• 28. September 2016 · 08:01 Uhr

Mögliche Nachfolger sagen ab: Was kommt nach Bernie?

Alejandro Agag und Toto Wolff sehen sich nicht als neue Formel-1-Chefs, Zak Brown womöglich schon - Ecclestone reagiert verschnupft auf Interview-Fragen

(Motorsport-Total.com) - Es ist selten, dass sich Mercedes, Red Bull und auch noch ein kleines Team bei einer Frage einig sind, aber die Nachfolge von Bernie Ecclestone in der Formel 1 scheinen die meisten ganz ähnlich zu sehen. "Gott sei Dank bleibt Bernie für eine ordentliche Übergangszeit. Das ist das Wichtigste", sagt zum Beispiel Niki Lauda über den Königsklassen-Einstieg von Liberty Media mit dem neuen Formel-1-Vorsitzenden Chase Carey, der ab sofort praktisch Ecclestones Vorgesetzter ist.

"Es ist entscheidend, dass Bernie in dieser Phase dabei bleibt", findet auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Er hat all diese Deals ausgehandelt. Der Grund, warum wir hier sind, ist Bernie. All dieses Wissen über diese Deals, deren ganze Geschichte, das ist alles in Bernies Kopf. Daher ist eine Kooperation zwischen Bernie und den neuen Eigentümern unabdingbar. Und das wird auch so passieren."

Und sogar Monisha Kaltenborn, die die letztendlich von Ecclestone designte Einnahmenverteilung in der Formel 1 gemeinsam mit Force India bei der EU-Wettbewerbskommission angezeigt hat, findet am Ende der Ära Ecclestone versöhnliche Worte: "Man sollte Bernie nicht zu kritisch sehen. Das, was wir heute sind, das Wachstum, das wir haben, und der Wert, den die Formel 1 hat, ist basierend auf seinem System. Das hatte auch seine guten Seiten."

Ecclestone hatte schon immer einen Chef

Liberty Media entspricht dem Wunsch der Teams und hat sich mit dem 85-Jährigen darauf geeinigt, dass er für eine Übergangsphase von drei Jahren operativer Geschäftsführer der Formel 1 bleiben soll. Als solcher berichtet Ecclestone an Carey. Einen Vorsitzenden als Vorgesetzten vor der Nase hatte er auch früher schon, nämlich Peter Brabeck-Letmathe. Der interpretierte seine Funktion aber ziemlich passiv und ließ Ecclestone tun und lassen, was er wollte. Das ist jetzt anders.

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Toto Wolff sagt, er hat an Bernie Ecclestones Job kein Interesse Zoom Download

"Die Schwierigkeit wird sein: Wie kann er mit den Neuen zusammenarbeiten? Ich glaube, es ist in seinem Alter nicht mehr so einfach, plötzlich einen Partner oder gar einen Vorgesetzten zu haben", befürchtet Kaltenborn. Und der ehemalige FIA-Präsident Max Mosley glaubt sogar, dass sein langjähriger Geschäftspartner und Freund ("Wir sind die Mafia!") quasi über Nacht kündigen würde, sollte er auf die Zusammenarbeit mit den neuen Eigentümern keine Lust verspüren.

"Max kennt mich ziemlich gut", deutet Ecclestone im Interview mit 'Sky Sports F1' an, dass er jederzeit gehen könnte. "Gott sei Dank brauche ich momentan das Geld nicht unbedingt, ich brauche nicht unbedingt einen Job. Sollten die Dinge nicht so laufen, wie ich sie für richtig halte, dann werde ich sicher verschwinden." Etwas, was sich Fernando Alonso nicht ausmalen möchte: "Bernie ist die Formel 1. Es fällt mir schwer, mir die Formel 1 ohne ihn vorzustellen."

Schnippisches Interview mit Martin Brundle

Aber auch wenn die Worte, die Ecclestone über die Lippen kommen, gelesen recht versöhnlich und harmonisch klingen - der Tonfall seiner Antworten lässt die Interpretation zu, dass er in seinem Leben schon mal glücklicher war. Ecclestone war immer sein eigener Boss, und selbst als in Wahrheit CVC Capital Partners alle Fäden in der Hand hielt, war der wahre Chef der Formel 1 nicht CVC-Manager Donald Mackenzie, sondern er.

So kann es sich Ecclestone jetzt nicht verkneifen, da und dort gezielte Sticheleien zu setzen. Für Carey sei die Situation beispielsweise "schwierig, weil er ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen wurde". Und die Frage, wie er damit umgehen wird, jetzt nicht mehr alles selbst bestimmen zu können, beantwortet er schnippisch mit: "So wird es ja vielleicht nicht sein." Oder: "Das einzige, was ich wirklich tun muss, ist sterben und meine Steuern zahlen. Sonst nichts."

Chase Carey ist der neue starke Mann der Formel 1

Selbst wenn Ecclestone Carey lobt, klingt das ein wenig verschnupft - fast so, als hätten bisher nur Dilettanten in der Formel 1 das Sagen gehabt: "Es wird kein Problem mit Chase geben, wir werden zusammenarbeiten. Er hat halt Erfahrung, die ich nicht habe", sagt der 85-Jährige. "Und wir müssen nach Amerika. Er kennt sich in Amerika aus, er kennt das Fernsehen, er kann uns helfen. Ich bin mir sicher, dass es genau so kommen wird."

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Chase Carey und Donald Mackenzie am Rande des Grand Prix von Singapur Zoom Download

Wenn man Ecclestone drauf anspricht, dass es von vielen als ungewöhnlich empfunden wurde, dass Carey in Singapur nicht von ihm selbst, sondern von Mackenzie durch den Paddock geführt und den wichtigsten Personen vorgestellt wurde, entgegnet er nur: "Weil Donald sonst nichts zu tun hat. Genau deswegen ist er hier." Er selbst hingegen sei weiterhin die Anlaufstelle für alle, die irgendetwas brauchen - und das sind an so einem Rennwochenende eine Menge Leute.

Die Liste der möglichen Ecclestone-Nachfolger wird indes immer kürzer. Für Mercedes-Sportchef Toto Wolff zum Beispiel, der aufgrund seiner Finanzmarkt-Erfahrung von vielen als möglicher Formel-1-Manager gesehen wurde, ist die Rolle als Geschäftsführer der Königsklasse "überhaupt kein Thema. Ich bin bei Mercedes und bin happy", sagt er ab. Ecclestones Trauzeuge Horner wurde eine Zeit lang in diesem Kontext genannt, wird es jetzt aber nicht mehr.

Agag: Formel E ist das Allerwichtigste

Hoch gehandelt wurde zuletzt Formel-E-Chef Alejandro Agag. Der hat Erfahrung als Promoter einer weltweit fahrenden Rennserie, dealt mit großen Herstellern wie Audi, Renault oder Jaguar, war früher einmal Teamchef eines GP2-Rennstalls und hat als Schwiegersohn des ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Jose Maria Aznar einst auch in der EU-Politik Karriere gemacht. Ein vielseitiger Mann also, auf Du und Du mit den einflussreichsten Menschen im Motorsport.

So gehörte ihm früher der Londoner Fußballklub Queens Park Rangers. Seine Partner dort: Bernie Ecclestone und Flavio Briatore. Letzterer, so heißt es, ist heute noch eng mit Agag verbunden - was nicht alle gut finden, schließlich hat Briatore spätestens durch den "Crashgate"-Skandal einen schweren Imageschaden erlitten. Als Saubermann galt der Weltmeister-Macher von Schumacher und Alonso in Branchenkreisen ohnehin nie, seit "Crashgate" weiß das aber auch die Öffentlichkeit.

Agag wäre noch aus einem anderen Grund ein naheliegender Kandidat, denn Liberty ist nicht nur in der Formel 1 engagiert, sondern schon seit März 2015 auch als Teilhaber der Formel E. Man kennt Agag, man ist mit seiner Arbeit zufrieden. Aber der Spanier will seinen derzeitigen Job nicht aufgeben: "Es hat überhaupt keine Kontakte gegeben", dementiert er die Formel-1-Gerüchte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur 'Reuters'.

Marketingmanager dementiert bisher nicht

"Mein Interesse gilt der Formel E. Dort haben wir noch so viel zu tun, und das finde ich wirklich aufregend", sagt Agag. "Ich kann mir nicht vorstellen, ohne Formel E woanders hinzugehen. Wo immer ich hingehe, muss die Formel E mitkommen. Die Formel E ist wie mein Baby." Aber dafür könnte es Lösungen geben. Wer sagt zum Beispiel, dass die Formel E nicht eines Tages im Rahmenprogramm der Formel 1 fahren wird?

Nur einen gibt es, der Gerüchte über einen neuen Job in der Formel 1 bisher mit keinem Wort dementiert hat: der Marketingmanager Zak Brown. Der ist gerade als Geschäftsführer der von ihm gegründeten CSM Sport & Entertainment zurückgetreten und könnte einer von mehreren neuen Mitarbeitern sein, die in Zukunft Carey zuarbeiten sollen. Dann müsste er aus Gründen der Unabhängigkeit wohl sein Mandat als Aufsichtsrat eines Motorsport-Internetportals zurücklegen.

Die Teams blicken der neuen Ära in der Formel 1 jedenfalls aufgeschlossen entgegen. "Chase Carey hat unheimlich viel Erfahrung mit den Medien, im TV-Geschäft. Ich bin schon sehr gespannt darauf, was seine Vision für die Zukunft der Formel 1 ist. Es gibt Gründe, optimistisch zu sein", meint Red-Bull-Teamchef Horner. Und Kaltenborn ergänzt, dass unter Ecclestone dann doch "nicht alles gut" war. "Sonst hätten wir die Probleme nicht..."

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