• 04. November 2022 · 08:02 Uhr

Heizdeckenverbot 2024: "Sorge ist, mit einem schlechteren Sport zu enden"

Das Heizdeckenverbot in der Formel 1 wird ab 2024 kommen, doch die Teamverantwortlichen haben Bedenken, ob die Reifen gutes Racing bieten werden

(Motorsport-Total.com) - Nachdem die Formel-1-Fahrer nach den Reifentests in Austin Bedenken geäußert haben, wird Pirelli im kommenden Jahr nicht wie geplant, die Heizdeckentemperatur von 70 auf 50 Grad Celsius verringern, sondern die Temperatur bei 70 Grad belassen, dafür die Reifen aber nur noch zwei Stunden statt der üblichen drei vorheizen.

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Ab 2024 wird die Formel 1 ohne Heizdecken für die Reifen fahren Zoom Download

Mit dem Ziel, die Königsklasse immer klimafreundlicher zu machen, hat Pirelli-Motorsportchef Mario Isola jedoch bestätigt, dass sich am Plan, die Heizdecken ab der Saison 2024 komplett abzuschaffen, nichts geändert hat. Die Teamverantwortlichen begrüßen den Schritt zu mehr Nachhaltigkeit, betonen jedoch auch, dass das Heizdeckenverbot auch seine Risiken hat.

"Ich denke, die Herausforderung, ein so schnelles, leistungsstarkes Auto mit so viel Abtrieb zu bauen und einen Reifen ohne Heizdecken zu verwenden, ist unglaublich schwierig", sagt der leitende Mercedes-Renningenieur Andrew Shovlin.

Warum das Heizdeckenverbot kein Selbstläufer ist

"Ich denke, es ist sehr einfach, sich die Formel 2 anzuschauen und zu sagen: 'Na ja, die machen das schon', aber der Energieaufwand ist enorm höher - wir sind auf manchen Strecken rund 20 Sekunden schneller. Und diese Herausforderung ist für Pirelli sehr, sehr schwierig und es erfordert viele Schritte der technischen Entwicklung."

Shovlin fügt hinzu: "Der Sport muss auch sehr darauf achten, dass die Gesetzgebung zu den Heizdecken nicht die Geschwindigkeit übersteigt, mit der wir die Reifen entwickeln können. Und das Problem von Pirelli ist kein statisches. Diese Autos haben auf gerader Strecke mehr Abtrieb als die Autos, die wir früher hatten."

"Die Belastungen bei hohen Geschwindigkeiten sind sehr, sehr hoch, und die Teams arbeiten ständig daran, die Leistung zu steigern und für Pirelli ist es schwierig, mit dieser ständigen Entwicklung Schritt zu halten."

"Man könnte also sagen: 'Ja, natürlich, man kann einen Reifen ohne Heizdecken herstellen', Pirelli könnte uns wahrscheinlich sofort einen geben. Aber dieser Reifen würde nicht zu guten Rennen führen, er würde es den Fahrern nicht erlauben, so hart zu pushen, man hätte einen sehr hohen Reifendruck und einen erheblichen Verlust an Grip", erklärt er.

"Es geht also darum, die Bedürfnisse des Sports und die Umweltbelange, die alle berücksichtigt werden, in Einklang zu bringen", sagt Shovlin. "Aber die größte Sorge ist, dass wir mit einem schlechteren Sport enden, weil wir mit der Gesetzgebung dazu beigetragen haben."

Auch die Sportdirektoren von Ferrari und Alpine stimmen den Bedenken von Shovlin zu und plädieren dafür, den Reifenhersteller Pirelli etwas mehr Testzeit einzuräumen, damit man sicherstellen kann, dass es für 2024 gute Reifen geben wird.

Hat Pirelli zu wenig Vorbereitungszeit?

"Das Ziel ist das richtige, die Heizdecken für die Umwelt zu entfernen", sagt Laurent Mekies von Ferrari. "Ich denke, wir müssen Pirelli einfach die richtige Zeit und die richtige Chance geben und genug Testmöglichkeiten, um das Produkt zu entwickeln, das alles erfüllt, was Andrew gerade erklärt hat. Wenn wir das geschafft haben, können wir zu einem Konzept ohne Heizdecken übergehen."

Auf die sportliche Deadline für Pirelli und die geringe Testzeit angesprochen, sagt Shovlin: "Wie gesagt, ich denke, dass der Sport pragmatisch sein muss. Wenn man sich an die Zeiten des Reifenkriegs zurückerinnert, hat jedes Team zwischen mehr oder weniger jedem Rennen drei Tage lang Reifenentwicklungstests durchgeführt. Pirelli hat jetzt aber nur selten die Möglichkeit, zu testen."

"Und die Reifen werden immer sehr genau unter die Lupe genommen, denn die Reifen sind das, was den Rennsport ausmacht, und es ist von entscheidender Bedeutung, sie richtig einzusetzen. Ich denke also, dass sie gute Arbeit leisten, um mit der Tatsache Schritt zu halten, dass die Teams immer mehr Leistung bringen, was die Arbeit der Reifenhersteller immer schwieriger macht."


Fotostrecke: Schwarzes Gold: Alle Reifenhersteller der F1

"Aber um auf den Punkt zurückzukommen, den ich eingangs erwähnte: Wir müssen bei der Entscheidungsfindung pragmatisch vorgehen und dürfen Pirelli nicht in die Enge treiben, indem wir sie vor eine unmögliche Herausforderung stellen. Wir haben ihnen bereits eine unglaublich schwierige Aufgabe gestellt. Aber wir müssen sicherstellen, dass das nicht unmöglich wird und das Interesse des Sports im Vordergrund bleibt."

Alpine lobt Pirelli für Temperaturansatz für 2023

Alpine-Sportdirektor Alan Permane fügt hinzu: "[Der neue Temperaturansatz für 2023] verschafft ihnen ein wenig Zeit für 2024, was im Moment noch nicht feststeht, aber ich stimme mit Shov und Laurent überein, dass das eine sehr große Herausforderung ist. Sehr groß."

Permane bestätigt zudem, dass der Reifentest im zweiten Freien Training von Mexiko mit der neuen Herangehensweise nach Meinung der Fahrer viel besser war, als jener eine Woche zuvor in Austin.

"Der Unterschied zu Austin bestand darin, dass wir die Reifen hier bei 70 Grad gefahren sind, aber zwei Stunden lang aufgeheizt haben", sagt er. "Normalerweise beträgt unsere Aufwärmzeit drei Stunden, und Mario von Pirelli hat uns gesagt, dass 70 Grad bei zwei Stunden gleich oder sogar ein bisschen weniger [Energie] verbrauchen als 50 Grad bei drei Stunden."

"Es sieht also so aus, als hätten sie in Austin bereits einen guten Kompromiss gefunden, denn unsere Fahrer, allen voran Fernando [Alonso], sagten, es sei gefährlich, er habe wirklich einen Mangel an Grip gespürt. Und ich denke, man konnte ein wenig 'Power-Sliding' und solche Dinge sehen. Und so etwas sieht man selten. Ich denke also, dass sie eine gute Richtung gefunden haben, etwas, das wir hoffentlich ins nächste Jahr mitnehmen können."

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