Newey: Aufgabe des Tokensystems führt zu Kostenexplosion
Die mögliche Abkehr vom Tokensystem bei den Motoren macht Adrien Newey Sorgen - Neben einer Kostenexplosion kritisiert er die Hersteller für ihren Egoismus
(Motorsport-Total.com) - Die Pläne der Formel-1-Hersteller, das Tokensystem in der Formel 1 zugunsten einer Black- und Whitelist abzuschaffen, stößt bei Stardesigner Adrien Newey auf wenig Gegenliebe: Der Aerodynamik-Guru stört sich am immer größeren Einfluss der Antriebseinheiten. Er befürchtet eine Kostenexplosion in der Formel 1, sollte den Herstellern bei der Motorenentwicklung wieder mehr Freiheit eingeräumt werden. An den Herstellern lässt er kein gutes Haar und vermisst Sportgeist.
"Zu mehr Ausgaben, ganz einfach", antwortet der 57-Jährige der Nachrichtenagentur 'Reuters' auf die Frage, wozu eine Abkehr vom Tokensystem führen würde. "Es würde in einer Geldvernichtung enden. Die Summen, die bei großen Herstellern investiert werden, treiben einem die Tränen in die Augen." Die Idee hinter der Abschaffung des Tokensystems ist, dass Renault und Honda ihren Abstand auf Ferrari und Mercedes besser aufholen können.
Newey fürchtet aber, dass genau das Gegenteil passieren werde: "Für Hersteller wie Renault, die nicht bereit, riesige Summen auszugeben, würde das bedeuten, dass der Abstand größer und nicht kleiner wird. Diese Motoren stecken noch immer in den Kinderschuhen", begründet er. "Wir haben bereits gesehen, welche Schritte gemacht werden können. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Entwicklungskurve plötzlich ein Plateau wird."
Tricksen die Hersteller bei der Software?
Stattdessen wurden immer wieder Änderungen am Reglement vorgenommen: 2015 durften die Motoren erstmals auch während der Saison weiterentwickelt werden, weil das Regelwerk nicht eindeutig formuliert war und Interpretationsspielraum ließ. Dann wurde für die kommenden Jahre eine freiere Entwicklung erlaubt, indem den Herstellern mehr Token zur Modifikation der Motoren eingeräumt wurden. Und nun steht das Tokensystem als solches zur Debatte, obschon keine freie Entwicklung vorgesehen ist, wie mehrere Quellen gegenüber 'Motorsport-Total.com' bestätigten.
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Zum anderen stört sich Adrien Newey am fehlendem Racing Spirit der Hersteller. "Wir haben zwar in den Regeln festgeschrieben, dass die Hersteller ihren Kundenteams dieselbe Hardware liefern müssen", holt er aus, "aber es gibt keine Vorschrift, dass sie den Teams dieselbe Software, und damit erst dieselbe Performance, zur Verfügung stellen müssen. Darüber beschwert sich kein Kundenteam, weil die Verträge es ihnen verbieten." Renault nimmt er dabei ausdrücklich aus der Schusslinie - die Franzosen hätten sich stets fair verhalten, auch als sie selbst als Werksteam angetreten waren.
Newey erinnert an die 1960er-Jahre, als Lotus mit dem Cosworth DFV zur dominierenden Macht aufgestiegen war. Das Team gab seinen Exklusivvertrag auf, um mehr Wettbewerb zu schaffen. "Leider scheint diese Haltung nicht mehr vorzuherrschen", bemerkt er. "Man kann keine Fotos vom Inneren der Motoren machen. Wenn man einen Vorteil hat, kann man ihn für einige Zeit einfrieren." Know-how könne nur durch Personalwechsel transferiert werden, was es auch Ferrari ermöglicht habe, zu Mercedes aufzuschließen. "Das ist für die Formel 1 eine sehr unangenehme Situation", schließt er mit mahnenden Worten ab.