McLaren-Chef Stella: "Das Problem war nicht der Stopp, sondern das Auto"
Ein Problem mit der Radpistole verdoppelte die Dauer von Lando Norris' Boxenstopp in Baku - in der Folge kam der Brite hinter Lawson und Leclerc auf die Strecke
(Motorsport-Total.com) - Am Ende wurde es Platz sieben. Norris konnte also nicht vom Crash profitieren, der seinen Teamkollegen und WM-Rivalen Oscar Piastri aus dem Großen Preis von Aserbaidschan 2025 warf. Daran gibt es keinen Zweifel. Aber hätte er ohne den Boxenstopp-Patzer zwei Positionen weiter vorne landen können? Wahrscheinlich nicht, ehrlich gesagt.
Die Umstände des Qualifyings - Piastri krachte in Q3, Norris kam nach dem Neustart früh raus und konnte den Vorteil der sich verbessernden Strecke nicht nutzen - hatten beide McLarens auf der Startaufstellung etwas zurückgeworfen. Von Startplatz sieben verlor Norris gleich zu Beginn eine Position an Isack Hadjar, während Piastri seinen Start vermasselte, in die Mauer krachte und damit das Safety-Car auslöste.
Nach dem Restart reagierte Norris etwas träge, als die Autos vor ihm aufs Gas gingen, und verlor gleich die nächste Position an Charles Leclerc. Beide profitierten dann allerdings von einem Fehler Hadjars und konnten den Racing-Bulls-Piloten überholen.
Zwei entscheidende Sekunden?
Doch Norris tat sich schwer, an Leclerc vorbeizukommen. Er wurde Teil eines kleinen DRS-Zuges hinter dem Red Bull von Yuki Tsunoda - und selbst nachdem Leclerc am Ende von Runde 19 an die Box kam, konnte Norris auf Tsunoda kaum Boden gutmachen.
Der entscheidende Moment schien gekommen, als Norris am Ende von Runde 17 auf die harte Reifenmischung wechselte. Dabei rutschte die Radpistole vorne rechts über die Mutter, anstatt richtig zu greifen. Statt der üblichen zwei Sekunden stand Norris vier Sekunden, bevor er wieder loskam - und reihte sich knapp hinter Lawson und Leclerc ein.
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Naheliegend war die Schlussfolgerung: Die zwei zusätzlichen Sekunden hatten ihn genau die Positionen gekostet, die er vor dieser Paarung hätte halten können. So lautete jedenfalls auch das Urteil vieler Kommentatoren: Norris zum zweiten Mal in Folge durch einen langsamen Boxenstopp um ein besseres Ergebnis gebracht!
"Das Auto war einfach nicht schnell genug"
Tsunoda kam eine Runde später rein und sortierte sich genau in die Lücke zwischen Lawson und Leclerc ein - hauchdünn vor dem Ferrari. Während Norris Leclerc zwar noch überholen konnte, hing er danach bis zur Zielflagge hinter Lawson und Tsunoda fest - siebter Platz. Doch wie groß war der Schaden wirklich? (Zum Baku-Rennbericht)
McLaren-Teamchef Andrea Stella schien sich am Sonntagnachmittag erst nicht sicher zu sein: "Der Boxenstopp selbst hat keinen Unterschied gemacht, weil wir ohnehin in etwa auf Höhe von Leclerc rausgekommen wären", sagte er direkt nach dem Rennen bei Sky. "Für mich ist die wichtigste Erkenntnis: Das Auto war einfach nicht schnell genug. Mit einem schnelleren Auto hätten wir überholen und freie Fahrt haben können - und in freier Fahrt hätten wir dann auch das volle Potenzial ausschöpfen können."
Am Abend, bei seiner üblichen Medienrunde, klang Stella dann ein klein wenig anders: "Wir müssen noch prüfen, ob wir mit einem schnelleren Boxenstopp wirklich vor dem Ferrari rausgekommen wären oder nicht." Eine genauere Analyse der Runden rund um die Stopps spricht allerdings dagegen. Norris lag 1,9 Sekunden hinter Tsunoda, als er zum Boxeneingang abbog. Als er die Box verließ, war er 1,8 Sekunden hinter Leclerc.
Set-up passte nicht zu Baku
Das heißt: Selbst ohne die zusätzlichen zwei Sekunden hätte er sich wohl höchstens neben den Ferrari gesetzt - vielleicht mit der Nase leicht vorne. Aber mit kalten Reifen hätte das in den folgenden Kurven sehr heikel werden können. Sicher ist jedenfalls: Vor Lawson wäre er nicht gelandet.
Das Problem für Norris war also nicht der Boxenstopp selbst, sondern, wie Stella betonte, das fehlende Tempo des Autos. Offensichtlich passte das Set-up nicht zu dieser Strecke. "Es gab heute schlicht keinen ausreichenden Geschwindigkeitsvorteil im Auto, um Piloten zu überholen, die ein ähnliches Tempo fuhren", resümierte Stella. "Ich würde das weder auf die Reifenwahl noch auf die Reihenfolge schieben. Das Auto war einfach nicht schnell genug."
Trotzdem sind zwei Rennen in Folge mit Problemen an der Box natürlich ein Warnsignal. In Monza war McLaren schnell genug, um die Folgen eines verpatzten Stopps intern zwischen den Fahrern zu regeln - auch wenn das für reichlich Ärger bei den Fans sorgte. In Baku war es "nur" eine lästige Panne. Auf anderen Strecken kann so etwas aber rennentscheidend sein.
"Es gibt noch Schnittstellen, die man verbessern muss"
"Klar ist: Boxenstopps sind ein Bereich, auf den wir uns ohnehin schon konzentrieren", so Stella. "Aber Tatsache ist: Wir müssen weiter daran arbeiten. Denn über die Boxenstopps liegt noch einiges an Performance auf dem Tisch - und wir sehen, dass die Abstände im Feld immer enger werden.
Damit wird der Einfluss eines Boxenstopps immer wichtiger. Also definitiv, sowohl für den Rest dieser Saison als auch mit Blick auf das nächste Auto, müssen wir daran arbeiten: zum einen an der Ausführung durch die Crew, aber auch an der Technik. Die Stopps müssen für unsere Mechaniker einfacher, natürlicher und reibungsloser ablaufen. Es gibt noch Schnittstellen zwischen Mensch und Technik, die man verbessern muss - und zwar von der Hardware-Seite her."