• 09. Januar 2019 · 10:41 Uhr

Mercedes relativiert Felgen-Effekt, setzt auch 2019 darauf

"In der Formel 1 gibt es keine Allheilmittel", sagt Toto Wolff über die gelochten Mercedes-Felgen, die auch in der Saison 2019 eingesetzt werden sollen

(Motorsport-Total.com) - Die gelochten Mercedes-Felgen waren im letzten Saisonabschnitt 2018 eines der meistdiskutierten Themen der Formel 1. Während Insider überzeugt sind, dass die optimierte Kühlung der Reifen ein Erfolgsgeheimnis der Silberpfeile war, beteuert das Team selbst stets, dass der Felgen-Effekt von den Medien stark übertrieben dargestellt wurde.

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Mercedes-Felgen mit und ohne Löchern: Eines der großen Themen 2018 Zoom Download

"Die Felgen", sagt Teamchef Toto Wolff in einem kurz vor Weihnachten geführten Interview mit 'Motorsport-Total.com', "waren kein entscheidender Faktor. Das war ein Detail, und in der Formel 1 neigt man dazu, auf Details zu springen, als das vermeintliche Allheilmittel. Aber in der Formel 1 gibt es keine Allheilmittel. In der Formel 1 funktioniert das Auto, das das beste Paket ist und am besten funktioniert."

Dabei suggerieren die Ergebnisse etwas anderes. In Spa, hat Wolff stets erklärt, habe man entdeckt, warum der Mercedes manchmal Reifenprobleme hatte. Von da an gewann Lewis Hamilton vier Rennen hintereinander. Danach wurden die Löcher in den Felgen aus Angst vor einem Ferrari-Protest geschlossen, und prompt gewann Mercedes nicht mehr. "Das ist die einfache Interpretation. Ich versichere: Es ist nicht so", winkt Wolff ab.

Rückendeckung erhält er von unserem Experten Marc Surer, der das Felgenthema in unseren "konspirativen Thesen" zur Formel-1-Saison 2018 als "völlig überbewertet" eingestuft hat (Formel-1-Podcast in voller Länge hören!). Gleichzeitig hält Surer fest: "Wenn man Hamilton zuhört, war das Überhitzen der Hinterreifen immer ein Thema. Diese Felgen haben geholfen, das Überhitzen unter Kontrolle zu bekommen."

Felgen helfen auf manchen Strecken enorm

Nur: Mercedes hat damit ein Problem gelöst, das andere Teams gar nicht erst lösen mussten, weil deren Hinterreifen nicht überhitzten. Ergo bedeuten die gelochten Felgen auf manchen Strecken einen Performance-Vorteil für Mercedes, weil man damit das im F1 W09 EQ Power+ schlummernde Potenzial besser nutzen konnte. Die Felgen halfen aber nicht dabei, neues Potenzial zu generieren, das vorher nicht vorhanden war.

Trotzdem lassen die Aussagen der Fahrer darauf schließen, dass die Löcher in den Felgen enorm geholfen haben. Als sie nämlich aus Angst vor einem Ferrari-Protest für ein paar Rennen geschlossen wurden, meckerte Hamilton abwechselnd über "ein schreckliches Rennen" oder sagte, er habe das Gefühl, "im Niemandsland" zu sein. Und auch Valtteri Bottas seufzte etwa in Sao Paulo: "Ich hatte Probleme mit überhitzenden Reifen. Die haben einfach nicht gehalten."

In Austin, Mexiko-Stadt und Sao Paulo verzichtete Mercedes freiwillig auf die gelochten Felgen. "Wir wollten in einem WM-Kampf, in dem wir im Grunde nur ins Ziel kommen mussten, keine Variablen offenlassen", erklärt Wolff. "Wir wollten keinen Protest mit einer Berufungsverhandlung riskieren, die sich dann vielleicht wochenlang hinzieht, wenn wir glauben, dass diese Distanzscheiben keinen entscheidenden Einfluss auf unsere Performance haben."

In Abu Dhabi wieder mit gelochten Felgen gefahren

Als Mercedes dann beide WM-Titel gewonnen hatte, wurden die Löcher für das Saisonfinale in Abu Dhabi wieder geöffnet. Hamilton, der zuvor schon in Sao Paulo triumphiert hatte, gewann das Rennen souverän vor Sebastian Vettel und Max Verstappen. "Die Temperatur", erklärte Wolff nach dem Rennen, "ist in Abu Dhabi nicht das Problem. Weil es nicht sonnig ist. Die Distanzscheiben der Felgen sind nur ein kleiner Faktor."

"Wir werden sie sicher auch nächstes Jahr verwenden!"Toto Wolff
Der Mercedes-Teamchef betont: "Wir werden sie sicher auch nächstes Jahr verwenden!" Denn die FIA-Rennkommissare haben die Löcher in den Felgen prinzipiell für legal erklärt. Dagegen kann zwar theoretisch Protest eingelegt werden - aber über den Winter soll ein verbindlicher Passus ins Reglement aufgenommen werden, der in diesem Bereich alle Grauzonen beseitigt. Wolff: "Ich glaube nicht, dass es eine verwirrende Situation ist. Wir haben das Okay von der FIA."

"Die WM war am Ende so aufgeheizt, und wir waren der Meinung, dass es keinen großen Leistungsvorteil bieten würde. Also wollten wir nicht das Risiko eingehen, die WM im Gerichtssaal zu beenden. Es ging darum, den externen Eindruck zu diesem Thema zu managen. Aber letztendlich gibt es keine bessere Sicherheit als ein Schreiben der technischen Abteilung der FIA, dass ein System in Ordnung ist. Und dieses Schreiben wurde von den Rennkommissaren noch einmal bestätigt."

FIA hat keine Bedenken für Einsatz 2019

Die FIA scheint im Hinblick auf 2019 keine ernsthaften Bedenken zu haben: "Es ist kein Geheimnis, dass die Felgen unserer Auffassung nach legal sind", sagt Charlie Whiting. "Aber wir werden eine allgemein gefasste technische Richtlinie zu diesem Thema formulieren. Nicht spezifisch auf Mercedes bezogen, sondern allgemein über dieses Design. Weil wir sicherstellen müssen, dass nicht jemand mit einer marginal oder auch erheblich anderen Variante daherkommt."


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Ferrari hätte 2018 bei einem der Rennen Protest einlegen können, räumt der Technische Delegierte der FIA ein. "Aber ich schätze, nach der offiziellen Stellungnahme der Kommissare wäre das eine völlig nutzlose Übung gewesen", bezieht sich Whiting auf die Entscheidung beim Grand Prix von Mexiko, durch die die Felgen für legal erklärt wurden. Dagegen hätte zwar berufen werden können. Große Erfolgsaussichten hätte das aber nicht gehabt.

FIA sagt: Kein aerodynamisches Hilfsmittel

Eine Einstufung der Felgen als verbotenes aerodynamisches Hilfsmittel stand zwischendurch nur laut Ferrari-Einschätzung im Raum. Whiting sieht das anders: "Solange ein etwaiger Aero-Effekt auf das Auto eher beiläufig passiert, ist es okay. Es gibt viele Dinge an den Autos, auf die das zutrifft. Die Radaufhängungen hängen auch mitten im Luftstrom. Aber ihr primärer Zweck ist eindeutig", argumentiert er.

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In Brasilien gewann Lewis Hamilton auch ohne Löcher in den Felgen Zoom Download

"Die ganze Luft, die in die Bremsbelüftung strömt, dient nicht nur der Kühlung der Bremsen", erklärt er. "Diese Luft bewirkt alle möglichen Effekte. Und da wollen wir ein bisschen mehr Klarheit schaffen." Ferrari habe nie konkrete Beweise für einen Regelverstoß vorlegen können, "weil sie die Teile am Auto nicht genau kennen. Sie wissen nicht genau, was Mercedes da macht. Sie finden, dass es prinzipiell falsch ist, ohne genau zu wissen, wie es funktioniert."

"Aber sie haben immer die Möglichkeit, einen Protest einzureichen. Das ist in diesem System so. Nehmen wir den Doppeldiffusor. Drei Teams hatten ihn Anfang 2009. Andere Teams haben dagegen protestiert - und verloren. Das ist der normale Prozess. Danach konnten sie selbst nachbauen. Das hätte hier auch passieren können. Ich weiß nicht genau, warum Ferrari keinen Protest eingereicht hat", sagt Whiting.

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