• 02. Oktober 2017 · 06:09 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Wie Maurizio Arrivabene hinter vorgehaltener Hand verspottet wird und warum seine Entlassung als Ferrari-Teamchef nach Malaysia immer näher rückt

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,

Foto zur News: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Maurizio Arrivabene und Sergio Marchionne hatten schon bessere Zeiten Zoom Download

nach dieser Galavorstellung beim Grand Prix von Malaysia wäre es ein Unding, Sebastian Vettel schon wieder (zum vierten Mal in dieser Saison) schlecht schlafen zu lassen. Auch wenn ihm die Formel-1-WM 2017 langsam durch die Hände gleitet. Und trotzdem ist es naheliegend, den Verlierer des Wochenendes im Ferrari-Umfeld zu suchen.

Noch am Sonntagabend flatterte mir der Inhalt der heutigen Kolumne quasi von selbst zu. "Maurizio Arrivabene ist erledigt", wurde mir da gesagt. Soll heißen: Die Tage des Italieners als Ferrari-Teamchef sind gezählt. Vielleicht noch nicht heute, vielleicht noch nicht vor Suzuka. Aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Arrivabenes Ablaufdatum überschritten ist.

Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich anmuten, dass der 60-Jährige gefeuert werden soll. Aber Ferrari-Oberboss Sergio Marchionne ist keiner, mit dem gut Kirschen essen ist, und nach den jüngsten Pleiten in Monza, Singapur und Sepang scheint sein Geduldsfaden zu reißen.

Bereits nach dem Heimspiel in Monza hatte Marchionne getobt, dass Ferrari es "versaut" habe ("screwed up"). Das sind klare Worte von einem Mann in seiner Position, und Männer in Marchionnes Position haben es so an sich, dass sie sich klare Worte gut überlegen und meist auch etwas damit bezwecken wollen.


Fotostrecke: Ferrari-Rennleiter seit 1950

Im Nachhinein betrachtet war Monza wohl ein Warnschuss an Arrivabene und sein Team. Im Machtmänner-Englisch: "Get your act together! Now."

Dann kam in Singapur jener verheerende Crash, der Ferrari einen möglichen Doppelsieg gekostet hat. Nicht Arrivabenes Fehler, könnte man sagen, sondern wenn überhaupt, dann am ehesten noch Vettels.

Aber Insider zwitschern, dass es Ferrari verabsäumt, mögliche Startkonstellationen vor den Rennen zu besprechen. Das wäre wohl am ehesten eine Aufgabe für Jock Clear. Aber wenn die Herren Clear und Vettel Fehler machen, ist in letzter Instanz Arrivabene dafür verantwortlich. So wie auch bei mir als Chefredakteur das Telefon klingelt, wenn einer meiner Redakteure Mist baut.

Und jetzt also Sepang. Wieder ein möglicher Doppelsieg verschenkt. Marchionne muss getobt haben, als Vettels brandneuer Motor in Q1 den Geist aufgab. Dass die gebrauchte Antriebseinheit (die hoffentlich gerettet werden kann) nach FT3 ausgebaut werden musste, ist eine Sache. Kann passieren. Aber dass Ferraris WM-Anwärter Nummer 1 wegen eines schadhaften Krümmers am Verbrennungsmotor Letzter wird, das tut richtig weh.

Dass dann tags darauf auch noch Kimi Räikkönen (mutmaßlich aus demselben Grund) die Riesenchance auf seinen ersten Saisonsieg verliert, könnte das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Ich stelle mir gerade vor, wie das abgelaufen sein muss; Marchionne vor dem Fernseher, vielleicht mit ein paar Vertrauten um sich herum, in einem viel zu großen Ledersessel. "Damn, Maurizio", könnte er geflucht haben. Oder so ähnlich.

Arrivabene, das wissen wir, kam im November 2014 anstelle des ungeliebten Marco Mattiacci zu Ferrari. Von Philip Morris. Als Marlboro-Vizepräsident war er Hauptverantwortlicher für das Ferrari-Sponsoring (das übrigens trotz Tabakwerbeverbot gerade verlängert wurde), und so landete er irgendwie in Maranello.

Seine alten Connections zu Philip Morris hätten Arrivabenes Lebensversicherung sein können. Man schmeißt nicht gern jemanden raus, von dessen Topf man jahrelang gefressen hat (und der wieder in einflussreicher Position zu Philip Morris zurückkehren könnte). Doch die Sache hat einen Haken: Eines der Vorstandsmitglieder von Philip Morris heißt - genau - Sergio Marchionne.

Ferrari, das war schon immer ein Haufen von Intrigen, Eifersüchteleien und Machtspielchen. Lange Jahre hatten in Maranello nicht die fähigsten Köpfe das Sagen, sondern die, die die politische Klaviatur am besten spielen konnten. Besonders schlimm war das zur Zeit, als der alte Enzo Ferrari noch lebte. Da waren die am mächtigsten, die am besten mit dem "Commendatore" konnten.

Einen Hauch davon gibt es wieder in der Gestione Sportiva. Weil gespurt wird wie früher, wenn der Alte etwas sagt. Nur ist "der Alte" heute Sergio Marchionne und nicht mehr Enzo Ferrari. Zwei Männer, die sich in vielerlei Hinsicht ähnlich sind. In einem Punkt ganz besonders, nämlich was ihre machtvolle und respekteinflößende Aura angeht. Man ist nicht gut Kumpel mit einem Enzo Ferrari oder einem Sergio Marchionne.

Maurizio Arrivabene ist ein gutmütiger Kerl. Einer, der mit frischem Wind zu Ferrari kam. Viel von seinem anfänglichen Enthusiasmus konnte er nicht über die Jahre retten - ein "Obama-Effekt" auf viel kleinerem, unbedeutenderen Niveau.

Arriva-"bene" (zu Deutsch: bene = "gut"): Der Name war eine Zeit lang Programm. Das ist inzwischen anders. In Maranello verspotten sie ihn jetzt als Arriva-"male".

Das muss man nicht übersetzen ...

Ihr
Christian Nimmervoll

PS: Folgen Sie mir oder meinen Kollegen auf Twitter unter @MST_ChristianN!

Anzeige Unser Formel-1-Shop bietet Original-Merchandise von Formel-1-Teams und Formel-1-Fahrern - Kappen, Shirts, Modellautos, Helme und vieles mehr
Fotos & Fotostrecken
Foto zur News: Fahrer mit mehr als fünf Saisonsiegen ohne WM-Titel
Fahrer mit mehr als fünf Saisonsiegen ohne WM-Titel
Foto zur News: Karrierekiller Max Verstappen? Seine Teamkollegen in der Formel 1
Karrierekiller Max Verstappen? Seine Teamkollegen in der Formel 1

Foto zur News: Die letzten 20 Siegerteams der Formel 1
Die letzten 20 Siegerteams der Formel 1

Foto zur News: Die letzten 20 Siegfahrer der Formel 1
Die letzten 20 Siegfahrer der Formel 1

Foto zur News: Mexiko: Die Fahrernoten von Marc Surer und der Redaktion
Mexiko: Die Fahrernoten von Marc Surer und der Redaktion
Anzeige Von 0 auf Genuss in 8 Minuten
Folge Formel1.de
AnzeigeFormel-1 Tickets Niederlande Grand Prix 2026 kaufen
Videos
Foto zur News: Datenanalyse: Warum Oscar Piastris Formtief keine Überraschung ist
Datenanalyse: Warum Oscar Piastris Formtief keine Überraschung ist
Foto zur News: Trotz Austin-Schlappe: Warum McLaren das schnellste Auto bleibt
Trotz Austin-Schlappe: Warum McLaren das schnellste Auto bleibt

Foto zur News: "Hat Spaß gemacht!" - Mick Schumacher über seinen IndyCar-Test
"Hat Spaß gemacht!" - Mick Schumacher über seinen IndyCar-Test

Foto zur News: Mick Schumacher: Interview nach IndyCar-Test
Mick Schumacher: Interview nach IndyCar-Test
Top-Motorsport-News
Foto zur News: "Geht mit dem Auto nicht": Ist Glocks bisheriger Nachteil jetzt widerlegt?
DTM - "Geht mit dem Auto nicht": Ist Glocks bisheriger Nachteil jetzt widerlegt?

Foto zur News: Doch kein Karriereende: Logan Sargeant vor IMSA-Debüt
WEC - Doch kein Karriereende: Logan Sargeant vor IMSA-Debüt

Foto zur News: WRC Finnland 2025: Reifenschäden bei Hyundai, Toyota mit Fünffachführung
WRC - WRC Finnland 2025: Reifenschäden bei Hyundai, Toyota mit Fünffachführung

Foto zur News: Bagnaia: "Meine Geduld mit Ducati geht zu Ende" - Gigi Dall'Igna antwortet
MotoGP - Bagnaia: "Meine Geduld mit Ducati geht zu Ende" - Gigi Dall'Igna antwortet
 
formel-1-countdown
Formel1.de auf YouTube