Details zum Alternativmotor: Ein Hersteller, kein Fixpreis
Ecclestone überlegt, Nachtanken zu erlauben, um den Motor eines unabhängigen Herstellers konkurrenzfähig zu machen - Mercedes unterstützt das Konzept
(Motorsport-Total.com) - Eine große Ankündigung, viele Fragezeichen: Dass die Formel 1 ab 2017 mit einem alternativen Antriebskonzept an den Start gehen soll, scheint für Bernie Ecclestone und die FIA beschlossene Sache zu sein. Offenbar läuft alles auf einen 2,2-Liter-Biturbo, eventuell mit Einheits-KERS, aber ohne Hybridkomponente, hinaus. Doch lässt es sich mit einem aus anderen Rennserien bekannten Balance-of-Performance-Modell (BoP) bewerkstelligen, ihn auch konkurrenzfähig zu machen?
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Bernie Ecclestone sieht auch Mercedes als Kandidaten für den Alternativmotor Zoom Download
Der Formel-1-Boss ist überzeugt, dass ein unabhängiger Hersteller Mercedes, Ferrari, Renault und Honda bald Paroli bietet. "Das können wir schaffen", erklärt er am Rande des US-Grand-Prix in Austin. "Aber dafür müssen wir vielleicht Nachtanken wieder erlauben - für die, die es wollen. Wenn jemand einen super effizienten Motor hat, dann muss er es nicht." Weil davon auszugehen ist, dass die Hybride sparsamer sind, wäre ein Szenario denkbar, bei dem die konventionell betriebenen Fahrzeuge die schnelleren Rundenzeiten fahren, aber irgendwann für Sprit an die Box müssen.
"Es ist möglich", befindet auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff. Ecclestone will den Standardmotor, der für jedes (neue) Team käuflich zu erwerben sein soll, nicht preislich fixieren. Klar ist aber: Er wird für Kunden günstiger als die aktuellen V6-Turbos mit Elektropower. Es soll einen Hersteller und keine Konkurrenz geben: "Momentan sieht es so aus, als würde ein Unternehmen ausgewählt", betont Ecclestone und nennt aus "einer Reihe" von Bewerbern nur Cosworth namentlich.
Ferrari und Co. haben keine Sperrminorität
Möglich ist laut dem Zampano auch, dass einer der vier aktiven Autokonzerne sich bewirbt. "Ja", sagt Ecclestone und schielt auf Mercedes. "Wenn Toto oder Paddy (Technikchef Lowe; Anm. d. Red.) sagen, sie seien sind mit diesem Motor besser dran, dann ist das gut. Aber sie müssen nicht." Und werden es wohl auch nicht. Wolff winkt schon ab, drückt aber trotzdem seine Unterstützung aus: "Es ist nicht das, wofür wir uns entscheiden würden, aber es gibt eben verschiedene Ziele."
Fotostrecke: Die zehn denkwürdigsten F1-Regeländerungen
#10: Fahren dürfen nur die Hinterbänkler - Sie ist der große Trumpf der Williams-Mannschaft. Doch nicht nur deshalb will die FIA der aktiven Radaufhängung beim Kanada-Grand-Prix 1993 einen Riegel vorschieben. Die fortschrittliche, aber unglaublich kostenintensive Technik wird von den Kommissaren bei der technische Abnahme als Fahrhilfe eingestuft und bei allen Teams für nicht-regelkonform befunden worden. Gleiches gilt für die Autos, die auf eine Traktionskontrolle setzten. Hintergrund: Die Systeme beeinflussen hydraulisch die Aerodynamik respektive entziehen dem Piloten teilweise die Kontrolle über den Vortrieb. Es entsteht die Drohkulisse, dass die Scuderia-Italia-Hinterbänkler Michele Alboreto und Luca Badoer die einzigen Starter in Montreal sind. Das Verbot wird bis Anfang 1994 aufgeschoben, dann aber durchgesetzt. Fotostrecke
Mercedes will mit der Formel 1 Werbung für seine Serienwagen betreiben und zieht keinen Nutzen aus einer Serie, der wegen Langeweile und Einseitigkeit die Zuschauer weglaufen. Deshalb nickten die Silberpfeile schon die Motorenentwicklung unter der Saison ab und ließen es zu, dass den Kontrahenten mehr Freiheiten eingeräumt werden. "Unser gemeinsames ist es, dass wir aus der Formel 1 eine starke Plattform machen und dabei viel Wettbewerb zulassen", erklärt Wolff.
Aufsichtsratschef Niki Lauda fügt an, dass die von Herstellern und Kunden beklagten Kosten für die High-Tech-Hybride gesenkt werden könnten, wenn mehr Teams beliefert würden - aktuell begrenzt das Reglement die Zahl auf vier. "Umso mehr Motoren man produziert, umso mehr fällt der Preis", meint die Rennlegende und skizziert eine Perspektive für den unabhängigen Hersteller. Lauda schiebt der Konkurrenz, die nicht gegen mehr als acht Mercedes-Power-Boliden antreten will, den Schwarzen Peter zu: "Auch das haben wir angeboten, aber es ist nie durchgekommen."
Die Entscheidung für einen Alternativantrieb muss von der Formel-1-Kommission abgesegnet und im Dezember durch den Motorsport-Weltrat der FIA bestätigt werden. Weil Mercedes den Plan offenbar unterstützt, gilt: Selbst wenn die übrigen Motorenhersteller die Novelle blockieren wollen, können sie das nicht ohne die Hilfe weiterer Mitglieder in der Kommission: Denn geht es um das Reglement für die Saison 2017, reicht eine einfache Mehrheitsentscheidung aus.