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Leclerc-Frust nach Crash mit Antonelli: Das war kein Rookiefehler!
Andrea Kimi Antonelli kriegt nach seiner Kollision mit Charles Leclerc in Zandvoort sein Fett weg, während der Ferrari-Pilot einen Strategievorwurf zurücknimmt
(Motorsport-Total.com) - Charles Leclerc erlebt beim Großen Preis der Niederlande einen bitteren Nachmittag. Nach einem starken ersten Stint, solider Pace und der Aussicht auf wichtige Punkte fand sich der Ferrari-Pilot nach einer Kollision mit Andrea Kimi Antonelli in der Zandvoort-Barriere wieder.

© Getty Images Europe
Charles Leclerc fliegt nach einem Kontakt mit Kimi Antonelli von der Strecke ab Zoom Download
"Ich denke, es war ein Fehler von Kimi", stellt Leclerc klar. "Auf einer Strecke wie dieser muss man sehr aggressiv sein, um zu überholen. Aber in diesem Fall war es einfach zu viel. Er hat mein linkes Hinterrad berührt, und damit war mein Rennen vorbei. Das ist enttäuschend."
Die Szene ereignete sich in Kurve drei mit dem berüchtigten Steilkurven-Banking, wo verschiedene Linien möglich sind - aber Überholmanöver stets ein Risiko darstellen. Antonelli hatte eine Lücke innen gesehen, stach hinein, und berührte Leclercs Ferrari. Das Resultat: ein Ausfall für den Monegassen und eine 10-Sekunden-Strafe für den jungen Italiener.
"Kein Rookie-Fehler" - Leclercs differenzierte Sicht
Leclerc verzichtet darauf, Antonellis Aktion als klassisches Anfänger- oder Rookie-Manöver abzustempeln. "Ich würde es nicht als Rookie-Fehler bezeichnen. So etwas kann dir im ersten Jahr passieren oder im fünften. Es ist einfach ein Fehler, wie er jedem Fahrer passieren kann", betont er. Gleichzeitig bleibt seine Enttäuschung spürbar: "Die Strategie war heute nicht das große Thema. Wir haben alles verloren durch diese Kollision."
Kurz nach dem Zwischenfall hörte sich das aber noch anders an. Antonelli setzte Leclerc mit einem Undercut unter Druck, auf den Ferrari reagierte. Nach dem Kontakt mit dem Mercedes funkte Leclerc an die Ferrari-Box, um den zweiten Reifenwechsel zu Hinterfragen. Die älteren harten Reifen seien noch gut gewesen und der zweite Stopp möglicherweise unnötig.
Auf seine Stimmung während des Rennens angesprochen, erklärte Leclerc: "Die Reifen fühlten sich eigentlich nicht schlecht an. Aber Kimi hatte auf der Outlap sehr starken Grip, und das Team entschied, mich reinzuholen, um die Position zu schützen. Am Ende war das alles egal, weil das Rennen mit der Kollision vorbei war."
Antonelli: "Ich war zu optimistisch"
Auch Andrea Kimi Antonelli, der Mercedes-Junior, zeigt sich nach dem Rennen zerknirscht: "Es ist schade, denn die Pace war gut, wir waren auf dem Weg nach vorn. Ich wusste, das war wohl meine beste Chance, weil er auf kälteren Reifen war. Ich habe es probiert - aber es war zu viel", räumt der Italiener ein.
Er sei sich des Risikos bewusst gewesen: "Es ist so schwer zu überholen. Je länger du im Dirty Air fährst, desto mehr leidet dein Reifen und deine Pace. Ich wollte es durchziehen, aber ich war nicht nah genug dran. Hätte ich eine halbe Wagenlänge mehr gehabt, wäre es vielleicht gegangen."
Somit nimmt der Italiener die Verantwortung auf sich: "Ich fühle mich schlecht für Charles. Nächstes Mal werde ich wohl zweimal nachdenken, bevor ich so etwas probiere - außer ich bin zu 100 Prozent sicher, dass es klappt."
Vasseur verteidigt Strategie und reagiert auf Crash
Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur wurde nach dem Rennen nicht nur auf die Kollision, sondern auch auf die Boxenstopp-Entscheidung angesprochen. Leclerc selbst hatte im Funk noch gezweifelt, ob ein Reifenwechsel unter Safety-Car nötig sei. "Ja und nein", erklärt Vasseur.
"Es ist immer leicht, nach dem Rennen eine andere Sicht zu haben. Ehrlich gesagt war das unsere einzige Chance, Hadjar zu attackieren - entweder mit einem Undercut oder zumindest mit einer anderen Option. Ich denke, es war zu diesem Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Jetzt, nach dem Crash, wirkt es natürlich anders."
Zur reinen Pace meint er: "Wenn man hinterherfährt, überhitzt alles. Deshalb haben wir Charles gesagt, er soll etwas Abstand lassen. Ich hatte aber das Gefühl, dass wir mit Max mehr oder weniger mithalten konnten. Der bessere Vergleich war Mercedes - die konnten wir überholen."
Über den Antonelli-Vorfall äußert sich Vasseur gelassen: "Kimi kam nach dem Rennen zu mir, da Charles nicht mehr vor Ort war, und hat sich entschuldigt. Das rechne ich ihm hoch an. Er hat ein Risiko genommen, einen Fehler gemacht, und es eingeräumt. Für mich war es ein Rennunfall. Die Strafe ist Sache der Stewards."
Experten uneins: Fehler, Rennunfall oder übermotiviert?
Während Ferrari die Angelegenheit vergleichsweise entspannt sieht, waren die TV-Experten deutlich kritischer. Ralf Schumacher analysiert bei Sky: "Eigentlich war es übermotiviert von Kimi. Wenn er in den Spiegel schaut und einen halben Meter Platz lässt, fahren beide durch die Kurve. Aber so war es eben zu viel."
Mercedes-Teamchef Toto Wolff nimmt Antonelli etwas in Schutz: "Natürlich, ein halber Meter hätte gereicht. Aber man sieht diese Lücke oben im Banking, man sticht rein - und dann untersteuert das Auto. Er muss es probieren, das ist klar. Der Ausgang war unglücklich, aber es gehört zum Racing."
Deutlich härter urteilt Jacques Villeneuve: "Das war schwach. So ein Manöver sieht man in der Formel 4 oder 3, aber nicht in der Formel 1. Jeder macht Fehler, klar - aber das hier war nicht einmal ein klassischer Übermut. Es war schlicht schlecht kalkuliert. Er hätte das nicht machen dürfen."
Schadenbegrenzung unmöglich - Antonelli mit beschädigtem Auto
Antonelli fuhr das Rennen zwar zu Ende, allerdings mit erheblichem Schaden und gleich zwei Zeitsrafen. "Die ganze rechte Seite des Unterbodens war kaputt, auch der Flügel über dem Reifen. Das Auto vibrierte stark, das Lenkrad stand schief. Trotzdem habe ich versucht, durchzukommen", erklärt er. Ohne den Crash, so glaubt der Italiener, wäre ein Top-7-Ergebnis möglich gewesen. "Mit der Strafe, dem Schaden und der Safety-Car-Phase war das nicht mehr drin."
Für Vasseur bleibt der Blick nach vorn: "Wir hatten die Pace, das war wichtig. Charles war stark, und ohne den Unfall hätten wir ein sehr gutes Ergebnis holen können. Aber das gehört zum Racing."