• 15. November 2019 · 10:09 Uhr

Pizzabäcker, Australian Open: Hülkenberg schließt mit Formel 1 ab

Das Ende eines Kapitels, aber nicht der Karriere: Nico Hülkenberg spricht erstmals offen über seine Pläne für 2020 und die Gerüchte, er werde IndyCar fahren

(Motorsport-Total.com) - Nico Hülkenberg, das spürt man, wenn man ihm zuhört, hat damit begonnen, mit dem Kapitel Formel 1 (zumindest erstmal) abzuschließen: "Die Würfel sind gefallen", sagt er vor dem vorletzten Saisonrennen in Brasilien (Formel 1 2019 live im Ticker) und spricht damit erstmals aus, was ohnehin seit Wochen klar ist. "Jetzt ist die Situation so. Ich komme damit gut klar."

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Nico Hülkenberg und sein Medienberater Raoul Spanger beim Grand Prix der USA Zoom Download

Vor zwei Wochen in den USA keimte am Sonntagmorgen nochmal Hoffnung für die Hülkenberg-Fans auf, als wir vermeldeten, ein Wechsel zu BMW in die DTM sei wahrscheinlich. Das entpuppte sich jedoch als "Ente": Unsere Kollegen vom Schwesternportal it.motorsport.com hatten entsprechende Informationen aus dem Paddock offenbar überinterpretiert - und wir waren zu gutgläubig und haben die Information ohne deutsche Kontrolle zweitverwertet.

Aus der angeblichen BMW-Bekanntgabe am Dienstag wurde nichts, und so entschuldigten wir uns für die Verbreitung der falschen Gerüchte zuerst telefonisch bei Hülkenbergs Medienberater und danach auch nochmal öffentlich im Podcast 'Starting Grid', in dem wir mit Formel-1-Experte Marc Surer unter anderem auch über die Zukunft von Hülkenberg fachsimpelten.

Surer legte Hülkenberg nahe, er möge sich jetzt nicht mit Engagements in anderen Rennserien blockieren - für den Fall, dass in der Formel 1 eine Tür aufgehen sollte. Wenn sich einer der Topfahrer verletzt, einer der Paydriver sein Geld nicht bringt oder einer einfach keine Leistung abliefert, wäre er der Erste, der von der Ersatzbank wieder ins Grand-Prix-Cockpit wechseln könnte.

Hülkenberg: Keine Eile, was zu unterschreiben

Hülkenberg scheint Surers Ratschlag plausibel zu finden. Zumindest sagt er: "Ich habe noch nichts unterschrieben. Und ich werde in absehbarer Zukunft auch nicht. Ich habe mehrere Anrufe von verschiedenen Rennserien und Teams erhalten. Aber im Moment passiert da nichts."

Ein heißes Gerücht: dass er für das Team von Ed Carpenter IndyCar fahren könnte. Chef Carpenter selbst würde die Ovalrennen fahren, Hülkenberg die Straßenrennen. So berichtet es 'auto motor und sport'. "Ich bin kein Fan von Ovalen. Haut mich nicht um. Und ich habe auch zu viel Respekt davor. Das ist einfach nicht mein Ding", bestätigt Hülkenberg.

Auch dass die IndyCar-Serie grundsätzlich ein Thema ist, streitet er nicht ab: "Schätze schon. Einerseits ja." Aber "wenn, dann nur auf Straßenkursen". Auf konkrete Nachfrage, ob es denn Gespräche mit Carpenter gegeben habe, reagiert er ausweichend: "Ich rede im Moment mit niemandem. Nur mit dir!" Und kontert auf neuerliche Nachfrage, ob es ein Telefonat gegeben habe, vielsagend: "Warum ist das so interessant?"

Tatsache ist: Carpenter sucht für 2020 noch Fahrer. Spencer Pigot ist gerade rausgeflogen, weil er kein Geld mitbringen kann. Das Full-Season-Cockpit ist aber für Hülkenberg kein Thema. Und bezüglich eines reinen Straßenrennen-Deals mit Hülkenberg dementiert Carpenter gegenüber 'Motorsport-Total.com': "Ich bin nicht dazu bereit, über unsere Fahrerpaarung zu sprechen. Aber der Teil stimmt nicht."

Hülkenberg stellt indes klar: "Ich bin recht gelassen. Ich beende jetzt mal die Saison - so erfolgreich wie möglich. Danach möchte ich erstmal abschalten und mir Zeit für mich nehmen. Um zu sehen, was mich interessiert. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich in irgendetwas reinstürzen muss, nur um irgendwo Rennen zu fahren. Ich bin ganz entspannt."

Das spürt man auch, wenn man mit ihm spricht. Es schwingt keine Verbitterung mit, wenn er ans (vorläufige) Ende seiner Formel-1-Karriere denkt: "Gar nicht." Allerdings räumt er ein: "Im Moment ist die Wahrnehmung irgendwie bewusster, intensiver. Vielleicht hat man auch eine höhere Wertschätzung, weil es das letzte Mal sein könnte."

Hülkenberg stellt klar: "Das ist kein Rücktritt!"

Und er unterstreicht: "Das ist kein Rücktritt! Das ist das Formel-1-Aus für das Jahr 2020. Ob sich danach nochmal was ergibt, weiß ich nicht - weiß keiner aktuell. Aber ich liebe den Sport. Die Formel 1 hat die schnellsten, hochentwickeltsten, besten Autos der Welt. Ich werde mich bereit und fit halten für ein mögliches Comeback, wenn es da eine Möglichkeit geben sollte."

Dass die Formel-1-Karriere zumindest vorerst zu Ende geht, nimmt der 32-Jährige mit Humor. "Zur Auswahl steht: Pizzabäcker, Friseur, Zahnarzt, Schönheitschirurg, Frauenarzt", scherzt er. Und schließt Frauenarzt gleich wieder aus: "Ich bin nur zur Hauptschule gegangen. Ich war nie auf einem so hohen Niveau! Latein gibt's in der Hauptschule nicht. Das ist nur was fürs Gymnasium ..."


Warum Hülkenberg bei Renault gehen muss

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Nicht mehr Formel-1-Fahrer zu sein, hat auch Vorteile: "Ein bisschen mehr Freizeit, und nicht nach diesem Kalender leben zu müssen. Ein Teil von mir ist jetzt, wo das Gewissheit ist, auch irgendwo darauf gespannt. Natürlich ist auch ein großer Teil von mir sehr traurig - und der wird noch trauriger sein, wenn ich die Rennen verfolge. Wenn ich sie denn verfolge!"

"Aber es gibt schon Dinge, die ich machen werde, die ich in den letzten zehn Jahren nicht machen konnte. Wegen Terminen, wegen Zeitmangel. Zum Beispiel nach Australien fliegen zu den Australian Open im Januar. Diverse Auto-Rallyes mitmachen mit Freunden. In Urlaub fahren nicht zur Hauptsaison, wo es am teuersten ist ..."

"Du Armer. Mir kommen die Tränen", hakt ein Journalist ein, stets in lockerer, entspannter Atmosphäre - so, wie Hülkenbergs Medientermine meistens verlaufen sind. "Ballermann im August", witzelt der Renault-Pilot. "Fest vorgenommen" hat er sich - ganz im Ernst - die Australian Open (Tennis): "Das lag immer in der Vorbereitung, wo du in die Fabrik musst, Trainingslager und so weiter. War immer schwierig."

So kann er mit 32 und den Millionen, die er in den vergangenen drei Jahren bei Renault verdient hat, erstmal sein Leben genießen, ohne unter Druck zu stehen, sofort wieder was machen zu müssen. Was ihm die Gelegenheit gibt, nicht jedes dahergelaufene Angebot annehmen zu müssen - sondern auf perfekte Chancen warten zu können.

Und Ferrari so: "Hülki, jetzt sind wir bereit für dich!"

Wobei Hülkenberg einschränkt: "Perfekt wäre jetzt vermessen. Ich werde nicht so vermessen sein zu glauben, dass Ferrari anruft und sagt: 'So, Hülki, jetzt sind wir bereit für dich!' Man muss auch Realist bleiben. Aber das steht alles in den Sternen. Es kann sich was ergeben. Kann aber auch nicht. Was ich dann machen werde, kann ich nicht sagen."

Der Druck, "was machen zu müssen", sei nicht da: "Wollen natürlich! Irgendwann werde ich was machen wollen. Nichts mehr machen? Irgendeine Aufgabe und Erfüllung brauche ich. Ob die dann vielleicht sogar mehr ins Geschäftliche geht? Kann auch sein. Aber sportlich den Adrenalinkick zu haben, im Wettkampf zu sein, das wird schon irgendwie ersetzt werden müssen langfristig."

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Im Aquaplaning von Hockenheim endeten Nico Hülkenbergs Renault-Chancen Zoom Download

Dass es mit dem Verbleib in der Formel 1 nicht geklappt hat, bedauert Hülkenberg. Eine Vertragsverlängerung mit Renault hat er wohl selbst verspielt, und das ausgerechnet beim Heimrennen: "Hockenheim war bitter. Das hat eine Konsequenz gehabt für nächstes Jahr", sagt er, ohne näher auf seinen Ausrutscher im Regen und die unmittelbaren Folgen davon einzugehen.

"Mit Haas", sagt er, "bin ich mir einfach nicht einig geworden. Aber das ist okay, das ist, wie es ist." Williams war nie ein Thema. Und der letzte Strohhalm Alfa Romeo hatte sich auch erledigt, als dort Antonio Giovinazzi bestätigt wurde. Das wusste Hülkenberg, sagt er, "ein bissl früher" als die Journalisten die offizielle Bekanntgabe in ihren E-Mail-Postfächern hatten.

Was bleibt, ist eine unvollendete Karriere. Gerade Brasilien ist ein Schicksalsort für Hülkenberg. 2010, in seiner ersten Formel-1-Saison, stand er dort sensationell auf Pole-Position. Und 2012 lag er haushoch in Führung, bis das Safety-Car seinen Vorsprung zunichtemachte und er mit Lewis Hamilton kollidierte. Es hätte sein erster Sieg werden können. Am Ende wurde es nicht einmal ein Podium.

"Natürlich gibt es verpasstes Potenzial, verpasste Ergebnisse", sagt Hülkenberg. "Aus diversen Gründen hätten die letzten zehn Jahre hier und da besser laufen können. Es hätten die Podiums stehen können, es hätte vielleicht sogar mehr werden können. Aber es ist halt so gelaufen, wie es ist."

"Ich kann damit leben, muss damit leben - es ist sowieso nicht zu ändern. Ich bin aber im Reinen mit mir und komme gut klar."

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