Prozess gegen Ecclestone: Untreue auf Bernies Art

Interessante Details aus der Anklageschrift der Münchener Staatsanwaltschaft: Bestechungsgeld wurde indirekt von der Bayern LB besorgt

von Roman Wittemeier · 16.01.2014 13:06

(Motorsport-Total.com) - Nach einem Dementi am frühen Vormittag hat die Justiz in München nun doch die Prozesseröffnung gegen Bernie Ecclestone bestätigt. Im Zuge des Strafverfahrens gegen den Formel-1-Boss wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue wird Ende April dieses Jahres (genauer Termin steht nicht fest) die Hauptverhandlung beginnen, heißt es aus München. Der Sachverhalt, der Bernie Ecclestone von der Stattsanwaltschaft vorgeworfen wird, birgt interessante Details.

Ecclestone wird ab April wohl mehrfach aus dem deutschen Handynetz telefonieren

"Der Angeklagte soll als CEO der operativen Formel-1-Gesellschaften mit dem Vorstandsmitglied der Bayern LB, Dr. Gerhard Gr., der mit der Verwertung des Anteilbesitzes der Bayern LB an Rechten der Formel 1 betraut war, im April/Mai 2005 vereinbart zu haben, dass die genannten Anteile an einen vom Angeklagten bestimmten Investor verkauft werden sollten, ohne dass alternative Verwertungsmöglichkeiten geprüft würden", heißt es in der Anklage.

"Im Gegenzug soll der Angeklagte Herrn Dr. Gerhard Gr. finanzielle Vorteile in Form einer Vergütung für Beratungsleistungen in Aussicht gestellt haben. Vereinbarungsgemäß steuerte Herr Dr. Gerhard Gr. die Verkaufsaktivitäten der Bayern LB in der Folgezeit gezielt in Richtung auf den vom Angeklagten bevorzugten britischen Finanzinvestors CVC. Im Vertrauen auf die positiven Vorlagen und Stellungnahmen des Vorstandsmitglieds Dr. Gerhard Gr., der die Verkaufsverhandlungen tatsächlich exklusiv mit CVC geführt hatte, verkaufte die Bayern LB ihre Anteile an Rechten der Formel 1 am 08.11.2005/09.01.2006 zu einem Preis von knapp 830 Millionen USD an CVC. Der Vertrag wurde am 24.03.2006 vollzogen", heißt es weiter.

Im zweiten Teil der Anklageschrift wird es noch interessanter, denn daraus geht hervor, dass sich Ecclestone das später an Gribkowsky gezahlte Geld fast in vollem Umfang indirekt von der Bayern LB besorgen ließ. "Im Vorfeld dieses Vertragsabschlusses hatte Dr. Gerhard Gr. Abrede gemäß noch eine Provisionsvereinbarung zugunsten des Angeklagten in Höhe von mehr als 41 Millionen USD bei der Bayern LB mit der Begründung durchgesetzt, dass der Angeklagte die Bewertung der Formel-1-Anteile und damit die Höhe des Kaufpreises in der Hand habe. Die Provision wurde am 29.03.2006 an den Angeklagten bezahlt."

Bernie Ecclestone in Sotschi

"Tatsächlich sollte die Provision zum Nachteil der Bayern LB dazu dienen, die vom Angeklagten zugesagten Zahlungen an Herrn Dr. Gerhard Gr. zu kompensieren", lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. "Am 10.05.2006 vereinbarte der Angeklagte mit Herrn Dr. Gerhard Gr. Zahlungen in Höhe von 45 Millionen USD an diesen, wobei die Zahlungen in die Form von Beraterverträgen gekleidet und ihre Herkunft sowohl als auch ihr Adressat durch gesellschaftsrechtliche Konstruktionen verschleiert werden sollten. Die Zahlungen wurden vereinbarungsgemäß zwischen Juli 2006 und Dezember 2007 geleistet."

Ecclestone hat unterdessen angekündigt, dass er selbstverständlich zu der Hauptverhandlung in München erscheinen werde, sollte seine Anwesenheit erwünscht sein. "München ist eine schöne Stadt", so der Brite mit seinem typischen Humor. Die Deutschen Anwälte des Formel-1-Chefs bleiben ebenfalls gelassen. "Dass es vor Gericht geht, ist normal. Aber das hat noch nichts Schlimmes zu bedeuten", heißt es in einem Statement. "Die vorgeworfene Bestechung hat nie stattgefunden", so die Juristen weiter. Die gesamte Anklage basiere einzig auf einer falschen Darstellung der Abläufe und Zusammenhänge durch Gerhard Gribkowsky.