Mercedes sprichwörtlich baden gehen könnten.

Doch selbst in diesem Fall bleibt der generelle Trend spürbar: Spa ist trotz all seiner Hochgeschwindigkeits-Abschnitte längst kein Überhol-Paradies mehr. Wer Plätze gutmachen will, braucht nicht nur Topspeed - sondern vor allem: Pace-Delta, strategische Präzision und einen guten Start.

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