• 21. Oktober 2022 · 15:09 Uhr

Suzuka-Vorfälle: Klärendes Gespräch mit Fahrern angesetzt

Im Rahmen der Fahrerbesprechung in Austin soll es nach den Vorfällen von Suzuka zu einer Aussprache zwischen Rennleitung und Formel-1-Fahrern kommen

(Motorsport-Total.com) - Knapp zwei Wochen sind vergangen seit den Vorfällen beim Japan-Grand-Prix in Suzuka, als ein Bergefahrzeug im Regen auf die Strecke fuhr, obwohl dort noch Rennautos unterwegs waren. Alpine-Fahrer Fernando Alonso etwa spricht von "Glück", dass es nicht zu einer folgenschweren Kollision gekommen ist. Und auch die anderen Formel-1-Fahrer meinen: Dergleichen darf sich nicht wiederholen.

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Sportwartin mit roter Flagge bei einem Formel-1-Rennen 2022 Zoom Download

"Ich denke, wir haben unsere Position gegenüber dem Weltverband deutlich gemacht", sagt etwa Ferrari-Fahrer Charles Leclerc. "2014 hat Jules [Bianchi] bei einem ähnlichen Zwischenfall sein Leben verloren. So etwas darf sich nicht mehr wiederholen. Ich glaube, das hat man verstanden."

Solche Äußerungen waren seit dem Suzuka-Rennen fast unisono aus dem Fahrerlager zu vernehmen. Laut Mercedes-Fahrer George Russell, einem der Direktoren der Formel-1-Fahrergewerkschaft (GPDA), hätten er und mehrere Kollegen deshalb auch das Gespräch mit FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem gesucht.

Diskussion in der Fahrerbesprechung in Austin angesetzt

Im nächsten Schritt soll die Situation bei der Fahrerbesprechung vor dem USA-Grand-Prix in Austin am Freitag nochmals erörtert werden, unter Anwesenheit der beiden Formel-1-Rennleiter Eduardo Freitas und Niels Wittich. "Dann erfahren wir, wie sich die Sache aus der Sicht der Rennleitung darstellt", sagt Russell.

Er fügt hinzu: "Ich glaube, wir sind uns alle einig darin, dass das absolut nicht das richtige Vorgehen war. In ein solches Szenario sollte man niemals kommen."

Russell plädiert aber dafür, nicht nur die speziellen Vorfälle in Suzuka zu beleuchten, sondern generell zu hinterfragen, wie das Vorgehen bei Zwischenfällen auf der Strecke künftig aussehen sollte. Konkret: "Ob wir es überhaupt jemals tolerieren können, dass sich ein Kranfahrzeug auf der Strecke befindet. Und wenn ja, unter welchen Umständen."

Russells Vorschlag: Bergefahrzeuge nur noch auf Geraden

Der Formel-1-Fahrer stellt zum Beispiel in den Raum, solche Bergefahrzeuge könnten in der Zukunft nur noch auf Geradeauspassagen eingreifen dürfen, "und ohne Zickzackfahren unsererseits, vielleicht mit einem Speedlimit im betreffenden Minisektor", meint Russell. "Vielleicht braucht es auch Funksprüche, die uns davor warnen."

In jedem Fall müssten Fahrer und Rennleitung hier zusammenarbeiten, "um eine bessere Lösung zu finden", so Russell. "Denn man hat uns mehr Transparenz versprochen. Das ist wichtig für das weitere Wachstum der Formel 1. Und deshalb arbeiten wir auf mehr Transparenz hin."

Vettel neugierig auf Rechtfertigung der Rennleiter

Aston-Martin-Fahrer Sebastian Vettel erwartet im ersten Schritt jedoch vor allem eine Erklärung seitens der FIA-Rennleiter, was die Aufarbeitung der Suzuka-Szenen bislang ergeben habe.

"Das waren mit Sicherheit keine tollen Umstände", sagt Vettel. "Und wir fahren so schnell wie möglich, da passieren Zwischenfälle. Im Idealfall gibt es keinen Unfall, aber es liegt in der Natur der Sache, dass es manchmal zu Unfällen kommt. Dann müssen wir alles daransetzen, die Risiken zu minimieren."

Auch er verweist auf die Tragödie um Bianchi beim Japan-Grand-Prix 2014 und meint: "Rückblickend denken wir alle: Der Traktor hatte da nichts zu suchen. Jules wäre dann nicht gestorben."

Anderes Vorgehen bei Schlechtwetter erforderlich

Deshalb sagt Vettel: Bei Schlechtwetter "müssen wir einfach etwas anders vorgehen als im Trockenen. Ich glaube, wir müssen uns generell darauf verständigen, das Rennen anzuhalten, bevor Sportwarte und Fahrzeuge auf die Strecke gehen. Da muss das Rennen vorher mit roten Flaggen unterbrochen werden."

Doch wie hätte Vettel anstelle der Rennleitung konkret in Suzuka gehandelt? Antwort: "Die Bedingungen waren schlecht, die Sicht war mies, ein Auto hatte einen Unfall und kam halb auf die Strecke zurück, ein anderes Auto hat die Werbebande mitgenommen. Ich denke, rote Flagge und direkt in die Box, bevor irgendjemand rausgeschickt wird, ob Sportwart oder Traktor."

Allerdings gibt Vettel zu bedenken, er sei kein FIA-Rennleiter und er könne nur "aus meiner Sicht" sprechen. "Ich weiß nicht, welche Informationen der Rennleiter in dieser Situation hat."

Fehlende Cockpitperspektive macht Einschätzung schwierig

Laut Alonso fehlt den Verantwortlichen ganz konkret die Cockpitperspektive: "Die Sicht sieht im Fernsehen ganz anders aus. Man kann schwer beschreiben, wie wenig man aus dem Auto wirklich sieht."

Aus diesem Grund spricht sich Alonso für ein anderes Vorgehen bei Schlechtwetter-Rennen aus, ähnlich wie schon zuvor der frühere Formel-1-Fahrer Alexander Wurz, der spezielle Informationsrunden für das komplette Feld vorgeschlagen hat, nicht nur einzelne Sichtungsrunden für das Safety-Car.

Letzteres habe erhebliche Einschränkungen, betont Alonso: "Wenn das Safety-Car auf der Strecke ist, um die Bedingungen zu prüfen, dann sieht die Gischt gut aus. Aber bevor man nicht mit normalem Tempo eine Runde gefahren ist, weiß man nicht, wie die Bedingungen tatsächlich sind. Das merkt man erst unter Grün."


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"Es ist also schwierig zu sagen, ob eine Strecke bereit ist oder nicht. Das wissen wir Fahrer nicht, das weiß die FIA nicht. Wir müssen also einen Weg finden, ein paar Runden zu fahren und die Bedingungen zu prüfen, ohne dass wir gleich unter Grün fahren", meint Alonso.

Fahrerkritik an zu starren Abläufen in der Formel 1

Dessen spanischer Landsmann Carlos Sainz glaubt, im Zweifel ist der Weltverband bei seinen Entscheidungen "lieber auf der zu sicheren als auf der zu riskanten Seite. Es liegt schließlich in seiner Verantwortung, die Show sicher zu gestalten", so Sainz.

Was er der FIA aber ankreidet, sind die starren Abläufe vor Ort. Konkret: ein 40-minütiger Vorlauf vor dem Start zum Rennen. Damit könne man kaum auf eine dynamische Wetterlage reagieren, sagt Sainz. "Das verlangsamt alles." In Suzuka zum Beispiel habe die Situation bereits Intermediates zugelassen, als die Formel 1 endlich losgefahren sei. Man habe zu träge reagiert.

Formel-1-Fahrer kritisieren Pirelli-Reifen

Überhaupt ist auch die Reifenfrage ein bestimmendes Thema in der aktuellen Diskussion rund um die Suzuka-Vorfälle. Laut Vettel nämlich gibt es hinter dem Safety-Car einerseits "ein Limit, wie schnell wir fahren dürfen", so erklärt er.

"Aber: Wir werden auch gezwungen, so schnell wie erlaubt zu fahren, um die Reifen im idealen Arbeitsfenster zu halten. Das ist ein Problem, schon bei grüner Flagge. Es sollte für uns keinen Anreiz geben, unter diesen Bedingungen zu pushen, wenn es eine gelbe Flagge oder ein Safety-Car gibt, damit wir die Reifentemperatur halten."

Das will Vettel als Appell an Formel-1-Lieferant Pirelli verstanden wissen. Er sagt: "Wir brauchen Reifen, die sich unter diesen Bedingungen schneller erhitzen. Zudem waren wir [in der Startphase] alle auf Intermediates, was wir nicht hätten sein sollen. Aber wir wissen, warum wir auf Intermediates waren", meint Vettel - es ist die von Sainz skizzierte Problematik.

Für Vettel steht daher an erster Stelle, die komplexe Situation ganzheitlich zu betrachten. Nach dem Motto: "Es gibt viele Dinge zu verstehen und mit einzuberechnen." Denn Vorkommnisse wie beim Japan-Grand-Prix 2022 müssten "in Zukunft um jeden Preis vermieden werden".

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