F1-Technik-Rückblick 2022: Wie die Kleinsten die neuen Regeln angriffen

(Motorsport-Total.com) - Sowohl bei den Fahrzeugkonzepten als auch bei den Entwicklungsprogrammen gab es viele unterschiedliche Ansätze, wobei sich kein Team für den gleichen Weg entschied. Jetzt, da sich der Staub der Saison gelegt hat, werfen wir einen Blick darauf, wie die einzelnen Teilnehmer die vergangene Saison bewältigt haben und fangen bei den kleinsten Teams an.

Williams

Den Anfang macht Williams, ein Team, das gehofft hatte, einen weiteren Sprung nach vorne zu machen, nachdem man im Laufe der letzten Jahre stetig die ersten Sprossen der Leiter erklommen hatte. Doch trotz der Möglichkeit, die neuen Aerodynamik-Regeln auszunutzen sowie der Kostendeckelung, die eine Angleichung an die großen Teams ermöglicht, hat das Team nicht die erhofften Fortschritte gemacht.

Williams entschied sich mit dem ursprünglichen Seitenkasten-Design des FW44 für eine kühne Richtung. Das Auto verfügte über eine kurze, rampenartige Lösung, die durch einen nach hinten gerichteten "Bypass-Auslass" ergänzt wurde, durch den der Luftstrom entweder durch den Haupteinlass und über die Schulter des Seitenkastens geleitet oder verschlossen werden konnte, um mehr Luftstrom für die verschiedenen Kühler zu erhalten.

Ein Vergleich des Seitenkastens in offenem und geschlossenem Zustand zeigt, dass oberhalb des Seitenaufprallschutzes (roter Pfeil) ein internes Ablenkblech angebracht ist, wenn die hintere Auslasskarosserie montiert ist.

Zur Versteifung der Unterbodengruppe fügte das Team aufgrund einer Reglementänderung in Saudi-Arabien eine Unterbodenstrebe vor dem Hinterreifen hinzu. Auch die zusätzliche Kühlplatte auf der Motorabdeckung (wo sich das "Bang & Olufsen" Sponsoring befindet) ist zu beachten.

Um den Anforderungen des Circuit de Barcelona-Catalunya gerecht zu werden, führte Williams ein Paket mit höherem Anpressdruck ein, zu dem auch ein überarbeiteter Frontflügel gehört.

Der Heckflügel mit hohem Abtrieb sowie der Unterboden und die Motorabdeckung sind mit roter Flo-Viz-Farbe besprüht, damit das Team feststellen kann, ob man die erwartete Leistungssteigerung erhält.

Das Paket mit dem hohen Abtrieb kam in Monaco erneut zum Einsatz, aber das Team vergrößerte auch den Einlass des vorderen Bremskanals und änderte die Verkleidungen der vorderen Aufhängung, um den Anforderungen des Straßenkurses bei niedrigen Geschwindigkeiten besser gerecht zu werden.

Williams erkannte schon früh, dass die Leistung der Seitenkästen nicht den eigenen Erwartungen entsprach. Daher wurde beim Großen Preis von Großbritannien eine neue Lösung vorgestellt, die von Red Bull beeinflusst wurde.

Die kurze Rampenlösung wurde gegen eine verlängerte Variante ausgetauscht. Das hat auch Auswirkungen auf die Kühlung der Motorhaube, und auch die Bodenabdeckungen sind anders.

Parallel zu den Änderungen an den Unterbodenabdeckungen und der Karosserie des Seitenkastens hat das Team auch das Konzept für die Unterbodenkante geändert.

An der Seite des Halos hingen zwei Flügel. Dabei handelte es sich um einen horizontalen Ablenker und einen L-förmigen Flügel, die beide die lokale Luftströmung umfunktionieren, um den Änderungen um sie herum besser gerecht zu werden.

Auch am Frontflügel wurden Änderungen vorgenommen, wobei die Positionen des Drehpunkts und der Klappenverstellung für ein besseres Strömungsmanagement geändert wurden.

Ein Blick unter die Haube des FW44 beim Großen Preis von Italien. Dabei fällt auf, dass das Team nach dem Seitenkasten-Update jedoch die Sattelkühler-Anordnung oberhalb der Power-Unit beibehalten hat.

In der Zwischenzeit wurde auch der Heckflügel einer Operation unterzogen, bei der die Hinterkante des oberen Flügelelementes zurückgeschnitten und mit einem "Gurney-Flap" versehen wurde.

Der Blick in das Cockpit des FW44. Williams hat das Lenkrad im Schmetterlingsstil und den Bildschirm auf dem Armaturenbrett beibehalten.

Ein Blick auf das Innere der vorderen Bremsanlage vor dem Einbau der Hauptbremsbacke. Die inneren Verkleidungen zur Strömungsumlenkung wurden ebenfalls beschichtet, um die Temperaturübertragung zu steuern.

Um mit den Temperaturen und den Auswirkungen der Höhe fertig zu werden, hat Williams zudem größere Kühlöffnungen mit Lamellen am FW44 angebracht.

AlphaTauri

Obwohl AlphaTauri nie über die Ressourcen seines Schwesterteams Red Bull verfügte, ist es dem Team im Laufe der Jahre immer wieder gelungen, über sich hinauszuwachsen. Man hat sich oft innovative Lösungen einfallen lassen, die von der Konkurrenz schnell übernommen wurden, aber die Hoffnungen auf eine gigantische Leistung im Jahr 2022 haben sich nicht erfüllt.

Ein Überblick über das Heck des AT03, einschließlich des abgeschrägten Seitenkastens, des hochgezogenen hinteren Kühlauslasses und des löffelförmigen Heckflügels.

In Saudi-Arabien kam ein neuer Heckflügel zum Einsatz, der dieselbe DNA aufweist, aber eine flachere, löffelförmige Hauptebene besitzt, die den Abtrieb und den Luftwiderstand reduziert.

Eine Aufnahme des AT03 bei der Vorbereitung auf den Einsatz in Imola gibt uns einen guten Blick auf einige Details, die sonst von der Karosserie verdeckt würden, darunter die vorderen Bremsleitungen, die Anordnung der Seitenkühler (einschließlich der Strömungsleitbleche) und die sattelförmige Position des Kühlers über dem Aggregat.

Für den Grand Prix der Emilia Romagna wurden auch Änderungen an der Unterbodenkante vorgenommen, wobei der geschwungene Mittelteil zur Verbesserung der Strömungsverhältnisse optimiert wurde.

Ein neuer Heckflügel mit hohem Abtrieb kam beim Großen Preis von Spanien zum Einsatz, allerdings ohne weiße Farbe, da das Team auch nach Möglichkeiten suchte, um Gewicht zu sparen.

Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten auf dem Stadtkurs von Baku beschnitt das Team die Hinterkante des oberen Flügelelements des Frontflügels und nahm Modifikationen am "Beam-Wing" vor, um ihn an die Wahl des Heckflügels anzupassen.

Beim Großen Preis von Frankreich nahm das Team Änderungen an den Unterbodenabdeckungen vor, was zu weiteren Optimierungen der Kanten führte, damit sie miteinander harmonierten.

Auch die Motorabdeckung wurde vom Halo-Übergang nach hinten verbreitert, sodass eine Leiste entstand, der der Luftstrom folgen konnte.

Auch am Diffusor wurden Änderungen vorgenommen, da das Team die durch die vorangegangenen Änderungen erzielten Leistungssteigerungen maximieren wollte.

Flo-viz wurde auf den Heckflügel geschmiert, der beim Großen Preis von Ungarn aktualisiert wurde, um den Abtrieb zu erhöhen. Die Änderungen konzentrierten sich auf die Flügelspitze, wobei der äußerste Teil des Flügels quadratisch in die Endplatte überging.

Eine weitere Profiländerung für den Großen Preis von Belgien: Der Heckflügel mit geringem Abtrieb erhielt ebenfalls ein quadratischeres Profil, wodurch sich die Spannweite des Flügels vergrößert.

Eine weitere Änderung des Heckflügels mit höherem Abtrieb wurde beim Grand Prix der Niederlande vorgenommen, als das Team den Radius an der Stelle, an der die Hauptebene auf die Endplatte trifft, verkleinerte.

In Monza entschied sich AlphaTauri für das gleiche Heckflügeldesign wie beim Großen Preis von Belgien. Diesmal wurde jedoch der "Gurney-Flap" entfernt und die Form der Hinterkante des oberen Flügelelements verändert.

Das letzte große Entwicklungsprojekt von AlphaTauri fand beim Großen Preis von Singapur statt, als das Team eine bedeutende Änderung am Design der Nase vornahm. Das bisherige Design sah vor, dass die Nasenspitze unter der Hauptebene des Frontflügels herausragt, ein Merkmal, das nur beim AT03 zu sehen ist.

Bei der Aktualisierung wurde die Spitze jedoch an die Oberseite verlegt und das Hauptleitwerk im mittleren Bereich nach unten gewölbt.

Die Vergleichsansicht der beiden Nasenformen von unten zeigt, wie das Hauptblatt beim neueren Design eine eigene Spitze erreicht, was den Luftstrom verändert und zu einem anderen Druckgradienten sowohl über als auch unter der Nase und der vorderen Flügelbaugruppe führt.

Für den Großen Preis von Mexiko setzte AlphaTauri die maximale Anzahl an Kühllamellen ein, um den Höhen- und Temperaturanforderungen der Rennstrecke gerecht zu werden. Das Team nutzte auch seinen größten hinteren Kühlauslass in dieser Saison.

Haas

Haas hatte die Saison 2021 geopfert, um sich auf das Auto für 2022 zu konzentrieren, da man wusste, dass sich eine frühzeitige Investition in die Ressourcen gegen die engsten Rivalen auszahlen würde.

Doch trotz eines starken Starts in das Jahr und der überraschenden Poleposition beim Großen Preis von Brasilien erlebte das in amerikanischem Besitz befindliche Team eine Art Achterbahnfahrt mit einigen Schwierigkeiten in der Mittelphase.

Haas hat sofort ein Volumen neben dem Cockpit freigelegt, das es ermöglicht, verschiedene Flügelteile und Verkleidungen anzubringen, die sich auf die Aerodynamik auswirken können (blauer Pfeil).

Am Heck des Wagens wurde die Haifischflosse der Motorabdeckung angehoben, sodass ein weiterer Auslass entlang des Rückgrats entstehen konnte, der dazu beiträgt, die unter der Abdeckung des Wagens entstehende Wärme abzuleiten. Dadurch konnte der hintere Auslass auch etwas kleiner ausfallen, als man es normalerweise erwarten würde.

Auch an der Endplatte des Frontflügels gab es einige interessante und neuartige Lösungen: Die Vorderkante erhielt ein knöchelähnliches Ende, während die Tauchebene einem Querlenker ähnelte, wodurch wahrscheinlich ein ganz anderes aerodynamisches Profil als bei den Gegenstücken entstand.

Das größte Upgrade des Teams in dieser Saison fand beim Großen Preis von Ungarn statt und umfasste mehrere neue Komponenten, darunter eine Überarbeitung der Unterbodenabdeckungen, wie hier zu sehen.

Die ältere Spezifikation des Unterbodens basierte auf höheren Abdeckungen, um den Luftstrom über den Unterboden und in den Tunneleingang zu leiten (im Bild), ein Designmerkmal, das aufgegeben wurde.

Ein weiteres Designkonzept, das im Rahmen der Aufrüstung beim Großen Preis von Ungarn in den VF-22 integriert wurde, war die Umstellung auf einen Seitenkasten mit einer Badewanne im Ferrari-Stil, bei der sich auf der Oberseite eine Vertiefung befindet.

Dies führte nicht nur zu einer Änderung der Oberflächengeometrie, sondern auch zu einer Änderung der Lamellen, die zur Ableitung der im Inneren erzeugten Wärme dienen.

Die Umstellung auf eine wannenartige Oberseite führte auch zu einer Änderung der Gesamtform des Seitenkastens, wie an den grünen Linien im Hauptbild und den gelben Linien im Profil zu erkennen ist.

Diese Änderungen sollen dazu beitragen, den vom Vorderreifen erzeugten Luftwirbel zu kontrollieren, der sich durch die Einführung einer traditionelleren Tauchfläche an der Endplatte des Frontflügels beim Großen Preis von Großbritannien ebenfalls verändert hat (blauer Pfeil).