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15 statt 23 Rennen: Renault plädiert für radikalen Schnitt
Renault-Sportchef Cyril Abiteboul warnt vor der nächsten großen Krise und findet, dass weniger Formel-1-Rennen eine klügere Strategie wären als mehr
(Motorsport-Total.com) - Bigger, better, faster, more: Nach diesem Motto hat sich in den vergangenen 40 Jahren nicht nur die Weltwirtschaft entwickelt, sondern auch die Formel 1. Im Streben, immer mehr Geld zu verdienen, wurden immer mehr Rennen ausgetragen. Es herrscht längst ein Konsens darüber, dass es in Zukunft noch mehr Rennen geben soll. Die Frage ist nur: Wie viele?
Die letzte wirklich radikale Erweiterung des Rennkalenders fand 1972/73 statt, als von zwölf auf 15 Termine pro Saison aufgestockt wurde. Zwischen 1976 und 2003 wurden maximal 16/17 Grands Prix pro Saison ausgetragen. 2004 waren es erstmals 18, 2005 schon 19, 2012 erstmals 20 und 2016 und 2018 sogar 21. Geht es nach Rechteinhaber Liberty Media, dann werden es 2019 bereits 23 sein.
Jetzt gibt es erstmals jemanden, der sich gegen diese Erweiterung stellt und ganz im Gegenteil sogar für eine Reduktion ausspricht: "Wir müssen dazu in der Lage sein, mit Fans in Berührung zu kommen. Aber die Rennen müssen auch etwas Besonderes bleiben. Wir haben die kritische Marke, um noch etwas Besonderes zu sein, längst überschritten", sagt Renault-Teamchef Cyril Abiteboul im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.
Im Sommer 2018 finden fünf Grands Prix innerhalb von sechs Wochen statt, und das in einem Zeitfenster, in dem der Weltsport auch noch die Fußball-WM, Tennis in Wimbledon und die Tour de France zu bieten hat. Fans zu finden, die noch alle Rennen einer Formel-1-Saison schauen, ist eine Seltenheit geworden.
Zu müde für eine leidenschaftliche Ausstrahlung?
"Wir müssen doch eine Botschaft von Stolz, Motivation und Energie transportieren", betont Abiteboul. "Aber wie sollen wir den gleichen Enthusiasmus ausstrahlen wie früher, als sie noch 15 Rennen gefahren sind, wenn wir alle müde und erschöpft sind? Ohne diese Energie ist es schwierig, den Funken überspringen zu lassen. Es ist Routine für uns. Es sollte aber kein alltäglicher Job sein. Wir haben die Balance längst verloren."
Dabei ist die Logik von Liberty Media eine erschlagende: Mehr Veranstalter, die für ihre Grands Prix Geld an die Formel 1 überweisen, desto besser a) für den Rechteinhaber und b) für die Teams, die an den Einnahmen des Rechteinhabers beteiligt sind. Aber Abiteboul ist der Erste, der sich vorstellen kann, auch mit weniger Grands Prix mehr Geld zu verdienen als bisher.
Seiner Meinung nach würden "15 bis 18" Rennen den Wert der Formel 1 steigern, denn: "Dann müsste man zu den Veranstaltern gehen und ihnen sagen: 'Schaut her, wir müssen von 21 auf 15 Rennen kommen, sechs springen über die Klinge. Jetzt bewerbt euch drum!' Das würde das Muster des Marktes komplett umdrehen. Und es wäre interessant, die Reaktionen zu beobachten."
Gefahr für Hockenheim und Silverstone?
"Mir ist klar, dass das ein Risiko wäre und dass es nicht zum aktuellen Set-up der Formel 1 passt, die jedes Jahr mehr Geld verdienen muss, mit noch mehr Leuten, mehr Strecken, mehr Preisgeld, mehr von allem. Aber irgendwann wird es eine Krise geben, und dann sollten wir versuchen, ein neues Gleichgewicht zu schaffen", argumentiert Abiteboul.
So attraktiv und logisch sein Vorschlag auf den ersten Blick erscheinen mag, so birgt er doch auch Gefahren. Denn wenn die Formel 1 nur noch 15 Rennen hat, mit denen sie Geld verdienen kann, müssen diese Rennen möglichst hohe Summen zahlen. Dabei können sich klassische Strecken wie Silverstone oder Hockenheim schon die heute ausgerufenen Gebühren nicht mehr leisten.
Vielmehr würden reiche Staaten im Nahen Osten und Asien ihre Chance wittern, die Hockenheims dieser Welt aus dem Rennkalender zu verdrängen. Und fraglich ist auch, ob sich die Formel 1 dann Monaco noch leisten könnte. Das kleine Fürstentum ist momentan der einzige Austragungsort, der überhaupt keine Gebühr dafür zahlen muss, einen Grand Prix zu hosten.