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Berger warnt Ferrari: Ausstiegsdrohungen kontraproduktiv
Für den Erfolg der Rennserie abträglich, aus sportlicher Sicht ein Eigentor: Der Zank um ein neues Formel-1-Motorenreglment ist für Gerhard Berger unverständlich
(Motorsport-Total.com) - Ex-Formel-1-Fahrer und DTM-Boss Gerhard Berger hat die scharfen Töne des Ferrari-Präsidenten Sergio Marchionne in der Debatte um ein neues Antriebsreglement ab 2021 kritisiert. Gegenüber 'auto motor und sport' beschreibt er den Druck, mit dem die Scuderia Liberty Media und die FIA zum Einlenken bewegen will, als kontraproduktiv. "Ausstiegsdrohungen bringen den Sport nicht weiter", sagt er und sieht Ferrari nicht nur beim Tonfall, sondern auch inhaltlich auf dem Holzweg.
Berger ist sicher, dass die Roten von der angedachten Novelle mit weniger technischer Komplexität profitieren würden, weil der Vorsprung, den Mercedes sich unter den aktuellen Bestimmungen erarbeitet hat, zu groß wäre. Und: Die Silberpfeile hätten "einiges in der Schublade", um ihn auszubauen. Ebenfalls die Gelackmeierten seien Honda und Renault. Dass insbesondere die Franzosen gegen die Ideen des Formel-1-Sportchefs Ross Brawn Stimmung machen, wirft deshalb Fragen auf.
Für Berger ist die Politik unverständlich: "Für den Sieger rechnen sich die Kosten", erklärt er, wieso zumindest Mercedes Interesse an Kontinuität bei den Antrieben hat. "Alle anderen zahlen drauf. Besonders große Konzerne wie Renault und Honda stehen nicht gut da." Dass sich der Rückstand sich zeitnah aufholen ließe, sei utopisch. Und doch drängt niemand auf Einschnitte bei dem Reglement.
Fotostrecke: Die zehn denkwürdigsten F1-Regeländerungen
#10: Fahren dürfen nur die Hinterbänkler - Sie ist der große Trumpf der Williams-Mannschaft. Doch nicht nur deshalb will die FIA der aktiven Radaufhängung beim Kanada-Grand-Prix 1993 einen Riegel vorschieben. Die fortschrittliche, aber unglaublich kostenintensive Technik wird von den Kommissaren bei der technische Abnahme als Fahrhilfe eingestuft und bei allen Teams für nicht-regelkonform befunden worden. Gleiches gilt für die Autos, die auf eine Traktionskontrolle setzten. Hintergrund: Die Systeme beeinflussen hydraulisch die Aerodynamik respektive entziehen dem Piloten teilweise die Kontrolle über den Vortrieb. Es entsteht die Drohkulisse, dass die Scuderia-Italia-Hinterbänkler Michele Alboreto und Luca Badoer die einzigen Starter in Montreal sind. Das Verbot wird bis Anfang 1994 aufgeschoben, dann aber durchgesetzt. Fotostrecke
Sollte Marchionne seinen Worten Taten folgen lassen und den Stecker ziehen, wäre eine Piratenserie denkbar. Berger scheint das nicht auszuschließen und warnt: "Bei zwei Meisterschaften hat es noch nie einen Sieger gegeben, immer nur zwei Verlierer." Bestes Beispiel war in den Neunzigerjahren die US-amerikanische IndyCar-Serie, die sich mit einer Teilung in zwei Rennklassen beinahe komplett abgeschafft hätte - und sich bis heute nicht gänzlich von einer Akzeptanzkrise erholt hat.
In einer gespaltenen Formel 1 gibt es Nährboden für ähnliche Grundsatzfragen. Berger sagt: "Im Augenblick ist der Laden ziemlich zerpflückt." Er wünscht sich Verantwortliche, die die Technik und den eigenen Erfolg dem Wohle der Rennserie unterordnen - sodass es wieder fünf oder mehr Teams gibt, die Grands Prix gewinnen können, idealerweise in einem spektakulären, lauten und furchteinflößenden Auto. "Das wäre für mich eine authentische Show. Nicht das, was die Formel 1 da in der Startaufstellung von Austin geboten hat", so Berger mit Blick auf den viel gescholtenen Auftritt des Boxsport-Ansagers Michael Buffer im Vorfeld des US-Grand-Prix.