• 07. Juni 2017 · 09:06 Uhr

Rennvorschau Montreal: Mercedes schiebt Favoritenrolle weg

Aufgrund seiner Vielseitigkeit geht Ferrari als leichter Favorit nach Kanada: Mercedes hat nicht nur gute Erinnerungen - Welche Rolle spielt der Hamilton-Faktor?

(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff musste es in den Tagen vor dem Großen Preis von Kanada zugeben: "Es schmerzt, aber wir sind in diesem Jahr nicht die Favoriten in der Weltmeisterschaft", so der Österreicher. Er schiebt Konkurrent Ferrari die Favoritenrolle zu, nachdem Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen vor gut zwei Wochen in Monaco einen souveränen Doppelerfolg feiern konnten.

In Kanada ist die Lage aber wieder vollkommen anders. Statt von einer langsamen, engen Kurve zur anderen zu gondeln, stehen auf der Ile de Notre-Dame schnelle Schikanen und eine mächtig lange Gerade auf dem Programm - hier ist Motorenleistung gefragt. Das ist im Normalfall das große Faustpfand von Mercedes, die die vergangenen beiden Rennen in Montreal für sich entscheiden konnten.

Doch natürlich sollte auch Ferrari wieder ein Wort um den Sieg mitsprechen können. Der rote Bolide hat keine spezielle Schwachstelle und funktioniert auf allen Kursen sehr gut. Das zeigt sich allein daran, dass WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel in allen bisherigen Saisonrennen unter die Top 2 fahren konnte. Das sollte auch am kommenden Wochenende wieder das Minimalziel des Heppenheimers sein.


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25 Zähler Vorsprung hat der Deutsche bereits vor seinem ärgsten WM-Rivalen Lewis Hamilton. Dieser landete in Monaco nur auf einem enttäuschenden siebten Rang und will den Schaden auf seiner Paradestrecke wieder gutmachen: "Wir müssen hart arbeiten, denn ich will mich nicht in der gleichen Lage wiederfinden. Noch so ein Rennen, und wir liegen noch viel weiter zurück", fordert der Brite eine Rückkehr zu alter Stärke.

Mercedes-Fahrern liegt die Strecke

An den Fahrern sollte es im silbernen Lager diesmal nicht liegen, denn sowohl Hamilton wie auch Valtteri Bottas gelten als ausgemachte Montreal-Spezialisten. 2007 holte Hamilton an Ort und Stelle seinen ersten Formel-1-Sieg, vier weitere ließ er in der Zwischenzeit folgen - unter anderem 2015 und 2016. Bottas' Stern ging 2013 auf, als er seinen damals unterlegenen Williams im Qualifying sensationell auf Startplatz drei stellte. Er stand schon zweimal auf dem Podium hier.

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2007 gewann Hamilton in Kanada sein erstes Formel-1-Rennen Zoom Download

Bei den Ferrari-Piloten ist die Bilanz hingegen (für ihre Verhältnisse) nicht herausragend: Vettel (2013) und Räikkönen (2005) gewannen in ihren langen Karrieren lediglich je einmal und blicken sonst auf eher durchwachsene Ergebnisse zurück. 2017 haben sie allerdings ein Auto unter dem Hintern, das sie wieder zum Erfolg führen kann.

Für Experte Martin Brundle ist klar, dass Ferrari die Oberhand hat, weil Mercedes von ungeahnten Problemen begleitet wird. "Es fehlt ihnen einfach das schiere Tempo, das Ferrari an den Tag legt", analysiert er. "Als Mercedes Anfang der Hybrid-Ära eine Sekunde auf die Konkurrenz in der Tasche hatte, da konnten sie mehr oder weniger tun, was sie wollten. Sie waren auf jeder beliebigen Strategie schnell, auch Handling-Mängel wirkten sich nicht aus, während das heute alles eine Auswirkung hat. Und jetzt kriegt es Ferrari hin."

Blick auf Bremsen und Reifen

Probleme kann man sich auf dem Circuit Gilles Villeneuve jedoch nicht erlauben. Für Fahrer und Maschine ist der Kurs ziemlich anspruchsvoll, und nur wer problemfrei über die 70 Runden kommt, hat eine Chance auf den Sieg. Das ist Mercedes etwa 2014 nicht gelungen. Beide Silberpfeile bekamen Schwierigkeiten mit den Bremsen und mussten Daniel Ricciardo (Red Bull) seinen ersten Sieg feiern lassen.

Neben den Bremsen stehen vor allem die Reifen wieder im Blickpunkt. Wie in Monaco bringt Pirelli die drei weichsten Mischungen Soft, Supersoft und Ultrasoft mit an die Strecke, die kaum Reifenabbau verursacht. Daher haben sich alle Teams ausreichend mit den lila-umrandeten Ultrasofts eingedeckt, die das bestimmende Bild am Sonntag abgeben sollten.

Für ein wenig Kopfzerbrechen sorgt das bei Mercedes, die mit den gleichen Pneus in Monaco keinen Stich gegen Ferrari sahen. "Ich bin hier normalerweise sehr gut, aber die Reifensache ist eine ziemliche Unbekannte. Und beim nächsten Rennen haben wir die gleichen Reifen", grübelt Hamilton, während Motorsportchef Wolff auch seine Sorgen hat: "Montreal ist auch eine Strecke, auf der wir in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme hatten, den Vorderreifen im Fenster zu haben", so der Österreicher.

Red Bull in Lauerstellung

Schwächelt eines der beiden Topteams, könnte dahinter Red Bull parat stehen, um (wie schon öfters in dieser Saison) zu profitieren. Zwar ist sich Ex-Pilot Mark Webber sicher, dass die Bullen schon mit einem halben Auge auf 2018 schielen, dennoch sind Daniel Ricciardo und Max Verstappen heiß auf einen Podestplatz. Ricciardo, der eben 2014 hier seinen ersten Sieg holen konnte, stand zuletzt zweimal in Folge auf dem Podium, und wie Verstappen kam auch er in dieser Saison nie schlechter als auf Rang fünf ins Ziel.

Die Lücke zu den weiteren Verfolgern sollte aber groß genug sein, dass Red Bull nicht in Gefahr gerät, seinen Platz zu verlieren, auch wenn sich Teams wie Williams größere Chancen als zuletzt in den Straßen von Monte Carlo ausrechnen. Williams kann seinen Mercedes-Motorenvorteil auf der Powerstrecke eher ausspielen und baut auf seine gute Bilanz auf der Strecke. Hinter Ferrari und McLaren ist man das dritterfolgreichste Team in Kanada - auch wenn der letzte Sieg bereits 16 Jahre zurückliegt.

Doch auch die jüngste Vergangenheit war recht erfolgreich: In den vergangenen beiden Jahren kam man jeweils auf das Podest. Fahrerisch hat das Team allerdings abgebaut. Statt des erfolgreichen Bottas will nun Lance Stroll versuchen, überhaupt seine ersten Punkte in der Formel 1 zu holen - auf der trickreichen Strecke von Kanada ist das allerdings nicht leicht, zumal der Druck beim Heimrennen besonders hoch sein dürfte.

"Wall of Champions" entschärft

Zumindest hat man in diesem Jahr eine potenzielle Gefahrenstelle entschärft. Die berühmte "Wall of Champions", in der 1999 drei Weltmeister innerhalb kürzester Zeit ihr Rennen beendeten, wurde aus Sicherheitsgründen umgebaut. Die Unfallgefahr soll an dieser Stelle nun nicht mehr so hoch sein, was einigen vermeintlichen Crashpiloten entgegenkommen könnte.

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An der Wall of Champions zerschellten schon viele Formel-1-Träume Zoom Download

Spannend dürfte dafür der Kampf um die hinteren Punkteränge werden. Fast alle Teams sehen in Montreal Chancen auf Punkte: Force India, die in Monaco erstmals in dieser Saison ohne Zähler blieben, will wieder in die Erfolgsspur zurück und baut auf den Faktor Mercedes-Motor, Renault möchte mit frischen Teilen wieder angreifen, Toro Rosso auf dem Erfolg von Monaco (6. Rang durch Carlos Sainz) aufbauen und Sauber sein Update-Paket nach Monaco endlich richtig verstehen.

Die beiden Sorgenkinder könnten am Wochenende dafür Haas und McLaren heißen. Haas hat schon die gesamte Saison über mit Problemen an der Bremse zu kämpfen, was sich in Kanada besonders schlimm auswirken kann, und McLaren dürfte anders als in Monaco wieder mit dem Honda-Defizit kämpfen. Zwar hat man nun wieder Fernando Alonso im Auto, der sich darauf freut, endlich auch wieder Rechtskurven fahren zu dürfen, doch ob die geplante Verbesserung des Motors kommt, wird erst in dieser Woche entschieden.

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