• 27. Juli 2025 · 22:53 Uhr

Hätte Norris ohne Fahrfehler in Spa gewinnen können?

Wie viel kosteten seine Fehler wirklich? - Norris lag im Ziel nur 3,4 Sekunden hinter Piastri - doch die Liste der verpassten Chancen ist lang

(Motorsport-Total.com) - Lando Norris verlor beim Start zum Großen Preis von Belgien 2025 die Führung an Oscar Piastri, doch noch war das Rennen gegen seinen Teamkollegen nicht verloren. Am Ende sollte es aber nicht reichen. Mehrere Chancen boten sich während des Rennens, den Teamkollegen wieder einzufangen - doch Norris konnte sie nicht nutzen.

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Am Ende konnte Lando Norris Oscar Piastri nur gratulieren Zoom Download

Die erste Möglichkeit ergab sich am Ende der elften Runde. Lewis Hamilton, Nico Hülkenberg, Pierre Gasly und Fernando Alonso wechselten da bereits auf Slicks. Doch bei McLaren blieb zunächst alles beim Alten: Piastri hatte als Führender die Boxen-Priorität und kam eine Runde später, Norris musste bis Ende Runde 13 draußen bleiben.

Norris hätte mit einem Stopp parallel zu Hamilton und Co. wohl die Führung übernehmen können, blieb aber zurückhaltend: Als ihn sein Renningenieur William Joseph auf Slicks ansprach, antwortete er in Runde 11: "Es wird, aber es ist noch nicht soweit." Nur eine halbe Runde zuvor hätte er im Falle eines Safety-Cars sogar neue Intermediates genommen - während Piastri im selben Moment forderte, bei einem Safety-Car auf Slicks zu wechseln.

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So verstrich die elfte Runde, ohne dass ein McLaren reinkam. Rückblickend räumt Norris ein: "Wenn wir es nochmal machen könnten, würden wir uns wahrscheinlich ärgern, dass wir draußen geblieben sind. Es gab genug Anzeichen, dass wir früher hätten stoppen sollen."

"Aber niemand hat so früh gestoppt - außer Lewis, der eine Runde vor uns reinging. Für mich war es halt besonders bitter, weil Oscar genau die richtige Runde erwischt hat und ich eben eine zu spät kam. So ist das nun mal." Hier sei angemerkt, dass Norris nur über Hamilton informiert wurde, nicht die anderen drei Fahrzeuge.

Wäre ein Double-Stack vorteilhaft gewesen?

Als das Hamilton-Quartett die Reifen wechselte und McLaren erste Mikrosektoren auswertete, informierte das Team beide Fahrer über die Entwicklung. Norris bestätigte kurz vor Ende der Runde, dass er sofort Slicks wolle, doch in genau dem Moment bekam Piastri von seinem Ingenieur Tom Stallard eine nachdrückende Anweisung zum Boxenstopp.

Weil Piastri in Führung lag, erhielt er den Vorzug. Norris blieb draußen - und hatte nach dem eigenen Stopp neun Sekunden Rückstand. Ein verkantetes linkes Vorderrad beim Aufsetzen verzögerte den Boxenstopp zusätzlich.

Wäre es nicht besser gewesen, direkt hinter Piastri hereinzukommen und ein sogenanntes "Double-Stacking" in Kauf zu nehmen? Norris antwortet ausweichend: "Das muss ich das Team fragen."

Er bekam am Funk lediglich die Ansage "Box to overtake", doch als Piastri vor ihm an die Box kam, fuhr er weiter. Offenbar handelte es sich um einen sogenannten Opposite-Call - also die Anweisung, genau das Gegenteil des vorausfahrenden Autos zu tun.

"Klar verlierst du beim Doppelstopp auch Zeit. Aber im Nachhinein war der Slick-Reifen zu dem Zeitpunkt schon deutlich besser, und die Entscheidung zu stoppen kam relativ spät", so Norris.

Teamchef Andrea Stella klärt auf: "Ja, wir haben ein Double-Stacking in Betracht gezogen. Gleichzeitig war es Lando möglich, davon abzuweichen. Er entschied sich dafür, abzuweichen."

Harte Reifen als Joker

Um noch irgendetwas anders zu machen als Piastri, zog Norris harte Reifen auf - als Einziger im Feld zu diesem Zeitpunkt. Die Wahl traf er erst kurz vor dem Boxenstopp mit seinem Ingenieur, als er bereits auf Blanchimont zufuhr: "Will [Joseph] hat mich gefragt, ob ich die Harten will und ich habe ja gesagt. Das war's."

"Ich wusste ehrlich gesagt nicht mal, dass Oscar auf Medium fährt - das hatte keinen Einfluss auf meine Entscheidung. Ich dachte einfach, der harte Reifen wäre bis zum Schluss die bessere Wahl. Klar, er ist schwerer aufzuwärmen, aber bald hatte ich etwas mehr Grip."

Fast alle anderen Fahrer wählten hingegen den Medium, die C3-Mischung. Der harte Reifen war der C1, also zwei Stufen härter. Entsprechend vorsichtig bewertete Piastri die Option: "Es gab bei beiden Risiken. Wäre ich in Landos Position gewesen, hätte ich wahrscheinlich dasselbe gemacht wie er. In dem Moment schien der Medium einfach sicherer zu sein. Wenn bei dem Wetter ein Safety-Car rauskommt, willst du nicht auf dem C1 sein."

Laut Stella gab es von McLaren keine Vorgaben: "Der Medium war immer unsere erste Wahl. Aber dann dachte Lando [also die Norris-Seite der Garage], dass die Strecke so schnell abtrocknete, dass die Harten möglich wären."

Was die Fahrfehler gekostet haben

Norris hatte also bereits einen Zeitverlust durch die zusätzliche Runde auf Intermediates und den verkanteten linken Vorderreifen beim Boxenstopp. Schnell stellte sich heraus, dass die harten Reifen äußerst konkurrenzfähig waren. Aus den neun Sekunden wurden acht, dann 7,8, dann plötzlich wieder 9,1.

Norris hatte in Runde 26 die Kontrolle in der Double Gauche de Pouhon verloren und stand damit wieder am Anfang. Erneut holte er auf, nun in immer größeren Schritten, als er sich in Runde 34 in La Source verbremste und knapp eine Sekunde verlor. Derselbe Fehler unterlief ihm in der vorletzten Runde noch einmal, diesmal mit mehr als einer Sekunde Zeitverlust.

Angesichts dreier Fehler und einem Rückstand von nur 3,415 Sekunden im Ziel stellt sich die Frage, ob Norris nicht hätte gewinnen können. "In Kurve 1 habe ich mich ein paar Mal verbremst, in Pouhon bin ich weit raus über eine heftige Bodenwelle - da habe ich wieder ein paar Sekunden verloren", bestätigt Norris.


Fotos: F1: Grand Prix von Belgien (Spa) 2025


Er entkräftet aber sofort: "Aber auch Oscar hat sich den einen oder anderen Fehler geleistet. Die Bedingungen waren einfach extrem knifflig. Und wenn man wie ich versucht, die Lücke zuzufahren, muss man ans Limit gehen. Da kann man nicht einfach cruisen - und wenn du am Limit fährst, schleichen sich eben Fehler ein. Das ist Racing."

Trotz der verpassten Chance bleibt sein Fazit positiv: "Ich bin nicht unzufrieden. Klar werde ich mir anschauen, was ich vielleicht noch besser hätte machen können - aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass ich einen guten Job gemacht habe. Ich war schnell, ich war auf der Höhe. Es war nur diese erste Runde, die mir das Rennen gekostet hat."

Auch Stella sieht es ähnlich: "Lando hatte ein paar Mal blockierende Räder in Kurve 1 und auch etwas Übersteuern in Kurve 9 - das hat ihn Zeit gekostet. Ich denke, dass uns das am Ende daran gehindert hat, einen richtig spannenden Zweikampf zu sehen. Aber auch Oscar hat in Kurve 1 ein paar Mal etwas verloren."

Und Piastri fuhr in den Runden 42 und 43, also der drittletzten und vorletzten, seine persönlich schnellsten Runden in 1:45.933 und 1:45.706 Minuten. Norris war im mittleren bis hohen 45er-Bereich unterwegs, lediglich in besagter Runde 42 fuhr er in 1:45.257 Minuten eine herausragend schnelle Runde.

Alles spricht also dafür, dass Piastri am Ende genug Reserven hatte, um den Sieg zu sichern - selbst wenn Norris alles perfekt gemacht hätte. Doch wenn man sich vor Augen führt, wie viel Zeit Norris nicht nur durch die Fehler, sondern auch den späten und langsamen Boxenstopp liegen gelassen hat, wäre der Sieg für ihn durchaus drin gewesen - oder wenigstens ein packender Zweikampf.

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