WM-Showdown in Kurve 1: "Sollte man auf keinen Fall verpassen!"

(Motorsport-Total.com) - Können Formel-1-Fans den Fernseher heute nach der ersten Runde ausschalten? Zumindest macht Nico Hülkenberg nicht viel Hoffnung: "Ich glaube, nach der ersten Runde ist da nicht allzu viel Spannung zu erwarten", sagt er bei Sky. "Also besorgt euch irgendwie Popcorn oder irgendwas zum Entertainment nebenbei."

ABER: Zum Start sollte jeder Formel-1-Fan definitiv vor dem Fernseher sitzen (oder hier im Liveticker lesen), denn die Ausgangslage könnte spannender kaum sein. Die drei WM-Rivalen Oscar Piastri, Lando Norris und Max Verstappen stehen in Katar direkt hintereinander auf den Positionen eins, zwei und drei - und alle wissen, dass es vermutlich nur auf den Start ankommen wird.

"Überholen ist nahezu unmöglich. Du musst es in der ersten Kurve oder in den ersten zwei Runden schaffen", prognostiziert Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko. Das heißt, alle Augen werden am Sonntag um kurz nach 17 Uhr deutscher Zeit auf die erste Kurve gerichtet sein, wo sich womöglich schon die WM entscheiden könnte.

Einzige Chance für Verstappen?

Denn Max Verstappen, davon geht man bei McLaren aus, wird definitiv alles dransetzen, von Startplatz drei die Führung gegen die WM-Rivalen zu erobern. Eine Niederlage kann sich der Niederländer am Sonntag auf jeden Fall nicht erlauben - sonst wäre er angesichts von 25 Punkten Rückstand rein rechnerisch aus der WM-Verlosung raus.

"Wir werden alles versuchen", kündigt Verstappen an, und auch Marko deutet an, dass Verstappen "sicher" alles am Start riskieren wird. "Und wenn man weiß, dass da Max neben einem ist, dann werden die meisten Fahrer nervös", grinst er im Gespräch mit Sky.

Bei McLaren ist man auf jeden Fall gewarnt: Verstappen startet im Gegensatz zu Norris auf der sauberen Seite und hat schon mehrfach bewiesen, dass er in Kurve 1 knallhart sein kann.

Sein Vorteil: Er weiß, dass es sich die beiden McLaren vorne nicht leisten können, dagegenzuhalten und eine Kollision mit ihm zu riskieren. Denn wenn Piastri mit Verstappen kollidiert, wird Norris mit einem Sieg sicher Weltmeister, kollidiert aber Norris mit dem Red Bull, dann würde Piastri bei einem Sieg als WM-Führender in das letzte Rennen gehen und sein Vorsprung wäre weg.

Norris: Weiß nicht, wie es laufen wird

Doch wie die entscheidenden Sekunden am Sonntag laufen werden, das kann natürlich noch keiner vorhersagen. "Ich muss abwarten und sehen, wie mein Start wird. Ich kann nicht einfach sagen: Ja, das wird passieren, das wird passieren", meint Norris. "Hoffentlich reinigen sie die rechte Seite ein bisschen besser und machen die linke etwas schmutziger, damit es für uns ein bisschen fairer wird!"

"Ansonsten muss ich einfach maximieren, was ich tun kann. Es ist eine lange Anfahrt, es gibt immer eine Chance, aber ich glaube nicht, dass es ein Rennen voller Gelegenheiten sein wird", so der Brite. "Ich denke nicht, dass es morgen so ein Rennen wird. Aber hoffentlich liege ich falsch, hoffentlich werde ich eines Besseren belehrt und es wird ein chaotisches Rennen."

"Ich glaube aber, wegen der Boxenstopps und den 25 Runden (maximal erlaubte Stintlänge; Anm. d. Red.) fährst du jedes Mal Vollgas, und danach passiert eigentlich nicht mehr viel. Meine Chance liegt also in Runde eins, Kurve eins - und dann schaue ich, was ich machen kann."

Ähnlich äußert sich auch Piastri: "Ich denke, der Start ist wahrscheinlich das Wichtigste, das ich morgen richtig hinbekommen muss", sagt er. "Wir haben heute gesehen, dass freie Fahrt hier einen riesigen Vorteil bringt. Und mit den Stintlängen wird das ein ziemlich temporeiches Rennen. Das ist also vermutlich das Wichtigste, das passen muss. Aber ja, es kann immer noch eine Menge passieren."

Hängt sich Russell in Kurve 1 mit rein?

Doch es gibt ja nicht nur die drei Fahrer vorne, die eine Rolle spielen. Auch andere Fahrer können sich am Start durchaus einschalten - etwa Mercedes-Pilot George Russell, der neben Verstappen in der zweiten Startreihe steht.

"Um ehrlich zu sein: Mir sind die drei da vorne egal", sagt er gegenüber Sky. "Ich fahre für mich selbst, und wenn es eine Gelegenheit gibt, dann ergreife ich sie."

Er dürfte natürlich darauf hoffen, dass vor ihm zwischen den drei WM-Aspiranten etwas schiefgeht, doch daran glauben kann er nicht: "Ich denke, es sind drei großartige Fahrer, und ich glaube, alle drei gehen auch ins Rennen mit der Einstellung: Es ist einfach ein weiteres Rennen", so Russell.

"Ehrlich gesagt denke ich, dass Lando entspannter ist als je zuvor, und er war in den letzten fünf oder sechs Rennen wirklich fantastisch. Oscar ist in den schlimmsten Momenten ziemlich gelassen, und Max ist eben Max. Das meine ich positiv: Er wird nicht gestresst sein, schließlich hat er schon vier Meisterschaften."

"Ich glaube also nicht, dass diese Jungs zu viel nachdenken werden. Vielleicht liege ich falsch - ich hoffe, ich liege falsch - und ich hoffe, dass ihnen gleich am Anfang alles schiefgeht."

Brown: Hauptsache Doppelsieg

Der Super-GAU wäre aus Sicht von McLaren natürlich, wenn sich ausgerechnet Norris und Piastri gegenseitig ins Gehege kommen und Verstappen punktgleich in das WM-Finale in Abu Dhabi gehen würde.

Daher ist Zak Brown nur eines wichtig: "Unser Ziel ist, sicherzustellen, dass Papaya diese Meisterschaft gewinnt. Wenn wir hier ins Ziel kommen, wo wir gestartet sind, und es in Abu Dhabi ein Zweikampf wird, dann ist das unser Ziel", sagt er. "Und wenn sie die Positionen tauschen wollen, ist das ihre Sache - das ist mir egal."

"Es läuft wie gewohnt: Sie kennen die Regeln, wir lieben es, ihnen beim Rennen zuzusehen. Sie kämpfen hart gegeneinander, aber fair. Sie wissen, dass wir in Abu Dhabi gut dastehen, wenn sie das zulassen."

Dafür muss man aber auch erst einmal den Angriff von Max Verstappen abwehren, der in Kurve 1 seine letzte Chance suchen dürfte. "Er wird auf jeden Fall versuchen, in Kurve 1 die Führung zu übernehmen", weiß Brown. "Den Start sollte man daher auf keinen Fall verpassen!"