Verstappen kündigt Nürburgring-Start an, aber: Indy 500 interessiert mich nicht!
Max Verstappen hat die Nordschleifen-Lizenz im Porsche GT4 erworben und spricht über seine Motivation, Le-Mans-Träume und Abneigung gegen das Indy 500
(Motorsport-Total.com) - Normalerweise ist Max Verstappen derjenige, der als vierfacher Formel-1-Weltmeister den Ton auf der Rennstrecke angibt. Am Nürburgring musste er jedoch zunächst ganz klein anfangen - mit einer Pflichtübung im Porsche GT4. Denn um die sogenannte Nordschleifen-Permit zu erhalten, die Voraussetzung für spätere Starts bei Langstreckenrennen auf der legendären Strecke ist, sind Schulung und Rennen im weniger leistungsstarken Fahrzeug vorgeschrieben.
"Es war gut", erzählt Verstappen am Donnerstag in Baku. "Ich wusste, dass ich mein Permit brauche, also musste ich dieses Rennen in einem GT4-Auto machen. Natürlich, ein runtergedrehtes Auto zu fahren, ist nicht das Spannendste. Aber auf der anderen Seite lernst du trotzdem sehr viel. Zum Glück hat es geregnet, dann war es wieder trocken, und so habe ich noch mehr Erfahrung gesammelt - auch im Umgang mit Verkehr, wenn du das langsamere Auto bist. Das ist nicht immer das Einfachste. Der Rest war eigentlich nur: aus allem Ärger raushalten."
Am Ende bleibe der Spaßfaktor, auch in einem weniger spektakulären Fahrzeug: "Egal in welchem Auto, jede Runde hier ist einfach toll. Wenn du beginnst, ein bisschen zu pushen, siehst du sofort, was auf der Strecke passiert. Die Atmosphäre ist sowieso fantastisch - viele leidenschaftliche Fans, die den Langstreckensport leben. Das macht es besonders."
Verstappen: Bin kein Rookie, aber Regeln sind Regeln
Besonders aufmerksam wurde registriert, dass Verstappen den vollen Prozess durchlief - inklusive Instruktor-Runden und Theorieeinheiten. Keine Sonderbehandlung für den Weltmeister. "Ich denke, die Leute waren super hilfsbereit", so Verstappen.
"Wir haben natürlich darüber gesprochen, wie man es möglichst reibungslos gestalten kann. Statt nur im Klassenzimmer zu sitzen, sind wir zum Beispiel auf die Strecke gegangen, haben eine Runde gemacht und die Dinge direkt erklärt. Ich bin ja auch kein kompletter Anfänger - manche Leute, die da auftauchen, sind vollkommene Amateure, kennen die Strecke gar nicht. Bei mir war es anders, ich habe schon tausende Runden hier gedreht. Plus die Tests, die ich vorher gemacht habe."
Das Verständnis für die Regularien war ihm dennoch wichtig: "Natürlich, Regeln sind Regeln, also musst du dich daran halten. Gleichzeitig waren die Leute sehr offen, und ich finde, am Ende hat das super funktioniert."
Le-Mans-Traum und andere Serien: Indy? Nein, danke
Die Kernfrage für viele Beobachter lautete: Warum macht Verstappen das überhaupt - mitten in seiner Formel-1-Hochzeit? Die Antwort: ein klares Ziel. "Mein Traum ist es natürlich, irgendwann das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring zu fahren", sagt er. "Deshalb wusste ich, dass ich dieses Permit brauche. Es war die perfekte Gelegenheit."
Ob er wie Fernando Alonso nach der Triple Crown greife? Verstappen winkt ab: "Le Mans - ja. Aber die Triple Crown interessiert mich nicht. Ich schaue gerne IndyCar, aber selbst fahren muss ich das nicht."
Das ist ein bemerkenswerter Kontrast zu früheren Formel-1-Größen. Während Alonso unbedingt die drei Klassiker gewinnen wollte (Monaco, Le Mans, Indy 500), bleibt Verstappen fokussiert auf das, was ihn wirklich reizt - ohne Prestigeprojekte.
Rückhalt von Red Bull: Helmut versteht meine Leidenschaft
Dass Red Bull und insbesondere Helmut Marko ihn nicht ausbremsen, war für Verstappen entscheidend. "Helmut ist sehr begeistert davon. Er sieht, wie leidenschaftlich ich das mache. Er selbst hat im Langstreckensport Rennen gefahren, deshalb versteht er das sehr gut."
Gleichzeitig weiß Verstappen um die Grenzen: "Natürlich ist es schwierig, während einer Formel-1-Saison viele solcher Dinge zu machen. Gerade im nächsten Jahr mit den neuen Regeln wird die Formel 1 ohnehin schon hart genug. Deshalb müssen wir sehen, wie es sich entwickelt."
Über seine langfristige Perspektive will er sich nicht festlegen: "Was in fünf oder zehn Jahren in der Formel 1 oder im GT-Sport passiert, kann ich nicht sagen."
Motivation für junge Fahrer: Nicht nur auf Formel 1 starren
Verstappen nutzt die Gelegenheit, um auch eine Botschaft an Nachwuchsfahrer zu senden: "Alles hängt von der Einstellung ab. Wenn jemand nur auf die Formel 1 fixiert ist, redest du gegen eine Wand. Viele träumen davon, und das ist auch verständlich. Aber man sollte die Optionen offenhalten, falls es nicht klappt."
Er selbst sehe enorme Chancen im Langstreckensport: "Es gibt dort viele Möglichkeiten, eine gute Karriere zu haben. Wenn jemand irgendwann merkt, dass Formel 1 nicht klappt, und dann in ein GT3- oder Hypercar steigt, verliebt er sich schnell darin. Manchmal dauert es einfach, bis man offen genug dafür wird."
Marko: Toll, dass er sich dem richtigen Motorsport zuwendet
Helmut Marko spricht im Interview mit oe24 über Verstappens Nordschleifen-Ausflug - und zeigt sich beeindruckt. "Am Rande habe ich es verfolgt. Er hat Gott sei Dank alles bestanden", sagt Marko. Zum bürokratischen Prozess meint er schmunzelnd: "Unglaublich, dass er sich das antut - Theorie pauken, Runden hinter einem Instruktor. Das ist halt deutsche Bürokratie."
Grundsätzlich sei er von Beginn an positiv eingestellt gewesen: "Ich finde es toll, dass jemand, der in dieser Formel-1-Blase lebt, sich dem richtigen Motorsport zuwendet."
Nordschleifen-Debüt: Hat Max Verstappen seinen "Führerschein" bekommen?
Max Verstappen hat sein erfolgreiches Renndebüt in der Nürburgring-Langstrecken-Serie (NLS) absolviert. Weitere Formel-1-Videos
Marko selbst kennt die Nordschleife in- und auswendig: "Ich bin dort alle möglichen Rennen gefahren, bis zu den legendären 72 Stunden. Einige Kurven habe ich noch genau im Kopf. Lustig, dass ich mich jetzt mit Max darüber unterhalten kann - aber er kannte die Strecke sowieso schon vom Simulator."
Kollegen im Fahrerlager: Von Respekt bis Staunen
Alexander Albon berichtet von Gesprächen mit Verstappen auf dem Flug: "Er liebt GT-Rennen. Er genießt es wahrscheinlich mehr als ich. Er ist einfach jemand, der nicht aufhören kann zu fahren - das macht ihn einzigartig."
Isack Hadjar zeigt Respekt, aber auch Distanz: "Ich konzentriere mich voll auf die Formel 1. Wir sind nicht im gleichen Karrierestadium. Ich kenne die Nordschleife nicht einmal richtig - nur vom Videospiel."
Oliver Bearman erzählt lachend von seinem einzigen Nordschleifen-Abenteuer: "Ich war 15, mein Vater fuhr im Audi Q7, meine Mutter schrie auf dem Rücksitz, und ich sagte meinem Vater an, welche Kurve kommt. Am Ende liefen die Bremsen heiß, die letzte Runde haben wir uns gespart - wir brauchten das Auto für die Schule am nächsten Tag."
Liam Lawson berichtet: "Ich habe die Nordschleife nie im Rennwagen gefahren, nur im Mietwagen mit Alex Albon. Wir haben uns per WhatsApp-Call gegenseitig gejagt - das war ziemlich lustig."
Nico Hülkenberg, 2015 Le-Mans-Sieger während seiner Formel-1-Karriere, sieht in Verstappen Parallelen: "Es ist ehrenwert, wie viel er ins Racing steckt. Er lebt und atmet es 24/7. Ich bewundere das. Für mich war Le Mans damals eine erfrischende Abwechslung - es hat meine Formel-1-Leistung sogar verbessert."
Oscar Piastri denkt langfristig: "Vielleicht irgendwann. Aber solche Rennen verdienen Respekt, man sollte nicht einfach reinspringen. Während einer Formel-1-Saison fehlt die Zeit. Für die nahe Zukunft also eher nicht."