• 07. Juli 2020 · 10:55 Uhr

Sebastian Vettel packt aus: So geht's jetzt weiter!

Bei 'ServusTV' spricht Sebastian Vettel ungewohnt offen über den Rausschmiss bei Ferrari, eine mögliche Rückkehr zu Red Bull und seine Chancen bei Mercedes

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel weiß noch nicht, ob er seine Formel-1-Karriere nach Auslaufen seines Ferrari-Vertrags Ende 2020 fortsetzen wird: "Ganz ehrlich: Ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Ich weiß es auch noch nicht für mich selber", sagt der viermalige Weltmeister im Interview mit 'ServusTV'.

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Sebastian Vettel beim spannenden Interview im Media-Center in Spielberg Zoom Download

Der Haussender von Red Bull hatte am Montag nach dem Grand Prix von Österreich ins Media-Center in Spielberg geladen, und neben Vettel folgten auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner, Max Verstappen und Pierre Gasly der Einladung. Hauptact der Show war aber Vettel. Der scheidende Ferrari-Star sprach am Red-Bull-Ring ungewohnt offen über seine aktuelle Situation.

Nachdem Ferrari monatelang behauptet hatte, er sei "erste Wahl" für 2021, und in den italienischen Medien Gerüchte gestreut wurden, wonach er nicht bereit sei, auf einen Teil seines Gehalts zu verzichten, ist Vettel am Donnerstag der Kragen geplatzt. In der FIA-Pressekonferenz stellte er seine Sicht der Dinge dar. Und die lautet: Ferrari hat ihn ohne Vertragsangebot einfach abserviert.

Bei dieser Story bleibt Vettel. Er habe ausgepackt, weil das Thema "Überhand genommen" hat, erklärt er: "Mir wurde gesagt [...]: 'Wir wollen weitermachen.' Bis ich dann aus dem Nichts ein Telefonat bekommen habe, indem man mir klargemacht hat, dass es kein Angebot geben, dass es keine Zukunft geben wird. Das hat mich dann im ersten Schritt schon überrascht."

Vettel: Will auf Ferrari "nicht rumreiten"

Auf der Erklärung, die Teamchef Mattia Binotto am Freitag angeboten hat, nämlich dass man Vettel ursprünglich tatsächlich behalten wollte, dann aber die Coronakrise dazwischen kam, will Vettel "nicht rumreiten", wie er sagt. Gleichzeitig macht er aber keinen Hehl daraus, dass er die Diskussionen um sein Gehalt für eine Nebelgranate hält.

Medienberichte, "dass wir uns nicht auf das Finanzielle einigen konnten", seien "überhaupt kein Thema" gewesen, unterstreicht der viermalige Weltmeister. Er signalisiert, dass er auch ein im Gehalt reduziertes Vertragsangebot möglicherweise angenommen hätte, da er durch seine erfolgreichen Jahre in der Formel 1 finanziell ohnehin "eine gewisse Unabhängigkeit" erreicht hat.

"Das wäre mit Sicherheit kein Hindernis gewesen", stellt er klar. "Aber gut. Mit der Entscheidung, so wie sie ist, habe ich kein Problem. Ich akzeptiere sie auch so - versuche aber trotzdem, dieses Jahr meine Aufgabe zu erfüllen und anders als am Sonntag einen besseren Job zu machen und das Beste fürs Team zu geben, um das zu einem runden Abschluss zu bringen."


Spielberg in der Analyse: Vettel ist "schwer zu verteidigen"

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"Die letzten fünf Jahre haben nicht das gebracht, was von beiden Seiten das Ziel war. Trotzdem glaube ich, dass es auf jeden Fall eine Option gewesen wäre, weiterzumachen und an dem Ziel zu arbeiten. Das Ziel war damals, das Team neu aufzubauen. Mit Sicherheit haben beide Seiten alles versucht. Unterm Strich sind wir aber sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite gescheitert. Weil der Titel ausgeblieben ist."

Vettel stellt klar, dass Geld keine Motivation ist, seine Karriere fortzusetzen: "Wichtig ist, ein Umfeld zu finden, das passt." Das sei bei Ferrari nicht mehr der Fall gewesen: "Ich habe die letzten fünf Jahre in vielerlei Hinsicht sehr genossen. Aber die letzten fünf Jahre haben auch sehr viel Kraft gekostet."

"Jetzt ist das für mich eine neue Situation", räumt er ein. "Wichtig wird für mich sein, etwas zu finden, was mir taugt und Spaß macht. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache." Die Gage - zuletzt soll er bei Ferrari 30 Millionen Euro pro Jahr verdient haben - stehe dabei "überhaupt nicht im Vordergrund". Das klingt nach einem, der durchaus offen für Angebote ist.

Vettel stellt klar: Ich will weitermachen!

"Motorsport ist mein Leben", sagt Vettel. "Ich kenne es nicht anders. Mit der richtigen Aufgabe und dem richtigen Platz würde ich mich nach wie vor sehr zu Hause fühlen in einem Formel-1-Auto. Die nächsten Wochen, Monate, werden Aufschluss geben - auch für mich selber -, was möglich ist und was ich machen will."

Dabei spuken verschiedene Möglichkeiten durch die Gerüchteküche. Der deutsche Boulevard träumt von einem Mercedes-Dreamteam mit Lewis Hamilton. Vettel glaubt aber nicht, dass bei Toto Wolff, den er schätzt, eine Tür aufgehen wird: "Theoretisch sind noch beide Plätze frei. Aber es ist klar, dass Lewis weitermachen kann, wenn er will. Und bei Valtteri ist es nach dem Sieg am Sonntag ähnlich."

Eine Rückkehr zu Red Bull hat Helmut Marko schon vor Wochen ausgeschlossen. Vettel-Fans können nur hoffen, dass Alexander Albon hinter den Erwartungen zurückbleibt und ein Fahrerwechsel dadurch möglich wird. Vielleicht sogar noch während der Saison 2020. Das ist Stand heute wilde Spekulation.

Doch bei 'ServusTV' ist das natürlich ein Thema. Teamchef Christian Horner unterstreicht die bisher getroffenen Aussagen, wenn er sagt, dass Max Verstappen und Albon einen "super Job" machen und er sich "sehr schwer" damit tut, eine Möglichkeit für eine Vettel-Rückkehr zu sehen: "Wir hätten ja nicht damit gerechnet, dass er auf dem Markt ist."

Tatsache ist aber auch: Der Erste, den Vettel nach der Kündigung durch Ferrari angerufen hat, war sein langjähriger Förderer Marko. "Ganz offen: Ich habe ihn direkt nach der Entscheidung angerufen. Aber zunächst nicht, um zu fragen: 'Helmut, hast du einen Platz?' Sondern weil ich mich mit ihm sehr gut verstehe und er auch schon seit Jahren ein Vertrauter ist."

Was Vettel mit Marko besprochen hat

"Ich habe ihn um Rat gebeten. Ich habe ihm die Situation so geschildert, wie sie ist. Er ist ja auch dafür bekannt, sein Herz auf der Zunge zu tragen. Und ich habe dann mit ihm gesprochen. Was letzten Endes rauskommt, wird sich zeigen."

Aufmerksamen Beobachtern ist aufgefallen, dass Vettel am vergangenen Wochenende in Spielberg erneut bei Marko und Horner stand - übrigens ohne Gesichtsmaske, weswegen der Smalltalk von den Medien aufgegriffen wurde. Die Fotos, die anschließend in Umlauf kamen, heizen die Gerüchteküche naturgemäß an.

Vettel betont auch, dass er sich selbst um seine Zukunft kümmert und sich weiterhin nicht durch einen Manager vertreten lässt: "Die Gespräche führe ich selber. Ich habe mittlerweile natürlich ein bisschen ein Umfeld, aber nach so vielen Jahren kennt man die Leute. Ich würde jetzt nicht über irgendwen anderen den Christian anrufen."

Die beiden von Red Bull in die Formel 1 gebrachten "Vs", Verstappen und Vettel, in einem Team: ein Gedanke, den Dietrich Mateschitz als reizvoll empfinden könnte. Verstappen hätte damit jedenfalls "kein Problem", wie er sagt: "Hatte ich ja auch mit Daniel schon. Das hat gut funktioniert. Aber am Ende ist das natürlich nicht meine Entscheidung."

Und auch Horner streckt gefühlt die Hand aus, wenn er sagt, dass man mit Vettel und Verstappen "fantastisch" arbeiten könnte. Man habe zu Vettel "ein tolles Arbeitsverhältnis" gehabt, und mit Verstappen sei das jetzt nicht anders. Aber er sagt im gleichen Atemzug: "Alex Albon entwickelt sich auch sehr gut."

Wenn schon Rücktritt, dann für immer

Realistischerweise deutet vieles darauf hin, dass Vettel 2021 nicht Formel 1 fahren wird. Und wenn er einmal zurücktritt, dann könnte es ein Abschied für immer werden. Bei 'ServusTV' sagt er: "Wenn man die Entscheidung trifft, die Tür zuzumachen, dann sollte man sie nicht so treffen, dass man die Hoffnung hat, sie wieder aufzumachen. Es sei denn, es ist von vornherein klar."


Fotostrecke: "Grazie ragazzi": Sebastian Vettels Ferrari-Momente

Heißt übersetzt: Wenn Vettel ein Jahr "Sabbatical" einlegt, wie das im Neudeutschen heißt, dann nur mit der konkreten Aussicht, 2022 zurückzukehren - oder im Idealfall sogar schon mit einem Vertrag in der Tasche. Das haben vor ihm schon andere Größen so gemacht. Man denke nur an Alain Prost, der 1992 zu Hause blieb und 1993 auf Williams noch einmal Weltmeister wurde.

Doch die Indizien, dass Vettels Karriere zu Ende geht, häufen sich. In der Steiermark hat er sich jetzt eine Almhütte gekauft. "Ich bin einmal im Jahr da. In Zukunft schauen wir mal, ob ich noch einmal im Jahr da bin, oder eher öfter. Weil ich dann vielleicht Zeit habe, mich drum zu kümmern", deutet der 33-Jährige an.

Übrigens: Die in einem Kommentar auf 'Motorsport-Total.com' geäußerte Theorie, dass er während der Coronakrise zu Hause bei Familie und Kindern auf den Geschmack gekommen sein könnte, streitet Vettel gar nicht erst ab. Bei 'ServusTV' plaudert er erstmal über seine ungewöhnlich frühe Abreise aus Melbourne und die Zeit zu Hause in der Schweiz.

"Ich war einer der Ersten, die die Flucht ergriffen haben, als das Urteil am Donnerstag gefallen war. Ich saß schon um 6:00 Uhr morgens am Flughafen und war unterwegs nach Hause, weil ich natürlich sichergehen wollte, dass ich auch nach Hause komme. Zwei Tage später waren dann schon einige Grenzen zu", erinnert er sich.

Vettel: So hat er die Coronakrise erlebt

"Am Anfang dachte ich, jetzt wird's halt ein paar Wochen ruhiger, und habe erstmal einen Plan gemacht, damit ich gut trainiere und gut vorbereitet bin. Erstmal für sechs Wochen. Aus denen wurden dann weitere sechs Wochen. Ich fühle mich fast ein bisschen schuldig, das zu sagen, aber ich habe das sehr genossen zu Hause!"


Sport und Talk am Red-Bull-Ring

"Ich hatte für die ganzen Arbeiten rund ums Haus Zeit, die sonst liegenbleiben, die man aber selber erledigen will. Und ich habe mit den Kindern sehr viel Zeit verbracht. Gerade mit dem Kleinen jetzt. Dass ich die Zeit mit den ersten beiden ein bisschen verpasst hab' ... Da war's jetzt natürlich noch intensiver und sehr schön."

"Uns ist immer was eingefallen. Homeschooling war nicht so ernst, denn die Kleinen gehen noch in den Kindergarten. Vom Kindergarten aus gab's dann mal so ein bisschen was am Laptop, aber das hat die Zwei dann nicht so wirklich interessiert. Deswegen waren zu Hause mehr wir gefragt als Eltern. Wir haben das wirklich sehr genossen, die extra Zeit, die wir alle so nicht kennen."

"Für uns war es viel Zeit, um uns einerseits vorzubereiten, denn der Winter ist dann doch vollgepackt mit vielen Dingen. Und andererseits Dinge zu machen, die man gerne macht. Ich war auch viel draußen. In der Schweiz war's doch relativ locker. Und ich konnte den Frühling genießen. Ich war viel auf dem Fahrrad unterwegs."

Vettel klingt nicht nach einem, der schon bereit ist, die Formel 1 aufzugeben. Aber er klingt auch nicht nach einem, der zu Hause verzweifeln würde. Auch wenn er von Ferrari abserviert wurde: Er hat den Luxus, jetzt ohne Zeitdruck zuzuwarten, ob sich unerwartet Möglichkeiten ergeben. Und wenn nicht, dann freuen sich seine Frau und seine Kinder ...

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