Formel-1-Technik: Wie "langweilige" Updates schnell machen
Es muss nicht immer eine spektakuläre Neuerung sein: Weshalb in der Formel-1-Saison 2024 gerade unspektakuläre Updates die besten Updates sein können
(Motorsport-Total.com) - Ein neuer Frontflügel sorgt für Aufsehen, ein neuer Unterboden für Schlagzeilen. Aber viele Updates in der Formel-1-Saison 2024 fallen praktisch gar nicht auf. Dabei sind es gerade diese unspektakulären, vermeintlich "langweiligen" technischen Neuerungen, die am Ende entscheidend sein können. Das zeigt das Beispiel Red Bull.
Das Weltmeister-Team von Max Verstappen scheint mit dem RB20 in einen Bereich zu gelangen, in dem die Entwicklung mehr und mehr ausgereizt ist. Der Red Bull kann also nur noch im Detail optimiert werden. Und das passiert vor allem mit wenig spannenden Komponenten: bei den Kühlöffnungen des Fahrzeugs.
Wenn man sich nämlich noch einmal vergegenwärtigt, welche Updates Red Bull beim Spanien-Grand-Prix in Barcelona eingesetzt hat, dann wird deutlich: Die modifizierten Lufteinlässe in den Seitenkästen waren eigentlich nur ein Mittel zum Zweck, um möglichst wenige Luftauslässe in Motorhaube und Abdeckung installieren zu müssen.
Ein Luftauslass hin oder her, das interessiert die wenigsten Formel-1-Beobachter. Aber: Dergleichen kann einen großen Einfluss haben auf die Fahrzeugleistung.
Was Luftauslässe wert sind in der Formel 1
Diese These vertritt zumindest Paul Monaghan als Chefingenieur bei Red Bull. Er sagte in Spanien: "Mit jedem Loch hinten im Chassis strömt Dirty-Air in Richtung Beam-Wing und Unterboden. Und das ist nicht gut. Dieser Bereich am Auto ist so sensibel, dass wir von einem oder zwei Plätzen in der Startaufstellung sprechen, wenn man es nicht richtig hinbekommt."
"Und dabei darf man nicht vergessen: Wir befinden uns in einem engen Kampf mit anderen Teams und unsere Bandbreite an möglichen Entwicklungen ist vielleicht nicht mehr so groß, wie sie einmal war. Wo auch immer wir also einen Fortschritt erzielen können, das nehmen wir mit."
Das wiederum bedeutet praktisch bei jedem Grand Prix eine individuelle technische Lösung für die Kühlung des Fahrzeugs. Denn was an einem kühlen Tag in Silverstone funktioniert, wäre bei Sommerwetter in den Bergen bei Spielberg weniger gut geeignet.
Was also tut Red Bull, um den RB20 an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen? Laut Monaghan verändert es vor allem die Lufteinlässe der Seitenkästen. "Einerseits wollen wir effizientere Öffnungen haben, andererseits weniger Auslässe. Da steckt viel Hirnschmalz drin. Und am Ende steht ein Update von ordentlichem Umfang." Auch wenn es nach außen hin nicht so aussieht.
Alles neu beim Red Bull RB20 in der Saison 2024
Red Bull hat sich beim RB20 in der Saison 2024 bewusst für ein neues Kühllayout entschieden. Damit wollte das Team den Luftstrom im und um das Auto optimieren und zugleich flexibler sein für Änderungen im Saisonverlauf.
Weil Red Bull dieses Jahr auf eine spezielle Seitenkasten-Konfiguration mit "Überbiss" sowie mit schmalen horizontalen und waagrechten Lufteinlässen setzt, musste es seine Kühler neu positionieren. Sie befinden sich geneigt und aufeinander gestapelt in den Seitenkästen des Fahrzeugs.
Zusätzliche Frischluft bekommt das Auto durch die Airbox hinter dem Fahrerkopf und durch innovative Kühlöffnungen im Cockpitbereich.
Die ersten Anpassungen an der Kühlung hat Red Bull beim Japan-Grand-Prix vorgenommen. Dort präsentierte das Team nicht nur einen neuen, schmaleren "Briefkastenschlitz" als Lufteinlass im Seitenkasten, sondern fügte weitere Lufteinlässe außen an den hinteren Ausläufern des Cockpitschutzes Halo hinzu.
Kühle Luft muss rein, heiße Luft muss raus
Es ist aber nicht allein damit getan, kühle Luft ins Auto zu bekommen. Es muss auch heiße Luft abgeführt werden. Und auch hier hat Red Bull entsprechende Maßnahmen ergriffen.
Weil das Technische Reglement der Formel 1 Kühlschlitze in der Motorhaube gestattet, sehen wir hier die unterschiedlichsten Lösungen in der Startaufstellung. Schlitze aller Art und Größe werden strategisch in Seitenkasten und Abdeckung eingelassen, aber meist bleiben die hinteren Kühlauslässe unverändert.
Red Bull geht hier einen anderen Weg, weil sein Kühlsystem anders ist als bei der Konkurrenz. Denn es gibt zwar Kühlschlitze in der Motorhaube und in den "Mulden" zwischen Motorhaube und Wulst, aber hiermit führt Red Bull die Hitze aus dem Auto ab, ohne die aerodynamische Leistung entscheidend zu beeinträchtigen.
Allerdings muss Red Bull trotzdem auch Änderungen am hinteren Kühlauslass vornehmen, so zum Beispiel in Spanien und vielleicht auch bei weiteren Veranstaltungen im Formel-1-Kalender 2024.
Und so kann der größere Auslass in Barcelona vielleicht erklären, weshalb das Team keine Schlitze in der Motorhaube brauchte - anders als noch in Monaco. (Hier Details zum Spanien-Upgrade von Red Bull abrufen!)