Piastri über Dschidda-Start: Wäre gegen jeden anderen als Max auch so gefahren
Oscar Piastri führt die WM an - nicht zuletzt wegen seiner ausgefahrenen Ellenbogen zuletzt beim Start in Dschidda. Warum das für ihn jedoch ganz normales Fahren war:
(Motorsport-Total.com) - Sein hartes Dagegenhalten gegen Max Verstappen am Start in Kurve eins, brachte Oscar Piastri nicht nur den Sieg beim Großen Preis von Saudi-Arabien, sondern auch den Respekt des ein oder anderen Experten im Fahrerlager ein: Endlich mal einer, der dem knallharten Niederländer auf der Strecke Paroli bietet, so der Tenor nach dem Rennen in Dschidda.
In Miami gibt Piastri selbst am Donnerstag aber zu Protokoll, dass seine Fahrweise mit Verstappen im Speziellen wenig zu tun gehabt habe: "Für mich persönlich hatte ich nicht das Gefühl, etwas beweisen zu müssen. So fahre ich einfach - unabhängig davon, wer neben mir ist", sagt der McLaren-Pilot.
"Ich war stolz darauf, auf der Strecke geblieben zu sein, das Auto abgefangen zu haben - den Angriff zwar nicht durchgezogen zu haben, aber mich in eine Position gebracht zu haben, um das Rennen zu gewinnen. Das war für mich das Entscheidende", so Piastri, der explizit in Bezug auf Verstappen jedoch nicht glaubt, "dass das so viel bedeutet".
"Erwarte nicht, dass Max mich anders behandeln wird"
"Wenn die Autos vertauscht gewesen wären, hätte es wahrscheinlich genau gleich ausgesehen. Ich erwarte nicht, dass Max mich aufgrund des letzten Wochenendes anders behandeln wird. Ich weiß immer, dass es ein harter Kampf wird mit ihm - er lotet die Grenzen aus, genau wie wir alle. Aber dafür sind wir hier", erklärt der Australier.
Dass es im Nachgang des heißen Duells so viel Wirbel um die Szene und Verstappens Strafe gab, war für ihn indes weniger verwunderlich: "Ich war nicht allzu überrascht, dass das so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat - es ging schließlich um die Führung in Kurve eins, und letztlich hat diese Szene wohl den Ausgang des Rennens entschieden. Insofern war die Aufregung nicht unerwartet."
Für Piastri ist aber klar: "Ich denke, die Entscheidung der Rennkommissare war korrekt. Ich kenne die Regeln und Richtlinien, aber auch wenn man das einmal außen vor lässt: Angesichts meiner Position, wie ich schon nach dem Rennen gesagt habe: Ich war weit genug neben ihm in der Kurve, sodass es für mich in dem Moment meine Kurve war. Ich hatte ab diesem Punkt nicht mehr vor, zurückzustecken."
"In solchen Situationen versucht man immer, die Kurve für sich zu beanspruchen", erklärt der 24-Jährige: "Vielleicht denken einige Fahrer dann bewusst an die Richtlinien, aber letztlich ist das oft instinktiv und geprägt davon, wie man das Racing von klein auf gelernt hat. Ich bin immer hart, aber fair gefahren - und ich erwarte das auch von anderen."
Wobei Piastri zu bedenken gibt: "Ich glaube, viele in der Startaufstellung haben ja eine ähnliche Vergangenheit. Natürlich interpretiert es jeder ein bisschen anders, aber in dem Moment selbst geht es meist um Instinkt - und darum, sich nicht überholen zu lassen." Sich nicht mehr überholen zu lassen, das würde Piastri gerne auch in der WM-Wertung durchziehen, dann wäre er schließlich Weltmeister...
Doch für derlei Gedanken sei es "noch viel zu früh", winkt der WM-Führende vor dem sechsten Rennen des Jahres ab: "Derzeit ist es einfach aufregend, Rennen zu gewinnen. Die Führung in der Meisterschaft ist schön, aber wie ich nach Saudi-Arabien schon gesagt habe: Ich bin deutlich stolzer auf die Arbeit und die Gründe hinter der Führung als nur auf die Tatsache selbst, dass ich führe."
Piastri: "Das ist, was mir am meisten Freude bereitet"
Dabei gibt er zu bedenken: "Gerade weil Melbourne in Sachen Punkte nicht besonders gut lief - obwohl die Ausführung eigentlich sehr ordentlich war - so bin ich doch mit diesem Defizit gestartet, das ich nun aber aufholen konnte. Das ist im Moment das, was mir am meisten Freude bereitet: Die Art und Weise, wie wir an der Spitze stehen."
Piastri lobt in diesem Atemzug auch sein Team: "Ich denke, wir haben bislang einfach durchwegs solide Arbeit geleistet. Die drei Siege, die ich bisher einfahren konnte, sahen alle ein wenig unterschiedlich aus. In Bahrain war es ein sehr starkes Wochenende, in China war es ähnlich. In Saudi-Arabien hingegen war es mit der Konkurrenz deutlich enger."
In Dschidda habe man definitiv nicht "das ganze Wochenende über alles unter Kontrolle" gehabt, aber: "Ich habe das Rennen gewonnen, weil ich in anderen Bereichen stark war. Natürlich würde ich lieber nicht jede Woche auf solche Faktoren angewiesen sein, aber ich bin stolz darauf, dass ich verschiedene Werkzeuge zur Verfügung habe, um Rennen zu gewinnen", sagt Piastri.
Der McLaren-Star glaubt: "Das spielt sicherlich eine Rolle. Und natürlich ist der Beitrag des Teams und des Autos erheblich. Aber aus persönlicher Sicht finde ich trotzdem, dass ich bislang in vielen verschiedenen Bereichen einen guten Job gemacht habe." Dafür hat sich der Australier zuletzt entsprechend selbst belohnt - mit der Übernahme der WM-Führung, die er nun mindestens so vehement verteidigen will wie Kurve eins gegen Verstappen...