• 19. November 2022 · 14:39 Uhr

Lewis Hamilton: Sebastian Vettel "war eine ziemliche Nervensäge"

Wie die anderen Formel-1-Fahrer über Sebastian Vettel und dessen bevorstehenden Rücktritt denken und welche Erinnerungen an Vettel bleiben werden

(Motorsport-Total.com) - "Wenn ich an Seb denke: Er war damals eine ziemliche Nervensäge." So beginnt Lewis Hamilton seine Antwort auf die Frage, was ihm als erstes in den Sinn komme, wenn er an seine vielen Formel-1-Duelle mit Sebastian Vettel zurückdenke.

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Sebastian Vettel beim Formel-1-Rennen in Abu Dhabi 2022 Zoom Download

Weiter aber kommt Hamilton nicht in der Pressekonferenz vor dem Grand Prix von Abu Dhabi, dem finalen Formel-1-Rennen von Vettel. Denn Vettel selbst fällt Hamilton ins Wort: "Es tut mir wirklich leid. Es ist deine Antwort, aber ich denke, Baku war keine Sternstunde. Denn was ich damals gemacht habe, war nicht richtig."

Worauf Vettel anspielt: 2017 lag er beim Formel-1-Stadtrennen in Baku in einer Safety-Car-Phase im Ferrari direkt hinter Hamilton im Mercedes. Dabei hatte Vettel den Eindruck, Hamilton wolle ihn "bremstesten", also auflaufen lassen. Als Reaktion darauf zog Vettel neben Hamilton und rammte ihn leicht, fing sich für dieses Verhalten eine Strafe ein.

Nach Baku wurde alles anders zwischen Hamilton und Vettel

Allerdings sei sein Verhältnis zu Hamilton nach diesem Zwischenfall besser geworden, meint Vettel. "Ab da", so setzt der viermalige Formel-1-Weltmeister an, und Hamilton vollendet: "Wurde unsere Freundschaft besser."

Vettel bestätigt: "Ja, viel besser. Deshalb würde ich den Moment nicht missen wollen, wenn ihr versteht, wie ich das meine." Und Hamilton versteht genau. Er sagt: "Sehe ich auch so. Wir hatten immer schöne Duelle, ehrlich."

Hamilton spekuliert über ein Vettel-Comeback

Dann leitet Hamilton einen Themawechsel ein, kommt auf das Karriereende von Vettel zu sprechen und meint: "Ich denke gerade: Die meisten Fahrer kommen wieder zurück. [Alonso] ist zurückgekommen." An Vettel gewandt: "Auch du kommst wahrscheinlich zurück."

"Wir sehen immer wieder Fahrer, die ihr Comeback geben. Ich sitze also hier und akzeptiere, dass es dein letztes Rennen ist. Aber: Er kommt wieder. Die Formel 1 zieht dich wieder zurück. Das hat man bei so vielen anderen Fahrern gesehen, oder nicht?"

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Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Sebastian Vettel in der Pressekonferenz Zoom Download

Vettel nimmt diese Äußerung mit Humor und antwortet: "Vielleicht können wir einen Deal machen. Lass uns draußen mal sprechen. Wenn du raus willst, vielleicht kann ich dann zurückkehren!" Und Hamilton spinnt die Idee noch weiter: "Dann tauschen wir, oder wechseln uns ab."

Zum Fallschirmspringen will Vettel nicht ...

Ernsthaft fügt Hamilton hinzu: "Ich bin mir sicher, Seb findet was anderes. Denn immer nur den Traktor zu fahren, das gibt dir nicht so viel. Du sagtest ja mal, du hast einen Traktor."

"Vielleicht kommt er ja mal mit mir mit zum Fallschirmspringen. Ich wollte ihn da schonmal reinquatschen, aber er meint, er hat Kinder. Also wird das wahrscheinlich eher nicht passieren."

Wie man ein Formel-1-Comeback angeht

Ob damit auch ein Comeback undenkbar erscheint? Fernando Alonso wirft ein, man dürfe eine Rückkehr in den aktiven Rennsport "nicht unterschätzen".

Alonso sagt weiter: "Falls Seb einen Ratschlag dazu will: Du brauchst schon ein paar Rennen oder sogar eine komplette Saison, um wieder bei hundert Prozent zu sein. So ist es mir ergangen. Aber jetzt bin ich zufrieden und finde, ich fahre auf sehr gutem Niveau."

Er könne aber nicht einschätzen, ob sich Vettel für immer aus der Formel 1 verabschiede oder nur eine Auszeit nehme. "Ich kenne seine Emotionen nicht", meint Alonso. "Bei mir war es 2018 so, dass selbst auf dem Frontflügel zu lesen war: 'Bis später.' Ich weiß nicht, ob euch das aufgefallen ist. Es war kein Lebewohl."

Alonso erklärt seinen Masterplan

"Ich hatte immer die Regeln für 2021 im Hinterkopf, als eine Möglichkeit, um ein Comeback zu geben. Ich hatte mir aber zu dieser Zeit auch andere Herausforderungen in den Kopf gesetzt: Ich wollte in Daytona fahren, die Dakar bestreiten, Le Mans. Ich wollte in der Langstrecken-WM um den Titel fahren. Unterschiedliche Dinge."

"Die Formel 1", sagt Alonso rückblickend, "hatte damals keine Priorität für mich. Ich hatte die Formel 1 nicht mehr so in meinem Kopf. Aber: Ich liebe die Formel 1, und ich hielt 2021 für eine Chance, weil dann die neuen Regeln kommen sollten und alles etwas durcheinanderbringen würden, wo die einzelnen Teams stehen, wie stark sie sind."

"Also ja: Ich habe alle meine Wünsche abgehakt, als ich nicht in der Formel 1 fuhr. Ich habe die Rennen dann von zuhause verfolgt. Die neuen Regeln kamen dann zwar ein Jahr später, aber ich bin trotzdem schon 2021 wieder zurückgekommen."

Alonso ehrt Vettel mit Worten und mit Helmdesign

Vettel scheint dieses Gedankenexperiment zu beschäftigen. Denn er fragt Alonso: "Ich weiß gar nicht, wie alt ich [bei einem möglichen Comeback] wäre? Wie alt bist du jetzt? 40? 41? Ich habe also noch etwas Zeit!"

Dann übernimmt nochmals Alonso, kommt auf Vettels bevorstehendes Formel-1-Aus zu sprechen. Und er meint, es werde "seltsam" sein, Vettel nicht in der Startaufstellung anzutreffen beim ersten Rennen der Saison 2023.

"Wir teilen so viele Erinnerungen", sagt Alonso, der in Abu Dhabi mit einem Helmdesign im Vettel-Look fährt. "Über die vergangenen 15 Jahre haben wir manchmal gegeneinander um den Titel gekämpft, manchmal um einen siebten Platz, in Japan zum Beispiel bis zur Ziellinie. Wir finden immer Gefallen an jedem einzelnen Duell und haben maximalen Respekt voreinander."

"Meine Karriere ist in gewisser Weise mit Sebastian verbunden, weil wir gemeinsam gekämpft haben, und noch dazu in den wahrscheinlich besten Saisons unseres Lebens. Auch wenn das Endergebnis immer zu seinen Gunsten ausgefallen ist: Unsere zwei Namen wird man immer miteinander verbinden: Meinen Namen mit seiner Karriere und umgekehrt."

In der Tat: Gleich drei Mal belegte Alonso als Ferrari-Fahrer den zweiten Platz in der Formel-1-Fahrerwertung, als Vettel für Red Bull den Titel gewann. So war das 2010 erstmals und erneut 2012 und 2013.

Ricciardo: Vettel bleibt als Dominator in Erinnerung

2013 ist auch das Jahr, an das sich Daniel Ricciardo vor allem erinnert, wenn er an Vettel denkt. "Wir er damals in der zweiten Saisonhälfte jedes Rennen gewonnen hat. Seine Herangehensweise, so unnachgiebig zu sein, als wäre er noch nicht zufrieden. Er wollte seine Gegner unterm Strich einfach nur zerstören."

"Man sieht den Kämpfer in ihm, den Hunger auf Sieg. Das musste man bewundern und respektieren", sagt Ricciardo und fügt hinzu: "Auf menschlicher Ebene kann ich nur in den höchsten Tönen von ihm sprechen. Er hat auch auf persönlicher Ebene einiges für mich getan, was ich ihm sehr hoch anrechne."

"Ich glaube, er kümmert sich. Ihm liegt der Sport als Ganzes am Herzen, aber auch wir Fahrer. Wir sind natürlich alle Gegner, aber ich habe definitiv den Eindruck, er kann das trennen. Er schaut, wie es uns geht."

Verstappen: Auch er hatte einen besonderen Vettel-Moment

An diesem Punkt schaltet sich Max Verstappen in die Diskussion mit ein, weil er Ricciardo beipflichten will. Er sagt: "Was ich für den Rest meines Lebens nicht vergessen werde, das war vergangenes Jahr in Silverstone: Ich kam aus dem Krankenhaus zurück und bin zu meinem Motorhome, um meine Sachen zu holen. Er war da, hatte auf mich gewartet."

"Seb sagte: 'Wie geht es dir? Bist du okay?' Das zeigt, wie er tickt. Er ist ein super-netter, liebevoller Mensch. Es geht ihm nicht nur um die reine Leistung. Er meint es auch gut. Und es ist doch schön, wenn man so in Erinnerung bleibt."

"Wir werden an diesem Wochenende auch noch einen Helmtausch machen. Und sein Helm ist sicherlich ein besonderer in meiner Sammlung", meint Verstappen.

Wo Vettel in der Formel 1 Spuren hinterlassen hat

"Seb wird uns definitiv fehlen. Andererseits wünsche ich ihm wirklich alles Gute für die Zukunft, was auch immer er vorhat. Um ehrlich zu sein: Am wichtigsten ist doch, Zeit mit der Familie zu verbringen. Er ist ein richtiger Familienmensch. Das ist schön zu sehen, ein leuchtendes Beispiel."

Und Vettel habe auch bei Red Bull seine Spuren hinterlassen: "Er ist als ein Red-Bull-Junior in die Formel 1 gekommen und hat praktisch alles erreicht. Er hat bis heute viele Freunde bei Red Bull, bis ganz nach oben. Er hatte eine Karriere, von der andere nur träumen können", sagt Verstappen.


Fotostrecke: Reaktionen zum Formel-1-Rücktritt von Sebastian Vettel

In der Tat hat Vettel in der Formel 1 einiges erreicht: Er zählt zu den wenigen Fahrern, die mehr als drei Titel erreicht haben, er sogar vier in Folge. Und mit 53 Siegen ist Vettel die Nummer drei hinter Hamilton und Michael Schumacher. (Mehr dazu in der Formel-1-Datenbank!)


Auch Leclerc schwärmt von Vettel als Mensch

Da kommt auch Charles Leclerc ins Schwärmen: "Seb ist unglaublich. Er hat so viel erreicht in der Formel 1. Da kann ich nicht viel mehr sagen."

"Auch als Mensch ist er unglaublich. Ich weiß noch, wie ich noch in der Formel 2 fuhr, aber bereits Simulator-Arbeit übernommen habe. Das ist keine so einfache Aufgabe, weil es sehr anstrengend ist."

"Ich ging davon aus, dass sich Seb dessen gar nicht bewusst wäre, dass ich im Simulator saß. Eines Tages aber bekam ich einen Brief, in dem er mir für meine harte Arbeit dankte. Das hat mir damals sehr viel bedeutet, auch wenn es nur eine Kleinigkeit war."

Leclerc lobt Vettels Hilfsbereitschaft

Später wurde Leclerc der Ferrari-Teamkollege von Vettel und gibt an, es habe ihn "einiges gelehrt", mit Vettel arbeiten zu können. "Auf der Strecke gab es ein paar angespannte Situationen, aber abseits davon hatten wir immer Respekt voreinander. Das hat sich nie geändert", sagt Leclerc.

Vettel habe ihm viel Unterstützung zukommen lassen: "Er war auch in schwierigen Zeiten da für mich. Das war ganz anders als das, wie ich es davor bei anderen Teamkollegen erlebt hatte."

"In der Formel 1 ist es normal, dass man einen Wettbewerb im Team hat, aber er hat sich immer super gekümmert und war stets hilfsbereit, wann auch immer ich es gerade etwas schwieriger hatte. Ja, wir werden ihn auf jeden Fall vermissen. Ich bin mir sicher, er genießt seine Zeit abseits der Rennstrecke und wird etwas finden, das ihn glücklich macht."

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