• 19. Februar 2022 · 14:37 Uhr

Warum Michael Masis Aus als Formel-1-Rennleiter unvermeidbar war

Michael Masis Aus als Formel-1-Rennleiter ist keine große Überraschung - Der Australier stand von Anfang an vor einer eigentlich unmöglichen Aufgabe

(Motorsport-Total.com) - Am Donnerstag verkündete die FIA, dass Michael Masi seinen Job als Formel-1-Rennleiter verloren hat. In Anbetracht der Nachwehen des Saisonfinals 2021 in Abu Dhabi war das keine große Überraschung. So war bereits zuvor klar, dass es Veränderungen bei der Entscheidungsfindung in der Formel 1 geben würde.

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Michael Masi ist nicht länger Rennleiter der Formel 1 Zoom Download

Es gab zwar bis zuletzt eine Chance, dass der Australier Teil eines überarbeiteten Systems bleiben würde, bei dem seine Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Und tatsächlich berichteten Quellen wenige Tage vor der Entscheidung noch, dass die FIA mit Masi weitermachen werde.

Nach Gesprächen mit Formel-1-Boss Stefano Domenicali und den Teams am Montag in London kam der neue FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem letztendlich aber zu dem Schluss, dass Masi seine Position nicht behalten kann. Starke Vorbehalte vieler Fans aber auch von Insidern des Sports sorgten dafür, dass Masi gehen musste.

Es wurde allerdings nicht nur der Rennleiter ausgewechselt, das ganze System wurde überarbeitet. Das wirft bei vielen die Frage auf, ob man Masi nicht die Chance hätten geben sollen, unter den neuen Umständen - also ohne permanente Funksprüche der Teams und mit Hilfe des neuen "VAR" - weiterzuarbeiten.

Zwei Rennleiter besser als einer?

Stattdessen wurde die Rolle des Rennleiter zwischen WEC-Veteran Eduardo Freitas und dem ehemaligen DTM-Mann Niels Wittich aufgeteilt. Letzterer hatte bereits zuvor bei der FIA unterschrieben und hätte 2022 Masis Stellvertreter werden sollen. Eine interessante Wahl, weil beide zwar viel Erfahrung in anderen Serien haben.

Über die Formel 1 müssen beide allerdings noch eine Menge lernen. Außerdem verliert die Formel 1 etwas an Kontinuität, weil der Job jetzt zwischen zwei Männern aufgeteilt wird. Zumindest in der Theorie sollte das der Konstanz beim Entscheidungsfindungsprozess eher schaden als helfen.

Einige Wochen zuvor sagten Quellen noch, dass der Zwei-Mann-Plan genau aus diesem Grund wieder verworfen wurde. In den folgenden Tagen und Wochen wurde allerdings klar, dass es unmöglich war, einen geeigneten Kandidaten zu finden, der den Job alleine machen wollte und auch konnte.

So ist Freitas' Kalender durch seinen Job in der Langstrecken-WM beispielsweise bereits so voll, dass er nicht zusätzlich noch 23 Formel-1-Rennwochenenden übernehmen konnte. Scot Elkins war ein weiterer Kandidat, doch der hatte bereits Verpflichtungen in der Formel E und der DTM.

FIA überarbeitet komplette Struktur

Ein Vorteil der neuen Struktur ist nun, dass nicht die Gefahr besteht, dass ein Mann alleine zu mächtig wird. Außerdem nimmt es Druck von den Schultern, diesen sehr schwierigen Job, bei dem man unter ständiger Beobachtung von Teams und der gesamten Welt steht, nicht alleine machen zu müssen.

Freitas und Wittich teilen sich diese Last nun und können sich gegenseitig den Rücken freihalten, auch wenn sie nur an wenigen Wochenenden wirklich zusammenarbeiten werden. Dazu hat die FIA die clevere Entscheidung getroffen, etwas von der Erfahrung zurückzubringen, die seit dem Tod von Charlie Whiting vor der Saison 2019 gefehlt hat.


Fotostrecke: Charlie Whiting (1952-2019)

Whiting arbeitete viele Jahre mit seinem engen Freund und ehemaligem Brabham-Kollegen Herbie Blash zusammen, der stellvertretender Rennleiter war. Sie hatten eine dieser Beziehungen, bei der jeder wusste, was der andere denkt, und bei der man die Sätze des anderen beenden kann.

Ende 2016 sorgte die damalige FIA-Struktur dafür, dass Blash in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wurde. Er musste seine Rolle aufgeben, damit neue Stellvertreter mit dem Ziel installiert werden konnten, eines Tages Whitings Job zu übernehmen. So kam auch Michael Masi in die Formel 1.

Rennleiter bekommt deutlich mehr Unterstützung

Mitte des vergangenen Jahres verlor die FIA mit Colin Haywood einen weiteren wichtigen Mann. Er fungierte als Systemmanager der Rennleitung und war so etwas wie der dritte Mann im Team Whiting/Blash. Er war kurzzeitig Masis Stellvertreter, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedete. Sein Fehlen war in der zweiten Saisonhälfte 2021 spürbar.

Blash, der im September 73 wurde, ist mit seiner Arbeit für Yamaha in der Superbike-WM bereits gut beschäftigt. Nun kehrt er in einer neuen Rolle als permanenter Berater für die Rennleitung in die Formel 1 zurück. Er wird neben dem Rennleiter und seinem Stellvertreter sitzen und ihnen mit seiner Erfahrung zur Seite stehen.

Seine Präsenz soll Teams und Fahrern außerdem etwas von der Nervosität nehmen, die die Arbeit mit Neulingen in der Rennleitung mit sich bringen könnte. Unterstützung erhält die Rennleitung in Zukunft außerdem durch das, was Ben Sulayem als "Virtual Race Control Room" bezeichnet.

Es ist ein ebenfalls logischer Schritt. So musste Masi in der Vergangenheit gleichzeitig Wiederholungen einer Kollision anschauen, die Aufräumarbeiten an der Strecke im Auge behalten und das Safety-Car einsetzen. In Zukunft bekommt der Rennleiter bei der ersten Aufgabe aus dieser Liste Unterstützung.

Weniger Druck auf die Rennleitung

Durch den aus dem Fußball bekannten Videoschiedsrichter "VAR" kann der Rennleiter sich in Zukunft auf die Sicherheitsaspekte konzentrieren. Er kann seine Kollegen um ein Urteil bitten, wer für einen Unfall verantwortlich war, bevor er diese Information zur weiteren Untersuchung an die Stewards weitergibt.

Die Entscheidung, die Funksprüche zwischen Boxenmauer und Rennleitung nicht mehr im TV zu übertragen und die Teamchefs nicht mehr persönlich sprechen zu lassen, wurde noch am Sonntag des Abu-Dhabi-Rennens in Erwägung gezogen. Zwar boten diese Gespräche einen großen Unterhaltungswert.


Fotos: FIA-Gala 2021 in Paris


Doch in Abu Dhabi geriet die Situation außer Kontrolle, und viele Beobachter glauben, dass der Druck, den Teamchef Christian Horner und Sportdirektor Jonathan Wheatley von Red Bull auf Michael Masi ausübten, einen direkten Einfluss auf dessen Entscheidungen am Ende des Rennens hatte.

Masi war übrigens einst in die Entscheidung eingebunden, seinen Funkverkehr zu übertragen. Er wurde nicht dazu gezwungen. Es ist unwahrscheinlich, dass sein Vorgänger Charlie Whiting dieser Maßnahme jemals zugestimmt hätte - selbst unter Druck der Formel-1-Bosse.

Bleibt Masi weiter bei der FIA?

Selbst wenn man Whiting und Blash während einer Safety-Car-Phase früher im TV sah, dann wurden diese Aufnahmen teilweise bereits am Freitag zuvor aufgenommen, als er widerwillig zustimmte, den Formel-1-Kameras Zutritt zur Rennleitung zu gewähren, um einige Bilder zu drehen.

In Zukunft werden die Sportdirektoren und Teammanager weiterhin die Möglichkeit haben, mit der Rennleitung zu sprechen. Allerdings gibt es deutlichere striktere Regeln als bisher. Die emotionalen Funksprüche, die im vergangenen Jahr zu hören waren und die Rennleitung beeinflussen sollten, wird es nicht länger geben.

Ben Sulayem hat derweil angekündigt, dass Masi eine andere Rolle innerhalb der FIA erhalten soll. Der Australier hatte zuvor bereits andere Jobs und war beispielsweise Sicherheitsdelegierter und Streckeninspektor. Nun muss er selbst entscheiden, ob er weiter an Bord bleiben möchte.

Auf der persönlichen Ebene ist seine Absetzung natürlich ein harter Schlag für ihn. Man könnte es ihm nicht verübeln, sich in der ganzen Sache als Sündenbock zu sehen. Er mag nicht alles richtig gemacht haben, aber in den vergangenen drei Jahren hat er auch viele gute Dinge getan.

2022 ein kompletter Neuanfang

Außerdem darf man nicht vergessen, dass er von Anfang an vor einer unmöglichen Aufgabe stand, weil er von heute auf morgen mit Charlie Whiting einen Mann ersetzen musste, der den Job mehr als zwei Jahrzehnte lang gemacht hatte. Letztendlich kam zu früh zu viel auf Masi zu.

Erschwerend kam hinzu, dass die Stimmung in den sozialen Medien selbst in der kurzen Zeit seit Whitings Tod immer hitziger geworden war. Es war eine ganze Menge für Masi, der nun erst einmal einen Schritt zurückgehen kann und das Leben vielleicht erst einmal wieder genießen möchte.

Der Große Preis von Abu Dhabi hätte mit dem Kampf um den WM-Titel zwischen zwei Giganten des Sports ein großer Tag für die Formel 1 werden wollen. Stattdessen haben die Ereignisse einen großen Schaden angerichtet. Fans von Lewis Hamilton waren aufgebracht, neutrale Zuschauer einfach verwirrt.

Der Saisonauftakt 2022 in Bahrain wird für alle ein Neuanfang sein. Den beiden neuen Rennleitern der Formel 1 bleibt zu wünschen, dass sie niemals in die Situation kommen, in der Michael Masi am Ende des vergangenen Jahres streckte ...

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