• 18. Juni 2022 · 16:37 Uhr

Mercedes-Krise: Hatte James Allison im Januar eine Vorahnung?

Einige Formel-1-Teams werden 2022 "ein schrecklich schmerzhaftes Jahr haben", prognostizierte James Allison im Januar - und sollte damit recht behalten ...

(Motorsport-Total.com) - Es wirkt im Nachhinein fast prophetisch, was James Allison in einem Video gesagt hat, das vom Mercedes-Team am 24. Januar 2022 veröffentlicht wurde. "Ich könnte mir vorstellen, dass sich angesichts der Tatsache, dass die Autos so neu und so unterschiedlich sind, ein oder zwei Teams vertan haben. Sie werden ein schrecklich schmerzhaftes Jahr haben", sagte der Chief Technical Officer des erfolgsverwöhnten Rennstalls damals.

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James Allison hat bereits im Januar geahnt, dass einige Teams Probleme bekommen werden Zoom Download

Außerdem meinte Allison vor fünf Monaten, er gehe davon aus, "dass wir alle bis zu einem gewissen Grad Dinge nicht bedacht oder übersehen haben. Und wir werden uns andere Autos ansehen und uns denken: 'Oh, warum haben wir nicht daran gedacht?'"

Jetzt ist Juni, Mercedes hat 2022 noch keinen Grand Prix gewonnen und hat, an dritter Stelle der Konstrukteurs-WM liegend, 118 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Red Bull. Und kein anderes Auto ist vom leidigen "Porpoising" so stark betroffen wie der F1 W13 E Performance, der unter der Federführung von Allisons Nachfolger als Technischer Direktor, Mike Elliott, entwickelt wurde.

Allison: Reporter erinnert ihn an seine Schwiegermutter!

"Wie haben Sie das diesjährige Auto so vermurkst?", fragt 'Sky'-Reporter Ted Kravitz jetzt, beim Grand Prix von Kanada in Montreal (Samstagstraining ab 19 Uhr im Formel-1-Liveticker), Allison. Der antwortet mit Galgenhumor: "Sie klingen wie meine Schwiegermutter!"

"Ich wünschte, ich könnte diese Frage beantworten. Denn wenn wir die Antwort hätten, hätten wir die Probleme bereits behoben", sagt Allison. "Wenn du weißt, was du falsch gemacht hast, kannst du diagnostizieren, wie du es richtig machen kannst. Dann hätten wir es wahrscheinlich schon richtig hinbekommen. Oder zumindest fast richtig."

Er gibt offen zu: "Wir haben das 'Porpoising'-Problem nicht kommen sehen. Das trifft in einem geringeren Ausmaß wahrscheinlich auch auf viele andere Teams zu." Das sei aber seit einigen Wochen ein Problem, "das wir inzwischen halbwegs im Griff haben".

"Aber wir haben immer noch ein Auto mit zu wenig Grip an der Hinterachse, das an unangenehmen Fahreigenschaften leidet, weil alle neuen Autos sehr steif gefedert sind und sehr nah am Boden liegen. Es ist noch kein konkurrenzfähiges Paket. Warum nicht, das wird uns - und allen anderen - wahrscheinlich erst im Laufe der Zeit klar werden."

Wie konnte Mercedes so falsch abbiegen?

Nach dem Freitagstraining in Montreal wirkte Lewis Hamilton extrem ernüchtert. Man müsse mit dem arbeiten, was man habe, und bereits ans nächste Jahr denken, sagte er dieser Tage in so einer Klarheit zum ersten Mal. Und ganz egal, was man mit dem W13 auch probiere: Es werde nicht besser, sondern gefühlt immer noch schlechter.

Erklärungsansätze sind rasch gefunden. Die CFD-Simulationswerkzeuge waren nicht darauf programmiert, ein Phänomen wie "Porpoising" zu erschnüffeln, und die Geschwindigkeiten, mit denen im Windkanal gearbeitet werden darf, sind durch das Reglement streng limitiert. Aber nur bei hoher Geschwindigkeit tritt aerodynamisches "Porpoising" auf.

Allison: Warum der Windkanal nicht hilfreich ist

"Der Windkanal ist kein hilfreiches Umfeld, um dieses Problem vorherzusehen oder zu beheben. Und wenn deine CFD-Werkzeuge nicht auf solches Fahrverhalten eingestellt sind - und das waren sie die letzten zehn Jahre nicht -, dann musst du das neu erfinden, wenn du realisierst, dass du da in ein Loch gefallen bist. Und wieder herausklettern", sagt Allison.

"Wenn man sich die letztjährigen Autos angeschaut hat, jedes einzelne, dann lagen die im Vergleich zu den neuen Autos stratosphärisch hoch, was die Bodenhöhe betrifft. Du konntest unter dem Auto durchschauen und blauen Himmel sehen, selbst beim vielzitierten 'Low-Rake'-Mercedes. Der lag immer noch viel höher als jedes Auto, das jetzt in der Boxengasse steht."

"In der neuen Formel findest du Anpressdruck, wenn das Auto nah am Boden liegt. Das ist ein schwieriger Bereich, in dem man da arbeiten muss. Einerseits möchtest du den Anpressdruck, andererseits willst du nicht aufsetzen. Da musst du den besten Kompromiss finden. Aber selbst das bestmögliche Handling der neuen Autos ist immer noch schwierig im Vergleich zu dem, was wir vorher hatten", erklärt Allison.

W13: Am Anpressdruck liegt's nicht

Der W13 von Mercedes spuckte über den Winter im Windkanal hervorragende Werte aus, was den Anpressdruck betrifft, hört man. Das lag auch am "Zero-Pod"-Konzept mit den eng anliegenden Seitenkästen. Die sind aber gleichzeitig ein wunder Punkt, weil dadurch der Unterboden stärker exponiert ist als bei anderen Fahrzeugen der Generation 2022.

Das aerodynamisch getriggerte "Porpoising" bekommt Mercedes seit dem Barcelona-Update langsam besser in den Griff. Das mechanische "Bottoming", also das Aufsetzen des Unterbodens auf der Fahrbahn aus fahrdynamischen Gründen, noch nicht. Das wirkt sich auf welligen Stadtkursen wie Monte Carlo, Baku und Montreal besonders negativ aus.

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