• 10. November 2022 · 20:53 Uhr

Sebastian Vettel: Weiß, dass ich mein letztes Rennen nicht gewinnen werde

Wie der frühere Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel kurz vor dem Ende seiner Laufbahn über seine Karriere denkt und ob ein Comeback in Frage kommen könnte

(Motorsport-Total.com) - Die Zeichen stehen auf Abschied für Sebastian Vettel, denn schon in wenigen Tagen geht die Formel-1-Karriere des viermaligen Weltmeisters nach dem Abu-Dhabi-Grand-Prix 2022 zu Ende. Und nach zuletzt einigen guten Rennen bleibt die Frage: Wie wichtig ist es Vettel selbst, sich mit möglichst guten Ergebnissen aus der Formel 1 zu verabschieden?

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Sebastian Vettel bei seiner Ankunft in Sao Paulo in Brasilien 2022 Zoom Download

Vor dem Brasilien-Grand-Prix, seinem vorletzten Rennen, gibt sich Vettel recht gleichgültig und meint: "Ich habe mir über vieles Gedanken gemacht, bevor ich die Entscheidung getroffen habe. Außenstehende machen sich wohl ebenfalls viele Gedanken. Ist es wichtig, ein gutes Rennen zu haben?"

"Natürlich wäre es schön, wenn ich mein letztes Rennen gewinnen könnte. Aber wenn man realistisch ist, dann wird das sehr schwierig", meint Vettel. Er muss im Aston Martin AMR22 eher darauf hoffen, in den verbliebenen Grands Prix nochmals eine Punktechance zu kriegen.

Warum es für Vettel kein Abschied auf dem Höhepunkt wird

Den "Abschied im großen Stil" wird es für ihn vermutlich nicht geben. Das ist Vettel bewusst. Er sagt: "Je mehr ich darüber nachgedacht habe, kam ich zu dem Schluss: Ich bin die einzige Person, für die das eine Rolle spielt. Natürlich könnte man sagen, es ist eine schöne Geschichte, eine bessere Abrundung."

"Aber wer muss denn am Ende mit dem Rücktritt klarkommen? Das bin gewissermaßen nur ich, ohne egoistisch sein zu wollen. Aber so sehe ich das. Und ich bin damit im Reinen."

"Mir ist klar: Mein letztes Rennen wird wahrscheinlich nicht der Höhepunkt meiner was-weiß-ich wie vielen Rennen sein. Es spielt keine große Rolle."

Vettel zeigt sich dankbar für Karriereverlauf

Platz sechs in Austin und Platz acht in Suzuka seien jedoch "großartig" gewesen, betont Vettel. "Wie ich schon sagte: Ich habe diese Rennen viel mehr genossen als zum Beispiel Mexiko, wo es einfach nur nach hinten ging, weil wir so langsam waren. Das ist klar."

"Aber insgesamt darf ich mich glücklich schätzen, dass ich so viele Rennen hatte, in denen es für mich nach vorne ging und nicht nach hinten."

Titelgewinn 2012 als emotionale Erinnerung an Brasilien

Das werde ihm an einem Ort wie Sao Paulo wieder einmal bewusst, denn "da kommen viele Erinnerungen hoch", sagt Vettel. Er verweist speziell auf seinen Titelgewinn mit Red Bull in der Saison 2012. Das entscheidende Rennen in Brasilien sei für ihn eine "emotionale Achterbahnfahrt" gewesen und sehr "intensiv".

"Ich kann mich an den Vormittag erinnern, als ich sehr angespannt und nervös zur Strecke kam. Es lag irgendwas in der Luft. Man wusste nicht, was beim Wetter passiert", sagt Vettel.

"Das Rennen hatte dann irgendwie alles, was drin sein konnte. Man hatte den Eindruck: Alles, was normal in einer kompletten Saison passiert, ist in diesem einen Rennen passiert."

Denn Vettel fiel erst nach einem schwachen Start zurück und nach einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug noch ganz ans Ende des Feldes, und das schon in Kurve 4 in der ersten Runde. Am Ende aber stellte Vettel nach einer Aufholjagd mit P4 den erneuten Titelgewinn sicher, seinen dritten in Folge.

"Es war natürlich toll, wie es ausgegangen ist", meint er. "Ich kann mich aber auch an den Abend erinnern und an den Ausklang. Es scheint, als wäre hier generell etwas Besonderes. Ich kann mich nicht an allzu viele langweilige Rennen hier erinnern."

Weitere besondere Brasilien-Momente für Vettel

Sao Paulo habe ihn in der Vergangenheit immer wieder überrascht. 2008 etwa habe er dort im letzten Saisonrennen sogar die Zuschauer gehört, über das Motorengeräusch hinweg.

"Ich wusste nicht, was vor sich ging, weil es in der letzten Runde viel Verwirrung gab rund um Lewis [Hamilton], Felipe [Massa], mit Timo [Glock] und mit mir. Aber das war ein Moment, in dem ich die Leute im Auto wirklich gehört habe."

Kein Wunder: Für wenige Sekunden wähnte das brasilianische Publikum den Brasilianer Massa als den neuen Formel-1-Weltmeister, ehe ein Überholvorgang von Hamilton gegen Glock auf den letzten Metern die Entscheidung zugunsten von Hamilton kippte.

Aber Szenen wie diese beweisen laut Vettel: "Da liebt man die Formel 1. Was unseren Sport betrifft, sind die Fans in Brasilien wirklich perfekt informiert. Sie kennen die Formel 1 und Brasilien hat eine große Formel-1-Historie."

Vettels Laufbahn: Immer im Takt des Rennkalenders

Und Vettel selbst kann auf eine ähnlich interessante Vergangenheit in der Formel 1 zurückblicken. Was ihm die "Königsklasse" des Motorsports über all die Jahre bedeutet habe, das sei "aus dem Stehgreif sehr schwierig zusammenzufassen", meint er.

"Aber natürlich war der Sport mein Leben. Ich bin mit sieben Jahren mein erstes Rennen gefahren. Seitdem gab es jedes Jahr den Rennkalender, an den man sich irgendwie gebunden hat, der den Weg in gewisser Weise vorgegeben hat. So ging es immer von Jahr zu Jahr. Man war immer drin und [das Auto] wurde immer größer und immer schneller."


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Es sei regelrecht "verrückt", sich das nochmal zu vergegenwärtigen, sagt Vettel. "Normalerweise schaue ich eher nach vorne, aber es wird natürlich auch eine Zeit geben, in der ich mehr zurückschaue. Wenn es ruhiger wird. Die Jahre waren in der Hinsicht schon verrückt, mein ganzes Leben bis jetzt."

Ab sofort steht die Familie auf der Poleposition

Und schon in wenigen Tagen beginnt für Vettel ein ganz neuer Lebensabschnitt. Einer, in dem nicht der Motorsport den Takt vorgibt, sondern vermutlich die Familie. "Und natürlich freuen wir uns als Familie auf das, was kommt", sagt Vettel.

"Es wird anders. Ich kann mir natürlich vorstellen, wie anders es wird. Ich muss aber erst mal sehen, wie es sich anfühlt."

Ist ein Comeback wirklich ausgeschlossen?

Wohl auch deshalb gibt es von Vettel keine finale Antwort auf die Frage, ob ein Comeback auf alle Zeit undenkbar sei. Er meint: "Ich glaube, in dem Moment, in dem man zurücktritt, tritt man zurück. Aber man kann ja nichts ausschließen."

"Ich glaube, ich kann die Frage in dem Sinne nicht beantworten. Heute kann ich sie beantworten mit nein, aber vielleicht denke ich nächstes Jahr oder in zwei Jahren ganz anders darüber nach. Das wird die Zeit zeigen."

Und die Zeit könne vieles verändern. Das habe er gelernt, erklärt Vettel: "Als ich 20 war, hatte ich nichts sonst in meinem Leben. Ich will nicht respektlos klingen, aber es passieren noch viele andere Dinge im Leben. Ich habe realisiert, wie privilegiert ich war, schon von Geburt an. So etwas haben nur sehr, sehr wenige Leute."

"In reichen Ländern wie Deutschland oder Großbritannien ist das eine andere Art von Privileg. Deshalb fühle ich auch eine Art Verantwortung im Vergleich zu anderen Orten auf der Welt. Unterm Strich haben wir nur eine Welt. Wir alle sind Menschen, wir alle sind gleich. Und wir stecken hier alle mittendrin, so oder so."

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